Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
durchtrennt, die Kreatur trampelte unsicher dahin und zog acht ihrer vierzehn Beine nach.
»Vater!«
Dalinar drehte sich um und sah, wie Renarin – in steifer blauer Kholin-Uniform und in einem langen, bis zum Hals zugeknöpften Umhang – über den felsigen Boden ritt. »Vater, geht es dir gut? Kann ich helfen?«
»Dummer Junge!«, rief Dalinar und deutete weg von sich. »Geh doch!«
»Aber …«
»Du hast keine Rüstung und bist unbewaffnet!«, schrie Dalinar ihn an. »Geh weg, bevor du getötet wirst!«
Renarin brachte seinen Rotschimmel zum Stehen.
»VERSCHWINDE!«
Renarin galoppierte davon. Dalinar drehte sich um und rannte auf Elhokar zu. Eidbringer verdichtete sich aus dem Nebel in seiner ausgestreckten Hand. Elhokar hackte weiter auf den Rumpf der Bestie ein, und Teile des Fleisches wurden schwarz und starben ab, sobald die Splitterklinge sie traf. Wenn er an der richtigen Stelle zustach, konnte er das Herz oder die Lunge zum Stillstand bringen, aber das war schwierig, solange das Biest noch aufrecht stand.
Adolin – tapfer und treu wie immer – war neben dem König abgestiegen. Er versuchte die Klauen zu erwischen und hieb nach ihnen, sobald sie sich senkten. Leider gab es zwar vier Klauen, aber nur einen Adolin. Zwei schossen gleichzeitig auf ihn zu, und obwohl Adolin ein Stück aus einer heraushauen konnte, sah er die andere nicht, die von hinten auf ihn zukam.
Dalinars Warnung kam zu spät. Der Splitterpanzer gab ein lautes Knacken von sich, als die Klaue Adolin in die Luft schleuderte. Er flog in hohem Bogen davon, sank wieder und schlug dann hart auf die Erde. Sein Panzer war nicht zerbrochen,
den Herolden sei Dank, aber in der Brustplatte und an den Seiten befanden sich breite Risse, aus denen weißer Rauch strömte.
Adolins Hände bewegten sich noch. Er lebte …
Doch keine Zeit, jetzt an ihn zu denken. Elhokar war allein.
Die Bestie schlug zu, hämmerte auf den Boden neben dem König und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Seine Klinge verschwand, dann fiel er mit dem Gesicht voran zu Boden.
Etwas veränderte sich in Dalinar. Vorbehalte verschwanden. Frühere Sorgen wurden bedeutungslos. Der Sohn seines Bruders schwebte in Gefahr.
Er hatte Gavilar nicht beschützen können, hatte betrunken in einer Weinlache gelegen, als sein Bruder um sein Leben gekämpft hatte. Dalinar hätte bei ihm sein und ihn verteidigen müssen. Nur zwei Dinge waren ihm von seinem geliebten Bruder geblieben – zwei Dinge, die Dalinar in der Hoffnung beschützen konnte, sich dadurch eine gewisse Art von Erlösung zu verdienen: Gavilars Königreich und Gavilars Sohn.
Elhokar war allein und schwebte in Gefahr.
Nichts anderes war von Bedeutung.
Benommen schüttelte Adolin den Kopf. Er schob das Visier hoch und sog die frische Luft ein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Kampf. Sie kämpften. Er hörte Männer schreien, Felsen erzittern, und dann ertönte ein schreckliches Blöken. Er roch etwas Moderiges. Das Blut eines Großschalentiers.
Der Kluftteufel!, dachte er. Noch bevor er bei klarem Verstand war, rief Adolin bereits wieder seine Splitterklinge und zwang sich auf die Hände und Knie.
Das Ungeheuer ragte nicht weit von ihm entfernt auf, ein dunkler Schatten vor dem Himmel. Adolin war rechts von
ihm gestürzt. Als sein Blick wieder klar geworden war, sah er, dass der König am Boden lag. Seine Rüstung war unter dem Schlag, den er zuvor eingesteckt hatte, aufgebrochen.
Der Kluftteufel hob eine massige Klaue und wollte sie schon niedersausen lassen. Plötzlich wusste Adolin, dass sie einer Katastrophe ganz nahe waren. Der König wurde auf einer einfachen Jagd getötet. Das Königreich würde auseinanderfallen, die Großprinzen würden sich entzweien, sobald das schwache Band, das sie zusammenhielt, nicht mehr vorhanden war.
Nein!, dachte Adolin, einerseits verblüfft und andererseits noch immer benommen, während er vorwärtstaumelte.
Und dann sah er seinen Vater.
Dalinar rannte auf den König zu. Er bewegte sich mit einer Schnelligkeit und Anmut, zu der kein Mensch – nicht einmal einer, der einen Splitterpanzer trug – fähig sein sollte. Er sprang über einen Felsgrat, duckte sich und huschte unter einer Klaue hinweg, die in seine Richtung geschwungen wurde. Andere Männer glaubten zu wissen, was es mit Splitterklingen und Splitterpanzern auf sich hatte, aber Dalinar Kholin … manchmal machte er sie alle zu Kindern.
Dalinar richtete sich auf, stürmte vorwärts und entging nur um
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