Der Weg der Helden
verheiratet?«
» Nein, ich kann nicht behaupten, dass mir diese Idee jemals zugesagt hätte.«
» Mir auch nicht. Vielleicht, wenn ich alt bin und ein bisschen Wärme in meinem Bett haben möchte.«
» Ich bin alt gewesen«, sagte Anu. » Im Alter mag man vielleicht Freude finden, aber Wärme, nein.«
Nach diesen Worten wünschte er seinem Vorarbeiter eine gute Nacht und ging langsam zu seinem Zelt.
Kapitel 17
Sofarita saß ruhig im Vorraum der Konzilskammer. Sie hatte die Augen geschlossen, und ihre Miene war entspannt. Zwei Avatar-Wachen standen dicht bei ihr. Der eine dachte an das neue Pferd, das er gerade erworben hatte, und überlegte, ob es ebenso schnell sein würde wie dessen Vater. Außerdem fragte er sich, ob er den Hengst kastrieren lassen sollte oder nicht. Der andere Wachposten stellte sich Sofarita vor und dachte, wie schön es wäre, mit ihr zu schlafen. Ihre Gedanken waren sehr aufdringlich, und Sofarita versuchte sie zu verdrängen.
Die einfachste Methode war, sich aus ihrem Körper zu lösen und ihre geistigen Ohren für die Gedanken der Soldaten zu verschließen. Das tat sie, und beinahe sofort wurde sie durch ein Gefühl des Friedens belohnt. Jetzt waren die beiden nur noch namenlose Soldaten.
Es war ein langer und interessanter Tag gewesen. Zuerst hatte Questor Ro sie zu seinem Haus geführt. Sofarita war noch nie in so einem wundervollen Heim gewesen, mit seinen hellen Räumen, den prachtvollen Möbeln, den wunderschönen, gewebten Teppichen und den Gärten, in denen blühende Bäume und Büsche standen. Sie hatte eine Mahlzeit zu sich genommen, bei der ihr das Wasser im Mund zusammengelaufen war, und war von Dienern versorgt worden. Der Teller, auf dem man ihr das Mahl serviert hatte, war blau und weiß gewesen und hellglänzend, der dunkelrote Wein hatte besser geschmeckt als alles, was sie jemals gekostet hatte. Im Lauf des Nachmittags hatte Questor Ro nach einem Gewandmacher geschickt. Der Mann war mit einem ganzen Haufen von Kleidern und knöchellangen Gewändern gekommen, die aus Stoffen bestanden, die so weich und berauschend waren, dass die Frau, die Sofarita einst gewesen war, leicht hätte glauben können, sie wäre gestorben und würde jetzt bei den Göttern leben. Aber diese Frau war sie nicht mehr, und der Luxus und die Pracht des Lebens der Avatar kamen ihr jetzt vergänglich und bedeutungslos vor. Wasser, das man aus einem goldenen Becher trank, blieb dennoch Wasser, und dasselbe Sonnenlicht glitzerte auf Glas ebenso wie auf Diamanten. Wohlstand symbolisierte nur Macht, und Sofarita brauchte keine Symbole. Tag um Tag entwickelte sich ihr Verstand weiter. Und damit auch ihre eigene Macht.
So gekleidet, wie sie jetzt war, in ein fließendes Gewand aus schimmerndem weißem Satin, hatte sie den Questor General getroffen. Sofarita hatte den Eindruck gewonnen, dass er ein intelligenter Mann war, kultiviert und vernünftig.
Sie hatte ihn auf denselben Flug mitgenommen wie Questor Ro. Auch er hatte die dreißig goldenen Schiffe gesehen und geschätzt, dass sie innerhalb von vierundvierzig Stunden in Egaru eintreffen würden.
Dann hatte er sie ausführlich nach ihrer Macht befragt und wissen wollen, ob sie jemals mit einem Heilkristall in Kontakt gekommen wäre. Sofarita war nicht sonderlich erfahren im Lügen, aber sie wusste dennoch, das Viruk gegen das Gesetz verstoßen hatte, als er ihren Krebs heilte.
» Ja«, erwiderte sie schließlich. » Ich lag im Sterben, und ein Avatar hat mich geheilt. Mehr werde ich nicht sagen.«
Rael nickte, als könnte er ihre Weigerung verstehen. Seine Gedanken waren leicht zu lesen, interessierten Sofarita jedoch nicht sonderlich. Er dachte immer noch an die goldenen Schiffe und wie er ihnen begegnen sollte. Aber dennoch hob sich ein bemerkenswerter Gedanke von den anderen ab; er war mit Furcht behaftet.
Kristallgebunden.
Sofarita konnte in seinen Gedanken das Bild eines jungen Mädchens isolieren, das sich langsam in Glas verwandelte und in kalter, spröder Qual starb. Sie spürte Raels Schmerz und zog sich von ihm zurück, gewährte ihm Privatheit in der Erinnerung an seine Trauer.
Sofarita kehrte in die Gegenwart zurück und fragte sich, wie die Debatte in der Konzilskammer wohl verlief. Sie ließ ihre Gedanken durch die Mauer gleiten und schwebte über dem langen Tisch. Der Questor General saß am Kopfende des Tisches, ein schlanker Mann mit kurz geschorenem blauem Haar und scharfen Augen, deren Blick von seiner Intelligenz
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