Der Weg der Helden
vier Männer reichten aus, um riesige Quader an ihren vorgesehenen Platz zu manövrieren. Während der erstenTage hatte das für viel Aufregung und Unbehagen bei den Arbeitern gesorgt. Mittlerweile waren sie daran gewöhnt. Yasha stand auf und zog seine Hose und sein Hemd an.
» Wie hat es sich angefühlt, ein König zu sein?«, erkundigte sie sich. Yasha lachte laut.
» Ich war kein König«, antwortete er. » Das war nur ein amüsantes Zwischenspiel, um zu feiern, dass wir den ersten Bauabschnitt beendet haben.«
» Aber du wurdest auf den Schultern der anderen Männer getragen und hattest eine Lorbeerkrone auf dem Kopf. Und selbst der Heilige hat sich verbeugt, als du an ihm vorbeigekommen bist. Hat sich das gut angefühlt?«
Yasha dachte über diese Frage nach, während er seine schweren Schuhe anzog.
» Es hat sich tatsächlich gut angefühlt«, gab er zu. » Aber nicht halb so gut wie diese Zeit mit dir.«
» Meinst du das ernst? Meinst du das wirklich ernst?«
» Selbstverständlich.«
» Kommst du nach deiner nächsten Schicht wieder zurück?«
» Wie könnte ein Mann von dir fernbleiben wollen… Herzchen?«, schloss er, da er ihren Namen vergessen hatte.
Er beugte sich vor, küsste sie erneut, legte dann das Lehmtablett auf den kleinen Tisch neben dem Bett, trat in die Nacht hinaus und schlenderte zu der unvollendeten Pyramide. Questor Anu schritt über die Spitze der sechsten Lage und spielte immer noch seine Flöte. Yasha beobachtete ihn eine Weile, und als der Heilige aufhörte zu spielen, winkte er ihm zu. Anu winkte zurück, kletterte von den Steinen herunter und stellte sich neben den riesigen Vorarbeiter.
» Wir kommen gut voran«, erklärte Anu. » Aber wir müssen noch schneller arbeiten.«
» Das wird kommen, Questor. Die Fähigkeiten der Arbeiter steigern sich allmählich.«
Anu lächelte und wandte sich ab.
» Sagt, Herr, warum spielt Ihr Musik für die Quader, obwohl sie bereits an der richtigen Stelle liegen?«, fragte er.
Anu blieb stehen und drehte sich dann wieder zu dem Vagaren herum. In dem hellen, ständig schimmernden Mondlicht schimmerte sein blaues Haar wie poliertes Silber.
» Der Stein erinnert sich an meine Lieder«, erklärte er ernst. Als er Yashas verwirrte Miene sah, lachte er. » Jeder Block wird durch die Vereinigung von Millionen einzelner Fragmente geschaffen, und jedes Fragment wiederum enthält ebenfalls Millionen von Partikeln. Wahrscheinlich ist auch jeder dieser Partikel aus vielen kleineren Stücken zusammengesetzt. Die Musik klingt in den Stein hinein, wird von jedem Fragment und jedem Partikel aufgenommen. Und so klingt das Lied… vielleicht auf ewig… in dem Bauwerk weiter.«
» Ich kann es nicht hören«, erklärte Yasha.
» Und doch ist die Musik überall um uns herum. Das Universum ist ein Lied, Yasha, und wir sind ein Teil davon. Hast du dich jemals gewundert, warum die Menschen sich so von Musik angezogen fühlen, warum wir uns dort versammeln, wo sie gespielt wird? Warum wir dazu tanzen, unsere Körper im Rhythmus zur Musik wiegen?«
» Weil es sich gut anfühlt«, erklärte der Vagar.
» Ja, es fühlt sich gut an. Es fühlt sich natürlich an, denn genau das ist es. Diese Momente, in denen die Musik unsere Seelen berührt, erinnern uns daran, dass wir alle Teil des Großen Liedes sind. Wir alle, Avatar, Vagar, Stammesleute, Nomaden. Ebenso wie jeder Baum und jede Pflanze, jeder Vogel und jedes andere Tier. Für uns alle ist die Harmonie der Musik lebenswichtig.«
» Vielleicht, Heiliger, aber mir scheint es, dass die Avatar die besten Lieder bekommen haben.« Er bedauerte seine Worte sofort, denn sie kamen einem Widerspruch gefährlich nahe. Doch Anu nickte nur.
» Du hast ganz Recht, Yasha. Aber nichts ist für ewig, ganz gleich was meine Brüder auch zu glauben belieben. Diese Struktur, die wir gemeinsam erschaffen, ist nicht für die Avatar allein. Sie ist für die ganze Welt. Für dich, deine Kinder und die Kinder deiner Kinder.«
» Ich habe keine Kinder, Heiliger.«
Anu legte seine schlanke Hand auf Yashas breite Schulter. » Du hast siebzehn Kinder«, widersprach er. » Und erst heute Abend hast du ein weiteres gezeugt. Du solltest dir wirklich ein bisschen mehr Mühe geben, mit deinen verschiedenen Frauen in Kontakt zu bleiben.«
Yasha lachte leise. » Die Frauen, mit denen ich schlafe, haben viele Partner, Heiliger. Schwer zu sagen, wer welches Kind gezeugt hat. Und so gefällt es mir auch. Wart Ihr jemals
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