Der Weg der Helden
sich die Städte ohne Kampf ergeben sollen. Er glaubt, dass dieser Schachzug überflüssige Verluste und Beschädigungen von Eigentum verhindern wird. Ich stimme ihm darin nicht zu. Hätte er den Vagaren befohlen zu kämpfen, hätten sie wenigstens einige der Feinde getötet.«
» Und wären dabei vollkommen ausgelöscht worden«, meinte Talaban kühl. » Das hätte die Moral der Kämpfer in den Zwillingsstädten negativ beeinflusst.«
» Das sind die beiden letzten Städte, die wir jetzt noch beherrschen«, meinte Niclin gereizt. » Fünf goldene Schiffe wurden zerstört. Neunzehn sind noch intakt. Und innerhalb weniger Tage werden uns zwei, möglicherweise sogar drei Armeen auf dem Landweg angreifen.«
» Immer eins nach dem anderen, Questor«, erwiderte Talaban. » Heute haben wir einen Sieg errungen. Lasst dies für den Moment genug sein.«
Niclin nickte, und als er erneut sprach, klang seine Stimme traurig. » Ich habe heute gesehen, wie drei Avatar getötet wurden. Von einem Augenblick zum anderen. Männer, die ich mehr als zweihundert Jahre lang kannte.« Er schnippte mit den Fingern. » Sie sind einfach so verschwunden. Heute Morgen waren sie noch unsterblich, waren Götter. Jetzt sind sie nur noch verfaulendes, totes Fleisch. Wäre ich ein religiöser Mann, würde ich vermuten, dass die Quelle uns verlassen hat.«
Talaban schenkte sich selbst einen Becher Wein ein. » Mir scheint«, erwiderte er, » dass der Sieg immer dem Starken zufällt. Die Quelle, falls es eine solche Kreatur tatsächlich gibt, hat damit nur wenig zu tun.«
Mondstein kicherte leise und schüttelte den Kopf.
» Hast du etwas zu sagen, Barbar?«, zischte der Questor.
Mondstein erhob sich geschmeidig. » Du träumst kleine Träume«, erwiderte er gelassen und verließ die Kajüte.
Fünfunddreißig Avatar hatten ihr Leben an diesem ersten Kampftag verloren. Fünfunddreißig Unsterbliche. Männer, deren Leben Jahrhunderte überspannt hatte. Rael saß in der Konzilskammer, und ihm war schwer ums Herz. Bei ihm waren die Questoren Niclin und Caprishan, und vor ihnen auf dem Tisch lagen etliche der schwarzen Feuerstöcke. Rael nahm einen davon in die Hand und betrachtete ihn. Es war ein langes, hohles Metallrohr, das in poliertes Holz eingelassen war, und wies etliche Federhebel auf. » Das ist keine magische Waffe«, erklärte Niclin. » Sie ist nicht an den Geist des Benutzers gekoppelt.« Er öffnete einen Beutel, den man bei der Leiche eines Almecs gefunden hatte, und kippte den Inhalt auf den Tisch. Er war mit grobkörnigem schwarzem Pulver gefüllt. Ein zweiter Beutel enthielt kleine runde Kugeln aus einem schweren Metall. » Auf irgendeine Weise«, fuhr Niclin fort, » werden diese Kugeln mit großer Wucht durch das Rohr getrieben.«
» Findet heraus, wie«, befahl Rael.
» Wir haben fünfzig Almecs gefangen genommen«, erklärte Caprishan. » Sie werden im Augenblick verhört. Aber es sind harte Männer, und sie sagen nur wenig.«
Rael blickte hoch. Seine Augen waren kalt. » Bringt zehn von ihnen in die Kristallkammer. Entzieht einem von ihnen das Leben, während die anderen zuschauen. Dann werden wir ja sehen, wie schnell sie sprechen wollen.«
» Diese Waffen sind nicht so effektiv wie Zhi-Bogen, Rael«, erklärte Niclin.
» Ich will alles über sie wissen«, erwiderte Rael. » Ihre Reichweite, in welchen Abständen sie benutzt werden können. Auf der Mole haben unsere Feinde sie nur einmal benutzt, und ich habe gesehen, wie Männer versuchten, sie nachzuladen. Wie lange genau dauert dieser Vorgang?«
» Wir werden all das herausfinden«, versicherte ihm Niclin. » Die Frage ist, wie gehen wir jetzt weiter vor?«
» Wir können nichts tun«, erwiderte Rael. » Sie agieren, wir reagieren. Wir haben nicht genug Leute, um sie anzugreifen. Noch nicht. Aber Viruk ist zu Ammon unterwegs, um ihn zu unterstützen. Mit seiner Armee und den Stämmen, die ihm verpflichtet sind, können wir die Invasoren schlagen.«
» Glaubt Ihr wirklich, dass wir sie besiegen können?«, wollte Caprishan wissen.
» Ich muss daran glauben«, antwortete Rael.
Es war Mitternacht, als die Kutsche vor seinem Haus hielt und Questor Ro müde ausstieg. Er vergaß dem Fahrer zu danken. Ros gebrochene Hand schmerzte schrecklich, ebenso wie seine Rippen und sein linkes Bein. Er hatte zwar versucht, mit dem Ritual den Heilungsprozess in Gang zu bringen, aber gebrochene Knochen brauchten mindestens vier Sitzungen, und er durfte nicht mehr als zwei an
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