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Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1

Titel: Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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waren. Das Rascheln der Kremlinge, die aus den Spalten krochen, war zu den Schritten seltsamer, rätselhafter Leute aus fernen Ländern geworden. Sie hatte sich großäugige Händler aus Schinovar, Großschalentierreiter aus Kadrix und Schmalbootsegler vom Reinsee erträumt.
    Wenn sie nachts durch Kharbranth ging, hatte sie keineswegs die gleichen Empfindungen. Das Einbilden dunkler Wanderer in der Nacht war früher ein fesselndes Spiel gewesen, doch hier entsprachen solche dunklen Wanderer in der Regel der Wirklichkeit. Anstatt zu einem mysteriösen, spannenden Ort zu werden, wirkte Kharbranth nachts gar nicht anders auf sie als am Tage – nur gefährlicher.
    Jasnah beachtete die Rufe der Rikschafahrer und Sänftenträger nicht. Langsam ging sie in ihrem schönen Kleid aus Violett und Gold dahin, und Schallan folgte ihr in blauer Seide. Jasnah hatte sich nicht die Zeit genommen, ihr Haar nach dem Bad zu frisieren, und so trug sie es lose. Es fiel ihr in Wellen bis auf die Schultern und machte in seiner Freiheit beinahe einen skandalösen Eindruck.
    Sie gingen die Ralinsa entlang – die Hauptdurchgangsstraße, die in Serpentinen von den Bergen hinunterführte und das Konklave mit dem Hafen verband. Trotz der späten Stunde war die Straße stark bevölkert, und viele der Männer, die hier entlangliefen, schienen die Nacht in sich zu tragen. Sie wirkten gröber und schattenhafter als in Schallans Heimat. Noch immer drangen Rufe durch die Stadt, doch die Worte und die scharfen Töne trugen die Nacht in sich. Der steile Hang, an dem sich die Stadt hochzog, war so voller Gebäude wie immer, aber auch diese schienen die Nacht in sich einzusaugen. Sie wirkten ebenso geschwärzt wie
Steine, die von einem Feuer verkohlt worden waren. Hohle Überreste.
    Die Glocken läuteten noch immer. In der Finsternis war jedes Läuten ein kleiner Schrei. Ihr Beben verursachte bei Schallan das Gefühl, dass der allgegenwärtige Wind ein lebendiges Ding war und bei jedem Vorübergehen eine klingelnde Kakophonie verursachte. Eine Brise erhob sich, und eine Lärmlawine donnerte die Ralinsa herunter. Beinahe hätte sich Schallan geduckt.
    »Hellheit«, sagte sie, »sollten wir nicht nach einer Sänfte rufen?«
    »Eine Sänfte könnte die Lektion beeinträchtigen.«
    »Ich würde die Lektion gern bei Tageslicht lernen, wenn Ihr nichts dagegen habt.«
    Jasnah blieb stehen und blickte von der Ralinsa in eine dunklere Seitenstraße. »Was hältst du von dieser Straße, Schallan?«
    »Sie scheint mir nicht besonders anziehend zu sein.«
    »Und dennoch stellt sie den direktesten Weg von der Ralinsa zum Theaterviertel dar«, sagte Jasnah.
    »Sind wir dorthin unterwegs?«
    »Wir sind nirgendwohin unterwegs «, sagte Jasnah und betrat die Seitenstraße. »Wir handeln, wägen ab und lernen dazu.«
    Nervös folgte ihr Schallan. Die Nacht verschluckte sie, nur ein gelegentliches Licht aus einer noch offenen Taverne oder einem Laden bot Beleuchtung. Jasnah trug ihren schwarzen, fingerlosen Handschuh über dem Seelengießer und verbarg so den Glanz der Edelsteine.
    Schallan hatte eine gebückte Haltung eingenommen und kroch dahin. Ihre Füße spürten durch das Schuhwerk hindurch jede Veränderung des Untergrundes, jeden Kiesel und jeden Riss. Besorgt sah sie sich um, als sie an einer Gruppe von Arbeitern vorbeikamen, die sich in der Tür einer Taverne versammelt hatten. Natürlich waren es Dunkelaugen. In der Nacht wirkten sie gefährlich.

    »Hellheit?«, fragte Schallan mit gedämpfter Stimme.
    »Wenn wir jung sind, wollen wir einfache Antworten hören«, sagte Jasnah. »Es gibt vielleicht nichts Typischeres für die Jugend als den Wunsch, dass alles so ist, wie es sein soll. Und wie es immer gewesen ist.«
    Schallan runzelte die Stirn und beobachtete über die Schulter hinweg noch immer die Männer vor der Taverne.
    »Je älter wir aber werden«, fuhr Jasnah fort, »desto mehr fragen wir. Wir fragen nach dem Grund. Dennoch wollen wir auch weiter, dass die die Antworten einfach bleiben. Wir nehmen an, dass die Menschen um uns herum – die Erwachsenen, die Anführer – diese Antworten besitzen. Was immer sie uns geben, stellt uns zufrieden.«
    »Ich war aber nie zufrieden«, sagte Schallan. »Ich wollte immer mehr haben.«
    »Du standest schon früh in der Reife«, sagte Jasnah. »Was du beschreibst, geschieht mit den meisten von uns erst, wenn wir älter werden. In meinen Augen hat es sogar den Anschein, als ob Altern, Weisheit und Verwunderung

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