Der Weg des Feuers
in den verschiedensten Größen verstaut waren. Zwei Säulen, die die Tür zu einer kleinen Kapelle umrahmten, trugen das Gesicht der Göttin Hathor. Das Gesicht von Isis.
»Sie hat uns in die Goldene Stadt geleitet«, sagte Iker leise. Im Inneren des Heiligtums waren viele kleine Goldbarren sorgfältig aufgereiht.
Bina litt so schreckliche Schmerzen, dass sie den Propheten anflehte, sie zu töten. Angesichts der Schwere ihrer Verwundung hätte das Bein eigentlich abgenommen werden müssen. Es gelang ihm jedoch, sie zu beruhigen und mit geheimnisvollen Pflanzen zu behandeln, die ihm die nubischen Zauberer gebracht hatten.
Sollte der Pharao glauben, er habe die schreckliche Löwin handlungsunfähig gemacht, hatte er sich getäuscht. Der Prophet legte die Königin der Türkise auf Binas Wunde und beschleunigte so deren Heilung.
Die junge Frau hatte bereits aufgehört, jene gellenden Schreie auszustoßen, in denen sich ihre Stimme mit der der Raubkatze vermischt hatte. Unter dem Einfluss schwerer Schlafmittel dämmerte sie stundenlang vor sich hin.
Obwohl die Kuschiten die Armee von Triah verloren hatten, gehorchten ihre Überlebenden und einige nubische Stämme weiterhin dem großen Zauberer. Viele Krieger hörten auf seine Worte. Der neue Gott würde ihnen helfen, Sesostris’ Truppen zurückzuschlagen, die Festungen zu zerstören und über ganz Ägypten herzufallen. Und vor der Zukunft, die der Prophet predigte, gab es kein Entrinnen: Alle Ungläubigen mussten sterben.
»Die Ägypter bauen ihre Festungen unvorstellbar schnell«, berichtete Schiefmaul. »Jetzt sind sie dabei, sich in Shalfak einzurichten! Von diesem Felsvorsprung aus können sie den Fluss und die Wüste noch besser überwachen.«
»Sorge dafür, dass sie den Bau nicht fortsetzen können.«
Schiefmaul fühlte sich gestärkt.
»Shalfak einzunehmen, wäre ein schöner Erfolg! Von dort wären wir nur sehr schwer wieder zu vertreiben. Wie üblich machen wir natürlich keine Gefangenen!«
»Was ist aus unserer falschen Karawane geworden, die einer feindlichen Streife auflauern sollte?«
»Sie ist in der Wüste verschwunden, wahrscheinlich ist sie einem Gegenangriff von Sesostris zum Opfer gefallen. Dieser Riese lässt uns kaum Handlungsspielraum und versetzt uns Schlag auf Schlag. Trotzdem werden wir ihn besiegen!«
Schiefmauls Zuversicht beflügelte seine Krieger. Aber der Prophet blieb vorsichtig. Je weiter Sesostris siegreich nach Nubien vordrang, umso größer wurde seine Magie; nach und nach wurde er so stark wie die Mauern seiner Festungen. Zum Glück gab es aber immer noch einige Schwachstellen.
Sekari saß auf einem Falthocker und trank genießerisch einen schweren Wein.
»Möchtest du noch einen Becher, Iker?«
»Nein danke, ich habe genug getrunken.«
»Du solltest die Traumdeutung lernen! Wenn du dich im Traum Wein trinken siehst, nimmst du Maat in dich auf! Das erlebe ich sehr oft. Und an einem derart ungemütlichen Ort wie diesem hier kann ich mir gar kein besseres Heilmittel vorstellen.«
Die Festung Shalfak, Uaf-khasut, »Die Festung, die die fremden Länder beugt«, war in der Tat alles andere als reizvoll. Zu ihren Füßen wand sich der Nil durch eine Flussenge, die mühelos zu überwachen war. Die Festung hatte bescheidene Ausmaße, aber fünf Meter dicke Mauern und bot Platz für eine kleine Einheit und Vorratsspeicher. Von der Steilküste führte eine Treppe zum Nil hinunter. Nach Shalfak gelangte man ausschließlich durch ein enges, gut zu verteidigendes Tor. Dank ihrer ausgeklügelten Arbeitsweise kamen die Bauleute schnell voran. Solange die Hauptmauer nicht fertig gestellt war, konnte nur von der Wüstenseite her Gefahr drohen. Deshalb sorgten dort der Königliche Sohn und eine Abordnung von Bogenschützen für die Sicherheit der Baustelle.
»›Berausche dich Tag für Tag und Nacht für Nacht‹«, sang Sekari. »›Und vergiss nicht, die besten Weine zu genießen! So bleibst du immer heiter und glücklich, denn sie überschwemmen deine Familie mit Glück und vereinen sich mit dem Gold der Götter.‹ Sind diese Dichterworte nicht wunderbar?«
»Glaubst du nicht, man sollte sie eher im übertragenen Sinne verstehen?«, fragte Iker. »Beschreiben sie nicht den himmlischen Rausch der Vereinigung mit dem Unsichtbaren?«
»Körperlose Zeichen sind wertlos! Wie ist es mit dem Gold, das wir nach Abydos geschickt haben… Wird es helfen?«
Sekari spielte eine Laute. Ihr Klangkörper bestand aus einem
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