Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Brückenmann war bei diesem Lauf im hinteren Teil aufgestellt gewesen und hatte keinerlei Wunden davongetragen. »Und Adis und Corl. Sie waren alle an der Front.«
Das ist richtig, dachte Kaladin erschöpft. Wie habe ich das vergessen können … »Dunkl ist tot«, sagte er. »Die anderen leben vielleicht noch.« Er versuchte sich auf die Beine zu kämpfen.
»Idiot«, brummte Fels. »Bleib hier. Ist schon in Ordnung. Ich mach das.« Er hielt kurz inne. »Bin vermutlich auch ’n Idiot.« Er blickte finster drein, ging aber auf das Schlachtfeld hinaus. Teft zögerte, doch dann setzte er Fels nach.
Kaladin atmete gierig ein und aus und hielt sich die Seite fest. Er wusste nicht, was stärker schmerzte: der Schnitt oder der Knochen, gegen den der Pfeil geprallt war?
Leben retten …
Er kroch zu den drei Verwundeten hinüber. Hobber mit seinem Pfeil im Bein konnte warten, und Dabbid hatte nur einen gebrochenen Arm. Gadol hatte es am schlimmsten erwischt: Das Loch in seiner Seite sah böse aus. Kaladin starrte es an. Er hatte keinen Operationstisch, er besaß nicht einmal ein Desinfektionsmittel. Was konnte er tun?
Er schob die Verzweiflung beiseite. »Einer von euch holt mir ein Messer«, sagte er zu den Brückenmännern. »Nehmt es
einem gefallenen Soldaten ab. Und die anderen machen ein Feuer!«
Die Brückenmänner sahen einander an.
»Dunni, du holst das Messer«, sagte Kaladin, während er die Hand gegen Gadols Wunde presste und die Blutung zu stillen versuchte. »Narm, kannst du Feuer machen?«
»Womit denn?«, fragte der Mann.
Kaladin zog zuerst die Weste, dann das Hemd aus und gab es an Narm weiter. »Benutz das zum Anzünden und hol dir ein paar Pfeile. Hat jemand einen Feuerstein und Stahl?«
Glücklicherweise besaß Moasch beides. Die Männer nahmen stets alles Wertvolle, das sie besaßen, mit auf den Lauf, damit die im Lager Zurückgebliebenen es nicht stahlen.
»Schnell, schnell!«, sagte Kaladin. »Jemand muss eine Steinknospe aufreißen und mir die Wasserkalebasse darin geben.«
Für kurze Zeit standen die Männer reglos da. Doch dann taten sie das, was ihnen aufgetragen worden war. Vielleicht waren sie so verblüfft, dass sie nichts zu entgegnen wussten. Kaladin riss Gadols Hemd auf und legte die Wunde frei. Sie sah schlimm aus, sehr schlimm. Wenn die Eingeweide oder innere Organe verletzt worden waren …
Er befahl einem der Brückenmänner, einen Verband gegen Gadols Schläfe zu drücken, damit der kleinere Blutfluss dort gestillt wurde, und sah sich dann die verwundete Seite mit jener Schnelligkeit an, zu der ihn sein Vater erzogen hatte. Rasch kam Dunni mit einem Messer zurück. Narm hatte allerdings Schwierigkeiten mit dem Feuer. Der Mann fluchte und versuchte es noch einmal mit Feuerstein und Stahl.
Gadol zuckte unkontrolliert. Kaladin presste Bandagen gegen die Wunde und fühlte sich hilflos. Bei einer so großen Wunde konnte er keinen Druckverband anlegen. Er konnte überhaupt nichts anderes tun als …
Gadol spuckte Blut und hustete. »Sie sind es, die das Land aufbrechen!«, zischte er und blickte wild drein. »Sie wollen es
haben, aber in ihrer Raserei zerstören sie es. Wie der Eifersüchtige, der seine Reichtümer lieber verbrennt, als dass sie von seinen Feinden genommen werden! Sie kommen!«
Er keuchte. Und dann wurde er still, seine toten Augen starrten himmelwärts, blutiger Speichel rann ihm am Kinn herunter. Seine letzten, beängstigenden Worte hingen noch über den Männern. Nicht weit von ihnen entfernt kämpften und schrien Soldaten, doch die Brückenmänner schwiegen.
Kaladin lehnte sich zurück und war – wie immer – betäubt, nämlich von dem Verlust eines Menschen. Sein Vater hatte immer gesagt, die Zeit werde diese Empfindlichkeit heilen.
Doch damit hatte Lirin Unrecht gehabt.
Er war so müde. Fels und Teft eilten auf die Spalte im Fels zu und trugen jemanden zwischen sich.
Sie hätten ihn doch nicht mitgebracht, wenn er schon tot wäre, sagte Kaladin zu sich selbst. Denk an die, denen du noch helfen kannst. »Halt das Feuer in Gang!«, rief er und zeigte auf Narm. »Lass es nicht ausgehen! Jemand muss die Klinge darin erhitzen!«
Narm zuckte zusammen und schien erst jetzt zu begreifen, dass er tatsächlich ein kleines Feuer entzündet hatte. Kaladin wandte sich von dem toten Gadol ab und machte für Fels und Teft Platz. Sie legten den sehr stark blutenden Leyten auf den Boden. Er atmete flach, zwei Pfeile steckten in ihm – einer in der Schulter und
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