Der Weg des Unsterblichen
Seitentasche und zog die schwere Schusswaffe heraus, die ich schon seit Jahren mit mir herumtrug, die ich aber bisher nicht benutzt hatte. Zumindest, waslebende Ziele anging. Ich entsicherte sie, bevor ich dem Mädchen folgte.
Wie ich es aufgrund der Laufrichtung bereits richtig vermutet hatte, bog sie nach ein paar hundert Metern ab und lief in den Wald. Was konnte ein Mädchen ihres Alters mitten in der Nacht einen solchen Ort zu suchen haben? Mein Körper kannte die Antwort bereits, denn sämtliche Härchen auf meinen Armen stellten sich auf.
Ich folgte ihr weiter durch den Wald, dicht an Boden und Bäume gebeugt, damit sie mich nicht bemerkte, lautlos wie ein Raubtier auf Beutejagd. Was würde mein Vater besänftigt, vielleicht sogar erfreut sein, wenn ich ihm schon am ersten Tag in der Menschenwelt den Kopf eines Dämons brachte? Das Mädchen hielt an und ich tat es ihr gleich, um sie von einem weiter entfernten Versteck beobachten zu können.
Etwas unsicher sah sie sich um, Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben und ich fragte mich, was sie so erschreckt hatte.
»Azriel?« Ihre Stimme war leise, aber in dieser stillen Umgebung schnitt sie sich laut durch die Nacht.
»Du bist schon zurück?«
Zeitgleich mit dem Mädchen zuckte ich zusammen und sah in die Krone des Baumes hinauf, unter dem sie stand. Von einem dicken Ast sprang ein Junge elegant auf seine Füße und ein Grinsen huschte über sein Gesicht, von dem mir die Finger unangenehm zu kribbeln begannen.
»Was schaust du denn so erschrocken?«
Da ich im Leben noch nie einen Dämon gesehen hatte, betrachtete ich ihn besonders genau. Unter der schwarzen Kapuze blitzten die hellen, dämonisch gelben Augen hervor, er schien amüsiert. Ich erkannte sofort, dass die ganzen Geschichten über diese Wesen ziemlich übertrieben gewesen waren, zumindest was ihr Äußeres betraf. Dennoch war er ein Dämon, und obwohl er nicht gefährlich aussah – ich wusste, dass er es werden konnte. Also zog ich meine Waffe und erhob sie hochkonzentriert in seine Richtung.
»Sie wollen uns einsperren!« Der hysterische Aufschrei des Mädchens irritierte mich für eine Sekunde. »Sie wollen uns alle Freiheiten nehmen und rund um die Uhr beobachten, ich halte das nicht aus!« Sie sprang auf ihn zu und damit direkt in meine Schusslinie und packte ihn am Pullover. »Azriel, du musst sofort hier abhauen, sonst schnappen sie dich im Handumdrehen!«
»Noé, komm erst mal wieder runter.«
Ich zielte noch einmal, trotz der erschwerten Situation. Gerade hatte ich den Finger an den Abzug gelegt und war bereit, abzudrücken, als sich der dämonisch amüsierte Blick auf mich richtete. Für einen kurzen Moment hielt ich seinen Blick fest. Als sich der Schuss aus meiner Waffe löste, reagierte er so schnell, dass ich seiner Bewegung gar nicht folgen konnte. Er stieß das erschrockene Mädchen zur Seite und sprang selbst aus der Schusslinie, ohne die sarkastisch grinsende Miene auch nur für eine Sekunde zu verlieren.
Ich biss mir auf die Unterlippe und spürte Wut in mir aufsteigen, als ich mit erhobener Waffe aus meinem Versteck sprang.
»Du musst etwas früher aufstehen, wenn du mich treffen willst. Und vor allem noch viel geschickter werden, damit ich dich nicht bemerke…« Der Dämon grinste mich frech an, und mit vor Zorn zitternder Hand zielte ich noch einmal und schoss blitzschnell. Aber er machte nur einen kleinen Schritt zur Seite, als wüsste er genau, wo die Kugel einschlagen würde. Ein höhnisches Lachen, dann löste er sich direkt vor meinen Augen in Luft auf.
Etwas ungläubig starrte ich auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Auf einmal spürte ich den eiskalten Wind um mich herumtanzen, den das Adrenalin in meinen Adern mich bisher nicht hatte spüren lassen. Mein erster Dämon und ich hatte es nicht einmal geschafft, ihn zu verletzen. Sein höhnisch grinsendes Gesicht brannte sich in mein Gehirn ein und ließ die Wut hochkochen wie ein Topf mit Wasser kurz vor dem Siedepunkt.
»Du!« Ich spuckte das Wort aus, als wäre es etwas Widerliches, das ich schnell loswerden wollte. Das angesprochene Mädchen, das immer noch am Boden saß, zuckte unter meinem Blickzusammen und riss entsetzt die Augen auf. Sie waren von so vielen Farben, dass man gar nicht mehr einzeln erkennen konnte.
»Du kommst mit mir, los!« Mein ganzer Zorn entlud sich ausnahmslos auf sie. Als sie unbewegt, wahrscheinlich starr vor Angst, sitzen blieb, ging ich einen Schritt nach vorn,
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