Der Weg der Helden
versteckte sich. Jedenfalls war es höchst unwahrscheinlich, dass er ihn finden würde.
Dennoch, seine Befehle waren klar. Finde Ammon und beschütze ihn.
Zehn Avatar waren tot, und Viruk war verletzt. Der Feind war bereits gelandet, und seine Truppen patrouillierten entlang der Flussufer. Welche Chance hatte ein einzelnes Blauhaar, ihnen aus dem Weg zu gehen und einen Mann zu finden, den er noch nie gesehen hatte? Viruk dachte darüber nach. Die Aussichten gefielen ihm.
Außerdem war es so gut wie sicher, dass er reichlich Gelegenheit bekommen würde, ganze Scharen feindlicher Soldaten zu töten.
Mit diesen Gedanken im Herzen machte er sich wohlgemut auf den Weg.
Sofarita, Questor Ro und Mondstein saßen mit gekreuzten Beinen auf einem Teppich in einer der Gartenarkaden. Sie hatten die Augen geschlossen. Questor Ros ältester Diener Sempes kam herein und starrte das Trio an. Ihre Gesichter waren ruhig und gelassen. Verwirrt räumte der alte Mann die benutzten Kelche und Teller ab und verließ lautlos den Raum.
Ro befand sich in einer Art Himmel. Goldenes Licht umgab ihn, und er wurde von einer wundervollen Musik eingehüllt, die er sowohl hören als auch fühlen konnte. Sie enthielt seltsame Dissonanzen und war dennoch bezaubernd. Und sie störte seine Kommunikation mit Sofarita und Mondstein nicht. Im Gegenteil, es war fast umgekehrt. Als wäre die Musik das Medium, durch das sie sprachen. In wenigen Momenten, jedenfalls kam es ihm so vor, hatte er von Mondstein die Sprache der Anajo gelernt, nachdem sich ihre Geister durch Sofaritas Macht verbunden hatten. Ro hatte Sprachen schon immer leicht begreifen können, aber diese Methode des Lernens war so wundervoll, dass sie jeder Beschreibung spottete. Bilder und Worte bildeten sich in seinem Kopf und vereinten sich mit vollkommener Klarheit. Es war eine überaus lebhafte Sprache, voller klarer Bilder. In einem einzigen Augenblick absorbierte er alle Mythen der Anajo, die Stammesgeschichten und Helden und, was noch wichtiger war, ihre große Liebe zu ihrem Heimatland.
Sofarita holte sie zurück, und als Ro die Augen öffnete, durchströmte ihn ein schmerzliches Verlustgefühl.
» Willkommen in meinem Heim«, sagte er in perfektem Anajo, als Mondstein aufwachte. Der Stammesmann grinste.
» Deine Aussprache ist perfekt«, erwiderte er. » Es tut gut, jemanden die Sprache meines Volkes sprechen zu hören.«
Ro streckte sich und stand auf. Sofarita blieb noch einen Moment mit geschlossenen Augen sitzen. Dann seufzte sie und lächelte die beiden Männer an.
Der alte Sempes betrat den Raum und verbeugte sich vor Ro. » E caida manake, Pasar?«, fragte er. Die Worte bedeuteten Ro nichts, und einen Augenblick lang fragte sich der Questor, ob der alte Mann sich über ihn lustig machte. Dann begriff er mit einem Schreck, dass sein Verstand noch in der Sprachstruktur der Anajo feststeckte. Sempes dagegen sprach in der allgemeinen Umgangssprache. Ro hatte sie vergessen!
» Was sagt er?«, erkundigte sich Ro bei Mondstein. Der Anajo sah ihn überrascht an.
» Er will wissen, ob wir hungrig sind.«
Sofarita streckte die Hand aus und legte sie auf Ros Arm. Er spürte, wie Hitze ihn durchströmte und sich sein Verstand entspannte. » Seid Ihr krank, Herr?«, hörte er Sempes fragen.
» Nein, mir geht es gut. Du hast heute schwer gearbeitet, Sempes. Genieße den Rest des Tages. Geh spazieren. Mach, was du möchtest. Ich kümmere mich selbst um das Wohl meiner Gäste.«
» Jawohl, Herr. Danke, Herr.«
Nachdem der alte Mann gegangen war, ergriff Sofarita das Wort. » Wie interessant«, stellte sie fest. » Irgendwie hat die Geschwindigkeit, mit der du Anajo gelernt hast, deine Fähigkeit beeinflusst, zu deiner eigenen Sprache zurückzukehren. So als hätte die neue Sprache die alte vollständig ersetzt.«
Ro nickte. Er merkte bereits, dass sein Verständnis des Anajo ein wenig nachgelassen hatte.
» Um sich gewisse Fertigkeiten anzueignen, braucht man Zeit, selbst mithilfe von Magie«, erklärte er. » Irgendwie ist das tröstlich. Wann triffst du dich mit Rael und Mejana?«
» Schon bald«, erwiderte Sofarita. » Ich habe ihnen gesagt, ich würde in die Konzilskammer kommen.«
» Ich spanne die Pferde an«, sagte Ro. Dann hielt er inne. » Eigentlich weiß ich nicht genau, wie man Pferde anspannt. Trotzdem, es kann ja nicht so schwierig sein… jedenfalls nicht für einen Mann, der in ein paar Augenblicken eine fremde Sprache lernt. Würdest du mir helfen,
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