Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
eine bedrückend harte Arbeit für ihn. Dreiundzwanzig Jahre alt, und schon ein Krüppel, dachte er. Er verspürte noch immer andauernde Schmerzen. Der Bruch war schlimm gewesen, der Arzt hätte ihm beinahe das ganze Bein amputiert. Vielleicht sollte er dankbar dafür sein, dass es am Ende doch nicht nötig gewesen war, aber er würde zum Gehen immer einen Stock brauchen.
Scrak spielte mit irgendetwas im Sitzgrün. An dieser Stelle wuchs Gras, das von allen Ranken frei gehalten wurde. Die
große Axthündin rollte sich herum, nagte an einem Gegenstand und hatte die Antennen dicht an den Kopf gezogen.
»Scrak«, sagte Balat und humpelte auf ihn zu, »was hast du denn da, meine Kleine?«
Die Axthündin blickte zu ihrem Meister hoch und richtete die Antennen auf. Sie trompetete etwas mit zwei Stimmen, die sich überlagerten und dabei laut hallten. Dann spielte sie weiter.
Verdammtes Geschöpf, dachte Balat zärtlich, nie gehorcht es richtig. Seit seiner Kindheit züchtete er Axthunde, und wie bereits viele vor ihm hatte er herausgefunden, dass das Tier umso unwilliger gehorchte, je klüger es war. Oh, Scrak war treu, aber sie beachtete ihren Herrn nicht, wenn es um kleine Dinge ging. Sie war wie ein Kind, das versuchte, seine Unabhängigkeit zu beweisen.
Als er näher kam, sah er, dass es Scrak gelungen war, einen Sangling zu fangen. Die faustgroße Kreatur schien wie eine spitz auslaufende Scheibe geformt zu sein. Vier Arme stachen aus den Seiten hervor und kratzten rhythmisch über die Oberfläche. Vier gedrungene Beine an der Unterseite hielten das Wesen normalerweise an einer Steinwand fest, aber Scrak hatte sie bereits abgenagt. Zwei der Arme waren ebenfalls bereits abgelöst, und der Hündin war es gelungen, die Schale zu knacken. Gern hätte Balat auch noch die letzten beiden Arme ausgerissen, aber er beschloss, Scrak ihren Spaß zu lassen.
Scrak ließ den Sangling fallen und schaute zu Balat auf; ihre Antennen hoben sich neugierig. Sie war schlank und geschmeidig und streckte sechs Beine vor sich aus, während sie sich auf die Hinterpfoten setzte. Axthunde besaßen weder Panzer noch Haut; ihr Körper war mit einer Mischung von beidem bedeckt: angenehm weich und dehnbarer als eine Schale. Aber härter als Haut und aus einzelnen Abschnitten bestehend, die ineinandergeschoben waren. Das kantige Gesicht
der Hündin wirkte neugierig. Sie sah Balat mit ihren tiefschwarzen Augen an und trompetete leise.
Balat lächelte, streckte die Hand nach ihr aus und kraulte sie hinter den Ohrlöchern. Das Tier drängte sich gegen ihn – vermutlich wog es genauso viel wie er selbst. Die größeren Axthunde reichten einem Menschen bis zur Hüfte, aber Scrak stammte aus einer kleineren und schnelleren Rasse.
Der Sangling erzitterte. Balat trat heftig auf ihn und zerbrach dadurch die Schale und die starken äußeren Kiefer.
»Bin ich ein Feigling, Scrak?«, fragte Balat und setzte sich auf eine Bank. Er legte seinen Stock beiseite und packte eine kleine Krabbe, die sich an der Seite der Bank versteckt hatte. Ihre Schale war so weiß geworden, dass sie auf dem Stein nicht auffiel.
Er hielt das sich windende Tier hoch. Das Gras an diesem Ort war eine Züchtung, die nicht so furchtsam war. Es steckte die Halme bereits wieder hervor, kurz nachdem Balat vorbeigegangen war. Auch andere exotische Pflanzen blühten hier und kamen aus Löchern oder Rissen im Boden hervor. Bald schwankten Flecken aus Rot, Orange und Blau im Wind um ihn herum. Natürlich blieb die Erde in der Nähe der Axthündin kahl. Scrak hatte so viel Freude an ihrer Beute, dass sogar die veredelten Pflanzen in ihren Verstecken blieben.
»Ich hätte nicht auf die Jagd nach Jasnah gehen können«, sagte Balat und machte sich daran, der Krabbe die Beine auszureißen. »Nur eine Frau kann nahe genug an sie herankommen, um den Seelengießer zu stehlen. Da waren wir einer Meinung. Außerdem muss jemand hierbleiben und sich um die Bedürfnisse des Hauses kümmern.«
Das waren jedoch hohle Entschuldigungen. Er fühlte sich tatsächlich wie ein Feigling. Er zupfte noch ein paar weitere Beine ab, aber das blieb unbefriedigend. Die Krabbe war zu klein, die Beine lösten sich zu leicht.
»Dieser Plan wird vermutlich nicht einmal glücken«, sagte er, während er das letzte Bein ausriss. Diese Kreaturen sahen
seltsam aus, wenn sie keine Beine mehr hatten. Die Krabbe lebte noch. Aber woran konnte man das erkennen? Ohne Beine, mit denen sie umherwedeln konnte, wirkte sie wie
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