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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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Geheimnisse vor mir gehabt«, erinnerte er sie. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wieso vertraust du mir nicht einfach? Ich weiß, was ich tue.«
    »Meine Geheimnisse haben aber nie jemanden in Gefahr gebracht.«
    Leon schwieg einen Moment. Dann setzte er seinen Weg mit ausholenden Schritten fort. Erst wollte sie zu ihm aufschließen, beschloss dann aber, dass sie gar keine Lust dazu hatte. Also hielt sie ein paar Schritte Abstand und folgte ihm wütend. Er machte sie alle zu Mördern – und es schien ihm gleichgültig zu sein. Sie wischte sich die Hände an den Hosen ab, versuchte, das Blut daran loszuwerden.
    Da wirbelte Leon herum. »Ich begreife einfach nicht, weshalb du mich jetzt zum Bösewicht stempelst. Mein Vater ist derjenige, der uns verdursten lassen will. Er will dir die Eierstöcke für irgendeinen verrückten Versuch stehlen. Er hätte mich am liebsten im Koma verrotten lassen. Alles, was ich getan habe, war, ein paar Sprengsätze zu legen. Und die müssen nicht mal alle explodieren.«
    »Aber sie könnten.«
    »Natürlich.« Er hob seinen gebrochenen Arm. »Das ist kein Spiel. Ein paar werden immer verletzt.«
    Gaia stemmte die Hand in die Hüften. »Ich möchte aber nicht, dass ausgerechnet du jemanden verletzt!«
    »Möchtest du es denn lieber selbst tun?« Er funkelte sie an. »So wie bei Sephie? Genau für so was brauchst du mich doch. Ach, tu nicht so, als ob du mir moralisch überlegen wärst.«
    Sie schnappte überrascht nach Luft, doch dann begriff sie, dass er recht hatte: Sie hatte Leon immer für die schwierigen, die schmutzigen Aufgaben gebraucht, so wie damals, als sie die Bücher aus dem Säuglingsheim gestohlen und er das Mädchen mit dem Messer in Schach gehalten hatte. Oder als er Maya für sie von Bachsdatters Insel zurückholte. Jetzt waren es eben Bomben. Bisher hatte er ihr nie das Gefühl gegeben, dass sie verantwortlich für diese Taten war – aber sie hatte immer von seiner Skrupellosigkeit profitiert.
    Sie war verantwortlich.
    Und jetzt war sie genau wie er. Sie schaute an sich herab, sah die Blutflecken an ihrem Ärmel. Leon blickte zum Horizont, dann fuhr er sich durchs Haar und schaute sie an.
    »Sag etwas«, bat er sie.
    »Es stimmt«, gab sie zu. »Ich war ungerecht zu dir.«
    »Ich möchte das alles ja auch nicht.«
    »Es ist aber, wie es ist.«
    Sie blickte nach Süden zum Trockensee, wo sich die ersten, zerbrechlichen Bauten New Sylums an die alten, verwitterten Häuser von Wharfton drängten. Was hatte der Protektor doch gleich gesagt? Als Anführerin war sie für die Taten ihrer Leute verantwortlich. Das schloss auch Leon mit ein. Und da sie wusste, dass der Protektor den Menschen vor der Mauer freiwillig nie helfen würde, galt das wohl auch für die Bomben.
    Sie spürte, wie sich etwas in ihr leise bewegte, ein letztes Klicken in einem Uhrwerk, das nie mehr zurückgedreht werden konnte.
    »In Ordnung«, sagte sie.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich bin einverstanden. Verhandeln allein ist nicht mehr genug – wir müssen ihn zwingen.«
    Er trat vor sie hin. »Und das meinst du auch so?« Sie hörte die Erleichterung und die Hoffnung in seiner Stimme.
    In gewisser Weise würde es fast einfacher sein, gegen den Protektor zu kämpfen, statt ihn überzeugen zu wollen. Vielleicht würden sie scheitern. Sie konnten alles verlieren – aber wenigstens wäre es dann ein für alle Mal entschieden.
    »Er wird niemals nachgeben. Wir brauchen eine neue Regierung in der Enklave.«
    Leon musterte sie. Ihre Finger fanden die Kette mit der Uhr und dem Monokel und schlossen sich darum.
    »Also ist es dir ernst«, sagte er.
    Sie spürte ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen ihrer alten Skrupel, dann nickte sie. »Solange diese neue Regierung nicht ich sein werde.«
    Kaum, dass Gaia und Leon in Sichtweite kamen, brach Jubel unter den Bewohnern New Sylums aus. Immer mehr Menschen scharten sich um sie, bis sie den Platz im Zentrum des jungen Dorfes erreichten. Peter drängte sich zwischen ein paar Bergleuten durch und fasste Gaia ohne Umschweife bei den Schultern.
    »Geht es dir gut?«, sagte er. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
    »Ja, alles in Ordnung.« Sie konnte die Kraft in seinen Fin gern spüren, seinen dringlichen, fürsorglichen Blick. »Es geht uns beiden gut.«
    Sie trat vorsichtig zurück und löste sich aus seiner Umarmung, und da öffnete er erschrocken die Hände, als hätte er eben erst bemerkt, was er getan hatte. Leon hatte alles mit angesehen, sagte

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