Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
viel über Fabriale, aber sie interessierte sich sehr dafür. Diese Geräte wurden immer beliebter. Noch vor kurzem hatten die Arbeiter des Konklaves Jasnah ein solches geschickt, damit es ihre Gemächer heizte.
Das Wasser kam aus Rohren, die von einem anderen Ort herführten. Wenn man einen Hebel drehte, floss das Wasser heraus. Es war warm, wenn es einlief, und die Fabriale im Rand des Beckens hielten es bei stets gleicher Temperatur. Schallan hatte schon einmal hier gebadet, und es war ganz wunderbar gewesen.
Der Raumschmuck bestand aus Felsstücken mit kleinen farbigen Steinen im Mörtel der Wände. Schallan saß vollständig angezogen neben dem Becken und las, während sie auf Jasnahs Wünsche wartete. Bei diesem Buch handelte es sich um Gavilars Bericht – den er Jasnah vor vielen Jahren erstattet hatte, einem Bericht über das erste Zusammentreffen mit den seltsamen Parschern, die später als die Parschendi bekanntwurden.
Gelegentlich trafen wir während unserer Forschungsreisen mit Eingeborenen zusammen, las sie. Es waren keine Parscher, sondern Natan-Völker mit blasser Haut, breiten Nasen und wollartigen weißen Haaren. Als Gegengabe für unsere Nahrungsgeschenke zeigten sie uns die Jagdgründe der Großschalentiere.
Dann trafen wir auf die Parscher. Es geschah während einer der wenigen Expeditionen nach Natanatan, und so etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen! Parscher, die für sich allein lebten? Alle Logik, Erfahrung und Wissenschaft erklärte dies für eine Unmöglichkeit. Parscher brauchen die Hand zivilisierter Völker, die sie zu lenken vermag. Das wurde immer und immer wieder bewiesen. Wenn sie in der Wildnis zurückgelassen werden, sitzen sie bloß da und tun nichts, bis jemand daherkommt und ihnen Befehle gibt.
Doch hier war eine Gruppe, die jagte, Waffen herstellte, Häuser baute und tatsächlich eine eigene Zivilisation geschaffen hatte. Wir erkannten bald, dass diese einzelne Entdeckung all unser Wissen über unsere sanften Diener erweiterte und in Frage stellte.
Schallan senkte den Blick auf die unterste Zeile der Seite, wo – getrennt durch einen Strich – ein Untertext in einer kleinen, dicht gedrängten Handschrift stand. Die meisten von Männern diktierten Bücher besaßen solche Untertexte, die von der Frau oder dem Feuerer, der oder die das Buch geschrieben hatten, hinzugefügt worden waren. Einer unausgesprochenen Übereinkunft zufolge wurde der Untertext niemals laut gelesen. Hier konnte eine Frau manchmal die Berichte ihres Mannes klarstellen oder ihnen sogar widersprechen. Die einzige Möglichkeit, solche Offenheiten für nachfolgende Gelehrte zu bewahren, bestand in der Heiligkeit und Geheimhaltung des Geschriebenen.
Es sollte angemerkt werden, so hatte Jasnah in den Untertext dieses Abschnitts geschrieben, dass ich die Worte meines Vaters seiner eigenen Anweisung gemäß bearbeitet habe, damit sie sich für eine Aufzeichnung besser eignen. Dies bedeutete, dass sie den Text gelehrter und beeindruckender gemacht hatte. Den meisten Berichten zufolge hat König Gavilar überdies diese seltsamen, eigenständigen Parscher ursprünglich gar nicht beachtet. Erst nach den Erklärungen seiner Gelehrten und Schreiberinnen begriff er die Bedeutung seiner Entdeckung. Dieser Einschub soll
nicht die Unwissenheit meines Vaters hervorheben; er war und ist ein Krieger. Seine Aufmerksamkeit war nicht auf die anthropologische Bedeutung unserer Expedition gerichtet, sondern auf die Jagd, die ihr Höhepunkt sein sollte.
Nachdenklich schloss Schallan das Buch. Es stammte aus Jasnahs eigener Sammlung. Das Palanaeum besaß zwar einige Exemplare davon, aber die Bücher des Palanaeums durften nicht mit ins Bad genommen werden.
Jasnahs Kleidung lag auf einer Bank an der Seite des Raumes. Ein kleiner goldener Beutel lag oben auf den Kleidungsstücken und enthielt den Seelengießer. Schallan warf einen raschen Blick zu Jasnah hinüber. Die Prinzessin schwamm mit dem Gesicht nach oben im Becken, ihr schwarzes Haar trieb wie ein Fächer hinter ihr im Wasser, und sie hatte die Augen geschlossen. Ihr tägliches Bad schien die einzige Zeit zu sein, in der sie sich vollkommen entspannte. Sie wirkte nun viel jünger, war sowohl ihrer Kleidung als auch ihrer Eindringlichkeit beraubt und trieb wie ein kleines Kind nach einem ganzen Tag anstrengenden Schwimmens dahin.
Vierunddreißig Jahre war sie alt. In gewisser Hinsicht war das ein hohes Alter. Einige Frauen in diesem Alter hatten Kinder, die schon so
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