Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition)

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 1: Die Erwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica O'Rourke
Vom Netzwerk:
vollgestopft war. Ein einzelner Rubin schmiegte sich an das matte Messingscharnier des Kästchens.
    Es musste doch einmal Schnee darin gewesen sein, oder? Ihn zu entfernen, hatte Verity wohl für witzig gehalten– oder damit einen Hinweis gegeben. Ich versuchte, das Glasteil von der Standfläche abzuschrauben, aber es rührte sich nicht. Ich versuchte erfolglos, beides auseinanderzustemmen. Ich drehte die Schneekugel um und suchte jeden Zentimeter der Unterseite nach irgendeinem Stöpsel ab, aber sie war komplett versiegelt. Es musste einen Weg geben, ans Innere zu gelangen, aber mir fiel beim besten Willen keiner ein.
    Mein Handy klingelte, und ich suchte danach, während ich immer noch die Schneekugel schüttelte.
    » Na?«, fragte Lena sofort. » Du bist dabei, oder?«
    » Ich kann nicht. Meine Mutter dreht durch.«
    » Wir sind jetzt in der zwölften Klasse! Du musst!«
    Ich ließ mich frustriert aufs Bett fallen.
    » Kümmer dich einfach nicht um sie«, sagte Lena.
    » Sie hat mich praktisch unter Hausarrest gestellt.« Ich warf einen Blick aus dem Fenster auf Colins Truck. » Ich habe Glück, dass ich keine von diesen elektronischen Fußfesseln tragen muss.«
    » Die wäre in der Fußballsaison auch ziemlich lästig«, pflichtete Lena mir bei. » Dann mach’s doch wie so ein Hollywoodsternchen und schleich dich raus.«
    Ich schüttelte weiter die Schneekugel, und die Schatzkiste schien sich zu verschieben, als sei sie von einer der Edelsteinketten aufgestoßen worden. » Was? Das kann ich doch nicht machen!«
    » Komm schon«, drängte sie. » Du hast dir das Recht verdient, ein bisschen Spaß zu haben.«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass die McAllister-Party eigentlich nicht meine Art von Spaß war. Vor sechs Monaten wäre sie das vielleicht noch gewesen– jetzt nicht mehr.
    » Es wird Zeit auszubrechen, Mo«, schimpfte Lena. Die Formulierung ließ etwas im hintersten Winkel meines Verstandes aufblitzen. Luc. Ein paar Eier zerschlagen, hatte er gesagt. Oder?
    » Ich muss jetzt auflegen.«
    » Aber du kommst doch, oder?«
    Dieses eine Mal handelte ich impulsiv. » Ja. Kannst du mich abholen? Aber spät, damit meine Mutter schon schläft?« Und damit mein Bodyguard über Nacht nach Hause gefahren ist?
    » Klar!« Sie klang entzückt und verblüfft zugleich.
    » Wir sehen uns dann.« Die Aufregung in meiner Stimme war echt, aber sie hatte nichts mit der Party zu tun.
    Ich sprang aus dem Bett und trippelte die Treppe hinunter. Ich hatte nur wenig Zeit, bis meine Mutter aus dem Diner zurückkam, und ich wollte wirklich nicht erklären, was ich zu tun vorhatte.
    In der Küche hob ich die Schneekugel mit beiden Händen hoch und schmetterte sie mit voller Wucht auf den Rand des Spülbeckens.
    Nichts passierte.
    Ich tat es noch einmal, zwei heftige Schläge. Zum Lohn für meine Mühe hinterließ ich eine winzige Delle im glatten Glas und eine weit größere im Emailüberzug der Spüle. Toll. Ich brauchte etwas Härteres– etwas, bei dem meine Mutter es nicht bemerken würde, wenn es übel zugerichtet wurde.
    Die Einfahrt. Ich rannte hinten durch die Veranda hinaus zum Kantstein. Ich packte fester zu und schmetterte die Schneekugel auf den Boden.
    Der Aufprall durchlief meine Arme. Es fühlte sich seltsam gut an, aber das Glas war weiterhin heil.
    » Komm schon«, ächzte ich, holte noch einmal aus, dann noch einmal. » Komm… schon…«
    Ich war nie jemand gewesen, der etwas kaputtmachte. Ich sagte nie einen Mucks, machte nie viel Aufhebens. Ich war so ein braves Mädchen, ganz wie Luc gesagt hatte, und wohin hatte mich das geführt? Ganz gleich, was ich tat, ich war immer noch Jack Fitzgeralds Tochter. Dass ich brav war, machte ihn nicht weniger kriminell. Es machte Verity nicht weniger tot. Es würde mich nicht einmal nach New York bringen, wo ich einen Neuanfang wagen könnte. Das brave Mädchen zu sein hatte mir verdammt noch mal nichts eingebracht.
    Asphaltsteinchen spritzten auf. Einige trafen mich, aber das Glas begann Sprünge und Risse zu bekommen, bis ich die Kugel schließlich hoch über meinen Kopf riss und sie so kräftig abwärtsschwang, wie ich konnte. Sie zerbarst, und Wasser spritzte überallhin. Meine Knie und die Vorderseite meines T-Shirts waren triefend nass, und die Glasscherben ergossen sich in einer funkelnden Welle über die Einfahrt und fingen das Licht des Spätnachmittags ein. Der Harlekin und seine Schatztruhe klammerten sich stur an die Sockelplatte, und ich drehte sie keuchend in

Weitere Kostenlose Bücher