Der Weg der Helden
ist heute Morgen zur Arbeit am Fluss gegangen und bis jetzt nicht nachhause gekommen. Was soll ich tun, Sadau? Was wird mit meinen Kindern geschehen, wenn er stirbt?«
Ihre Angst berührte ihn und drang sowohl durch seine Furcht als auch seine Abneigung ihr gegenüber. » Komm mit in mein Haus«, sagte er. » Wir können dort auf Oris warten. Ich bin sicher, dass er nicht tot ist.« Wahrscheinlich versteckt er sich im Haus einer Hure, dachte er. Er nahm eines der Kinder auf die Arme und führte das andere an der Hand zu seiner Behausung. Rula schien jetzt etwas weniger Angst zu haben, die Kinder jedoch waren ungewöhnlich still.
Als sie sein Haus betraten, blieb Rula stehen. » Du hast Besuch«, erklärte sie. » Vielleicht sollte ich doch besser zuhause warten.«
» Schon gut«, versicherte ihr Sadau. » Es sind… Kunden.« Er schloss die Tür und setzte das Kind, das er auf den Armen hatte, ab. Das Mädchen saß auf dem Boden und begann zu weinen. Ammon trat hinzu und kniete sich neben das Kind.
» Weine nicht, meine Kleine«, sagte er. » Das alles ist nur ein Spiel. Sag mir deinen Namen.«
» Saris«, antwortete das Kind. » Meinem Papa gehört der Fluss.«
» Was für ein Zufall«, gab Ammon zurück. » Meinem Papa hat der Fluss auch einmal gehört.« Es war mittlerweile ziemlich voll in der kleinen Hütte. Das Baby, das Anwar immer noch auf den Armen trug, begann zu weinen.
» Er ist hungrig«, sagte Ammon und sah zu Rula hoch. » Glaubst du, dass du ihn stillen kannst?«
Sie nickte, reichte Sadau ihr eigenes schlafendes Baby, ließ sich von Anwar den kleinen Jungen geben, legte ihn sich auf den Schoß und öffnete ihr Kleid. Sie entblößte eine große Brust. Sofort schnappte das Baby danach und begann gierig zu saugen.
Eine Stunde lang saßen sie da und schwiegen. Dann klopfte jemand an die Tür. Sadau wäre vor Schreck fast ohnmächtig geworden. » Wer ist da?«
» Oris. Ist Rula bei euch?«
Sadau öffnete die Tür, und ein korpulenter junger Mann trat ein. Rula lief zu ihm und drückte sich an ihn. » Ich habe mir solche Sorgen gemacht«, sagte sie.
» Ich auch«, gestand er. » Da draußen geht es schrecklich zu. Überall liegen Leichen herum. Jetzt ist es ruhig. Man sagt, der König wäre tot, und die Adligen wären entweder geflüchtet oder ermordet worden. Als der Angriff begann, dachte ich erst, es wären Avatar. Aber das waren keine. Die hier haben eine rote Haut. Der Palast ist nur noch eine Ruine.«
Ammon trat vor. » Du sagst, sie hätten den König getötet?«
Oris sah ihn misstrauisch an.
» Kunden«, erklärte Sadau lahm.
» Ja. Sie haben seinen Leichnam angeblich auf den Großen Platz geschleppt und ihn an einem Strick aufgehängt.«
» Woher wussten sie, dass es der König war?«, wollte Ammon wissen.
» Keine Ahnung!«, gab Oris zurück. » Er trug jedenfalls eine lange blaue Robe. Ich nehme an, sie haben ihn im Palast aufgestöbert.«
» Wie traurig«, meinte Ammon. » Ich habe ihn immer gemocht.«
» Wir sollten besser nachhause gehen«, meinte Oris. » Die Götter allein wissen, was der Morgen bringt.«
Als sie aufbrachen, fragte Ammon Rula, ob sie sich um das Waisenkind kümmern könnte. Sie willigte ein, und er gab ihr eine Goldmünze, die sie sofort an Oris weiterreichte. Der große Flussmann betrachtete Ammon scharf. » Habe ich dich schon mal irgendwo gesehen?«, erkundigte er sich.
» Gut möglich. Ich befahre regelmäßig den Luan.«
» Ach, drum. Gut, mögen die Götter dich beschützen. Mögen sie uns alle beschützen.«
Sadau schloss die Tür hinter ihnen und drehte sich dann zum König herum. » Sie glauben, Ihr wäret tot«, erklärte er erleichtert.
» Das werden sie aber nicht lange annehmen. Irgendjemand wird den Leichnam sehen und ihnen verraten, dass das nicht ich bin. Einstweilen scheinen wir jedoch in Sicherheit zu sein. Morgen wirst du mir helfen, einen Weg zu finden, die Stadt zu verlassen.«
» Bitte, Herr«, flehte Sadau ihn an. » Ich bin nicht besonders mutig! Das habe ich festgestellt, als ich zugesehen habe, wie dieser Avatar, Viruk, all meine Kameraden abgeschlachtet hat.«
Ammon lächelte. » Du unterschätzt dich, Töpfer. Du verwechselst natürliche Furcht mit gemeiner Feigheit. Du bist nicht feige. Wäre ich an deiner Stelle gewesen, hätte ich diesen Kopf ebenfalls in den Luan geworfen. Das ist einer der Gründe, warum ich dich nicht habe töten lassen. Sieh mich an. Sieh mir in die Augen.« Sadau gehorchte. » Sehe ich aus wie
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