Der Weg der Helden
einem einzelnen Tag absolvieren. Ansonsten würde die Bruchstelle spröde bleiben und sehr leicht erneut brechen.
Er humpelte zu seiner Haustür. Ein Diener sah ihn, trat aus dem Haus und verbeugte sich. Ro blieb auf den Stufen stehen, drehte sich um und blickte über die Stadt. Von der Anhöhe, auf der sein beeindruckendes Haus stand, konnte Ro auf den Hafen und die Mündung dahinter blicken. Einige Gebäude brannten immer noch, und ein roter Schein hing über den Hafenanlagen. Er seufzte und spürte erneut den Schmerz seiner Verletzungen.
» Möge die Quelle gepriesen sein, dass Ihr noch lebt, Herr«, sagte Sempes und verbeugte sich erneut. Ro blickte den alten Mann scharf an und fragte sich, ob er das wirklich ernst meinte. Dieser Gedanke wäre ihm vor dem heutigen Tag niemals gekommen.
» Wie lange bist du schon bei mir, Alter?«, fragte er.
» Dreiunddreißig Jahre, Herr.«
» Bist du verheiratet?«
» Das war ich, Herr. Meine Frau ist letztes Jahr gestorben.«
» Das tut mir leid.«
Der alte Mann sah ihn fragend an. » Seid Ihr krank, Herr?«
» Ich glaube, ich war krank. Wärst du so freundlich, mir ein Bad zu bereiten?«
» Ich werde es sofort veranlassen, Herr. Das Wasser wird bereits erhitzt.«
Ro trat in den Flur und betrachtete die von Laternen beleuchteten Wände. Sie waren mit wunderschönen Gemälden bedeckt, mit Ansichten von Parapolis und der umliegenden Landschaft. » Lasst mich Euch die Stiefel ausziehen, Herr«, sagte Sempes und kniete sich neben einen der gepolsterten und mit Gold bestickten Stühle. Ro setzte sich, streckte sein rechtes Bein aus, und Sempes zog ihm den Stiefel aus. Als der alte Mann an seinem linken Stiefel zog, zuckte Ro zusammen. » Euer Bein ist verletzt, Herr. Das tut mir leid.«
» Es wird heilen. Mach dir keine Sorgen.«
Sempes verschwand kurz und kehrte dann mit weichen Samtslippern zurück, die er über Ros Füße zog. Der Questor fühlte sich plötzlich ungeheuer müde und wollte dem alten Mann gerade sagen, er würde auf das Bad verzichten, als der Bedienstete erneut sprach.
» Euer Gast wartet im Gartenzimmer, Herr. Ich habe dort ein Feuer für sie entzündet.«
» Mein… Gast?«
» Die Mistress mit dem rabenschwarzen Haar, die Ihr schon einmal hierher gebracht habt. Sie ist seit gestern Abend hier. Ich hoffe, es war richtig, dass ich ihr erlaubt habe zu bleiben.«
» Ja, das hast du gut gemacht.« Ro richtete sich auf und ging durch den Flur, durchquerte die schmale Bibliothek und betrat das Gartenzimmer. In der Tür blieb er stehen, bis sich seine Augen an das dämmerige Licht gewöhnt hatten, das das ersterbende Feuer spendete, und sah sich suchend um. Im Gartenzimmer standen vier Couchs und zwei bequeme, mit Häuten gepolsterte Liegesessel. Sofarita schlief in dem Sessel am Feuer.
Bei seinem Eintreten flackerten die vier nicht entzündeten Laternen im Raum plötzlich auf und erzeugten scharfe Schatten in den drei Durchgängen, die in seinen Garten führten. Sofarita setzte sich auf.
» Will man mich immer noch töten?«, fragte sie ihn.
» Im Moment sind meine Kollegen eher mit anderen Problemen beschäftigt«, erwiderte er.
» Komm zu mir!«, befahl sie ihm. Er gehorchte prompt, was ihn selbst überraschte. Sofarita stand auf und nahm seine verletzte Hand in ihre. Der Schmerz verschwand schlagartig. Er hob die Hand und ballte sie zur Faust. Die Knochen waren vollständig zusammengewachsen. » Du warst sehr tapfer, Questor Ro«, sagte sie leise. » Als du den dritten Energiestrahl abgefeuert hast, glaubtest du, die Waffe würde explodieren. Du hast gedacht, du würdest sterben.«
» Ja, das stimmt.«
» Und doch hast du weitergekämpft. Das war edelmütig.«
Der kleine Mann errötete. » Warum bist du hergekommen?«
» Du brauchst immer noch meine Hilfe, Avatar. Sag mir, wie geht es dem Soldaten, dessen Beine ich gebrochen habe?«
» Er ruht. Es dauert eine Weile, bis solche Brüche geheilt sind.«
» Ich habe ihm sehr weh getan«, sagte sie. » Ich habe zugelassen, dass meine Wut mich überwältigte. Das wird nicht noch einmal geschehen. Morgen werde ich auch ihn heilen.«
Ro setzte sich in den Stuhl ihr gegenüber. » Wie schnell werden sie zurückkehren, was glaubst du?«, fragte er.
Sofarita zuckte mit den Schultern. » Ich glaube nicht, dass sie die Städte noch einmal vom Meer her angreifen. Aber sie haben im Süden eine Armee an Land gesetzt. Dreitausend Männer und Schneebestien. Eine weitere segelt den Luan hinauf. Es wird
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