Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
Vom Netzwerk:
der wie ein Schuss widerhallte. Am gegenüberliegenden Ende der Bühne erschien eine in einen Umhang gehüllte Gestalt, die ihre himmelblaue Kapuze hochgezogen hatte, um ihr Gesicht zu verhüllen. Die Menge verstummte schlagartig. Die Stimme des Mannes erhob sich geschmeidig und betörend über das Schweigen. » Die Flache hat uns ins Unglück gestürzt«, rief er. » Sie ist diejenige, die unsere Magie und unsere Anführer zuschanden gemacht hat. Sie sollte den Preis dafür bezahlen.«
    Ich konnte spüren, dass ihn Magie umwaberte, eine unsichtbare, erstaunlich kräftige Strömung. Die anderen mussten sie ebenfalls gespürt haben, sonst hätten sie eine solche Störung nie zugelassen.
    Für einen Sekundenbruchteil verzog Dominic das Gesicht wie ein Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat. Dann hatte er sich wieder gefangen und ließ meisterlich seinen Charme spielen. Er überquerte die Bühne, gefolgt von Orla und Pascal. Ganz der gekränkte Aristokrat rief er mit Stentorstimme: » Wir haben uns hier versammelt, um unserer verblichenen Matriarchin Tribut zu zollen. Du entehrst sie und dein Haus, wenn du solche Reden führst! Als Verity Grey im Sterben lag, hat sie einen entscheidenden Teil ihres Wesens auf dieses Mädchen übertragen. Mittels des Blutes und des Opfers ist eine Flache zum Gefäß geworden. Wir schulden ihr Dank, und ohne Evangelines Hilfe hätten wir das vielleicht nie herausgefunden. Wer bist du, dass du es wagst herzukommen, wilde Anklagen auszustoßen und diese Zeremonie zu besudeln?«
    Der Sprecher schob seine Kapuze zurück und erwies sich als vollkommen gewöhnlicher Mann mittleren Alters. Er war auf nichtssagende Art gutaussehend wie ein typischer Nachrichtensprecher des Lokalsenders. Glatt zurückgekämmtes braunes Haar, tief eingesunkene braune Augen, kantige Züge. Nur das berechnende Funkeln in seinem Blick sorgte dafür, dass man ihn sich überhaupt näher ansah.
    » Anton Renard. Ich bin nicht derjenige, der diese Zeremonie der Lächerlichkeit preisgibt.« Seine Stimme war fiebrig vor Selbstgerechtigkeit, als er sich an die Menge wandte. » Seht ihr, wie machtlos sie sind? Wie schwach? Sie haben einen Bund mit einer Flachen geschmiedet. Sie sind so unfähig, dass sie keine andere Möglichkeit mehr sehen, als unsere Zukunft in die Hände dieses Mädchens zu legen. Seht euch die Magie an, den Schaden, den sie in ihrer Obhut genommen hat! Ihre Zeit ist abgelaufen.«
    » Was sollen wir deiner Meinung nach tun?« Es gelang Dominic, seine Stimme zugleich kraftvoll und lässig klingen zu lassen, aber ich spürte, wie angespannt er war. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Pascal und Orla sein Auftreten nachzuahmen versuchten, und verstand, warum – sie konnten es sich nicht leisten, schwach oder verängstigt zu wirken, nicht vor den Augen so vieler Bögen. Warum entledigten sie sich dieses Mannes nicht einfach? Sie waren doch bestimmt in der Lage, ihn ins Dazwischen zu bomben!
    » Entsagt dem Bund. Erlaubt der Magie, in ihren Naturzustand zurückzukehren. Sie wird uns Bögen wieder zu unserer einstigen Größe verhelfen und uns vom Diktat der Quartoren befreien.«
    » Das klingt ganz fürchterlich nach Verrat, nicht wahr?«, fragte Dominic und ließ den Vorwurf im Raum stehen. Die Menge war angesichts der Anklage wie vom Donner gerührt.
    » Der Magie ergeben zu sein ist kein Verrat.«
    » Du gehörst Evangelines Haus an, nicht wahr?«, fragte Orla. » Du könntest unter die Quartoren erhoben werden. Geht es dir darum? Es kommt mir etwas ungehobelt vor, schon die Hand nach Evangelines Sitz auszustrecken, bevor auch nur ihre Trauerfeier vorüber ist.«
    Luc beugte den Kopf zu mir. » Der Mann ist auf mehr als auf Evangelines Sitz aus. Er gehört zu den Seraphim. Es ist das Beste, wenn wir dich von hier wegbringen.«
    Anton lachte höhnisch über Orlas Worte und ließ die Zuschauer seine Verachtung sehen. Sie beobachteten das Schauspiel gebannt. » Glaubt ihr tatsächlich, dass ich danach streben würde, einer von euch zu werden? Dass mir die Häuser etwas bedeuten? Sie sind noch so ein Relikt.«
    Er schwang den Arm mit ausgestreckter Hand zur Seite und rief etwas in der Sprache der Magie.
    Dreißig Zentimeter entfernt von mir barst das Spiegelbecken. Das Wasser ergoss sich auf den Boden. Ein vielstimmiges Aufkeuchen erhob sich, als jeder Bogen in der Allée entsetzt zurückwich.
    Neben mir riss Luc die Augen auf und stieß mich von den gezackten Steinbrocken weg.
    » Was ist

Weitere Kostenlose Bücher