Der Weg des Feuers
sie vielleicht auch heilen.
Der Sekretär des Königlichen Rates sah seine Frau erstaunt an.
»Du machst ja heute einen richtig fröhlichen Eindruck!«
»Das hast du Gua zu verdanken. Dieser Arzt ist eine Gnade!«
»Ich hoffe, du plauderst nicht zu viel aus?«
»Nein, nein, sei unbesorgt! Gua kümmert sich ausschließlich um die Behandlung und achtet gar nicht auf das, was ich sage.«
»Umso besser, meine Liebe, umso besser. Erzähle ihm ja nie von mir oder deiner Begabung, fremde Handschriften nachzumachen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Sie schmiegte sich an ihren Mann.
»Du weißt doch, ich bin deine wichtigste Stütze, mein Geliebter.«
Allmählich fühlte sich Medes wieder einigermaßen sicher. Weder der oberste Sicherheitsbeamte noch der Große Schatzmeister waren ihm auf die Schliche gekommen. Dass sie ihn verdächtigt hatten, war nur verständlich, schließlich gab es genug Gerüchte am Hofe. Das Gift, das der Prophet zusammenbraute, breitete sich langsam aus. Es untergrub das Vertrauen und die Grundfesten des Pharaonenreichs. Jeden Tag beglückwünschte sich Medes aufs Neue zu seinem Bündnis mit dem Propheten. Der gab sich bei weitem nicht mit Gewalt zufrieden und wollte auf geschickten Umwegen ans Ziel gelangen.
Der Libanese hatte den Sekretär des Königlichen Rates über eine verschlüsselte Botschaft zu sich bestellt, und Medes machte sich unter den üblichen Vorsichtsmaßnahmen auf den Weg. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihm niemand gefolgt war, meldete er sich bei dem Türsteher und zeigte ihm das Erkennungszeichen – ein Stück Zedernholz, in das die Hieroglyphe für diesen Baum geritzt war.
Die niedrigen Tische im Empfangsraum waren diesmal leer –
nicht die kleinste süße Leckerei.
Und der Libanese hatte auch nichts mehr von seinem umgänglichen Wesen.
»Die Ware trifft in den nächsten Tagen hier ein.«
»Heißt das etwa… «
»Wir bekommen sogar mehr als vorgesehen. Wir können also handeln.«
Medes räusperte sich.
»Hat uns der Prophet wirklich den Befehl dazu gegeben?«
»Habt Ihr jetzt etwa Angst vor den Folgen?«
»Sie werden doch schrecklich sein?«
»Das ist schließlich Sinn der Sache, Medes. Wenn Ihr kalte Füße bekommt, lasst es lieber bleiben.«
»Das würde mir der Prophet nie verzeihen.«
»Ein Glück, dass Ihr das eingesehen habt. Aber diese Weisheit reicht nicht: Seht zu, dass die Behörden uns so wenig wie möglich behindern, damit wir diesen beispiellosen Kampf gegen die Machthaber beginnen können.«
20
Wie jeden Abend ging der Mann, der für die Lampen im Hathor-Tempel von Memphis zuständig war, in den Vorratsraum außerhalb des Gebäudes, um neues Öl zu holen, von dem gerade eine große Menge geliefert worden war. Der Verwalter war ein wenig schrullig und tat seine Arbeit stets mit den gleichen Bewegungen und in der gleichen Reihenfolge. Und er liebte es, das Werk seiner Hände zu betrachten, wenn die Bleibe der Göttin wieder in sanftes Licht getaucht war.
Bedächtigen Schrittes und mit feierlicher Miene trug er die Flamme in den Saal mit der Barke, den er immer zuerst erleuchtete.
Ganz durchdrungen von der Bedeutsamkeit seiner Handlung, zündete er den Docht an. Doch urplötzlich flammte das Öl auf, und eine riesige Flamme verbrannte ihm Hände, Brust und Gesicht. Schreiend vor Schmerz wich er zurück, das Feuer griff auf die heilige Barke über, und der Brand breitete sich aus.
Wie üblich machte der Vorgesetzte der Schreiber, die mit der Verwaltung der Obst-und Gemüsevorräte der Hauptstadt betraut waren, ein misstrauisches Gesicht.
»Kannst du mir versichern, dass dein Rizinusöl wirklich erstklassig ist? Unsere Arbeitsräume müssen einwandfrei beleuchtet werden.«
»Der Hersteller ist sehr zuverlässig.«
»Ich möchte die Krüge noch einmal nachzählen.«
»Das habe ich bereits dreimal gemacht!«
»Schon möglich, aber ich nicht.«
Nach dieser erneuten Überprüfung war der Verwalter endlich bereit, den Beleg zu unterzeichnen, den der Lieferant brauchte, damit ihn die Behörde des Wesirs auszahlte.
Die kommenden Tage versprachen harte Arbeit, weil der Oberschreiber zahlreiche Überstunden verordnen musste, um Verspätungen in seiner Verwaltung aufzuholen. Da er wusste, wie streng Wesir Chnum-Hotep war, konnte er diesen Zustand nicht länger dulden. Also befahl er seinen Angestellten, in nächster Zeit auf die ihnen zustehenden Pausen zu verzichten, um den Rückstand aufzuholen.
Missmutig fügten
Weitere Kostenlose Bücher