Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
war Adolin manchmal überrascht von ihr, obwohl er sie schon seit seinem sechzehnten Geburtstag besaß. Er hatte sie von der mütterlichen Seite der Familie geerbt. Dies war nun schon sieben Jahre her.
Er drehte sich um und nahm einen großen Schluck lauwarmen Wassers. Sadeas ritt zur Linken des Königs, und Dalinar, Adolins Vater, war die stämmige Gestalt, die sich rechts des Königs befand. Der einzige andere Großprinz auf dieser Jagd war Vamah, der kein Splitterträger war.
Der König sah in seiner goldenen Splitterrüstung großartig aus – ein solcher Panzer würde natürlich jedem Mann ein königliches Aussehen verleihen. Sogar Sadeas wirkte beeindruckend, wenn er seinen roten Panzer trug, selbst wenn sein knolliges Gesicht und dessen rötliche Farbe die Wirkung ein wenig beeinträchtigten. Sadeas und der König protzten mit ihren Panzern. Und … nun, vielleicht tat Adolin das ja auch. Der seine war blau angemalt, und in den Helm und die Schulterstücke waren einige Ornamente eingearbeitet, die ihn noch gefährlicher wirken lassen sollten. Wie konnte man nicht angeben, wenn man etwas so Großartiges wie einen Splitterpanzer trug?
Adolin nahm noch einen Schluck und hörte zu, wie der König über diese aufregende Jagd sprach. Nur ein einziger Splitterträger in seinem Gefolge – und nur ein einziger Splitterträger in den ganzen zehn Armeen – benutzte weder Farbe
noch Ornamente auf seiner Rüstung: Dalinar Kholin. Adolins Vater bevorzugte seinen Panzer im natürlichen Schiefergrau.
Dalinar ritt mit ernstem Gesicht neben dem König her. Er hatte seinen Helm an den Sattel gebunden und das kantige Gesicht entblößt. Sein kurzes schwarzes Haar wurde an den Schläfen allmählich grau. Nur wenige Frauen hatten Dalinar Kholin je als schön empfunden; seine Nase hatte die falschen Formen und seine Züge galten eher als hart denn als zart. Es war das Gesicht eines Kriegers.
Er ritt auf einem massiven Ryschadium-Hengst, einem der größten Pferde, die Adolin je gesehen hatte, und während der König und Sadeas in ihren Rüstungen hochherrschaftlich wirkten, sah Dalinar darin trotzdem nur wie ein Soldat aus. Für ihn war dieser Panzer kein Schmuck, sondern ein Werkzeug. Er schien nie überrascht von der Stärke und Schnelligkeit zu sein, die ihm die Rüstung verlieh. Für ihn fühlte es sich ganz natürlich an, sie zu tragen; unnatürlich wirkte nur die Zeit ohne sie. Vielleicht war dies einer der Gründe dafür, dass er in dem Ruf stand, einer der größten Krieger und Generäle zu sein, die je gelebt hatten.
Adolin wünschte sich leidenschaftlich, sein Vater hätte in letzter Zeit ein wenig mehr getan, um diesem Ruf zu entsprechen.
Er sinnt über seine Visionen nach, dachte Adolin und bemerkte Dalinars sorgenvollen, fernen Blick. »In der letzten Nacht ist es wieder passiert«, sagte Adolin leise zu Renarin. »Während des Großsturms.«
»Ich weiß«, erwiderte Renarin. Seine Stimme klang beherrscht. Er machte immer eine Pause, bevor er auf eine Frage antwortete, so als überprüfe er zuvor die Worte in seinem Kopf. Einige Frauen, die Adolin kannte, sagten, sie fühlten sich in seiner Gegenwart so, als seziere er sie mit seinem Geist. Sie erbebten, wenn sie über ihn sprachen, aber Adolin hatte seinen jüngeren Bruder niemals als beunruhigend empfunden.
»Was sie wohl bedeuten mögen?«, fragte Adolin so leise, dass nur Renarin ihn hören konnte. »Vaters … Vorfälle.«
»Ich weiß es nicht.«
»Renarin, wir können doch nicht so tun, als wäre das nichts. Die Soldaten reden schon darüber. Die Gerüchte verbreiten sich überall in den zehn Armeen!«
Dalinar Kholin wurde allmählich verrückt. Wann immer ein Großsturm kam, fiel er zu Boden und zitterte. Dann tobte er und redete unsinniges Zeug. Oft stand er wieder auf, blickte wirr und wild aus seinen blauen Augen und schwang die Arme. Adolin musste ihn dann oft festbinden, damit er weder sich selbst noch andere verletzte.
»Er sieht Dinge«, sagte Adolin. »Oder er glaubt es zumindest.«
Adolins Großvater hatte ebenfalls unter Sinnestäuschungen gelitten. Im Alter hatte er schließlich geglaubt, wieder im Krieg zu sein. Geschah das jetzt auch mit Dalinar? Durchlebte er erneut die Schlachten der Jugend und die Tage, in denen er seinen Ruhm erworben hatte? Oder sah er jene schreckliche Nacht nur immer wieder, als sein Bruder von dem Mörder in Weiß umgebracht worden war? Und warum erwähnte er nach diesen Anfällen so oft die Strahlenden
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