Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
los?«
» Dieser Stein ist mit Magie getränkt. Er ist unzerstörbar.«
» Nicht mehr«, sagte ich.
Anton ließ den Blick über das Meer von Roben schweifen und sonnte sich in den Blicken, die von Furcht und widerwilligem Respekt zeugten.
» Ich schlage eine neue Welt vor«, sagte er, » gebaut auf dem Schutt der alten, geführt von den Seraphim. Wir werden die Quartoren beseitigen und das Gefäß mit ihnen. Die Anwesenheit dieses Mädchens hier ist anstößig, aber kaum das schwerste seiner Verbrechen.«
Er klatschte kräftig in die Hände und streckte sie dann ruckartig mit erhobenen Handflächen in unsere Richtung. Die Wucht des Schlags schleuderte uns auseinander und ließ Luc kopfüber in die geborstenen Steine stürzen. Ich taumelte nach vorn und landete auf den Knien am Fuße der Stufen. Der schwere Umhang behinderte meine Bewegungen. Anton zerrte mich auf die Füße, raffte den Stoff in seinem Griff zusammen und verdrehte ihn so, dass die Schließe mir auf die Luftröhre drückte. Verzweifelt zerrte ich daran, bis die Seide endlich riss und mich freigab.
» Du hast kein Recht, unsere Gewänder zu tragen«, zischte er. Ein paar Schritte entfernt rappelte sich Luc auf. Blut lief ihm über die Stirn. Bevor ich zu ihm laufen konnte, packte Anton mich am Arm, stieß mich auf die Menge zu und rief: » Das Mädchen selbst ist ein Beweis für den Verrat der Quartoren!« Ich wusste bereits, was er sagen würde, als ich das seltsame, unheilige Funkeln seiner Augen sah. Ich versuchte entsetzt, mich loszureißen, während er verkündete: » Sie ist eine Mörderin. Es war nicht die Sturzflut, die unsere Matriarchin das Leben gekostet hat, sondern sie. Die Flache hat unsere Magie gebraucht, um Evangeline Marais zu ermorden.«
Kapitel 37
Die Reaktion erfolgte augenblicklich – tosender Lärm brach los, und die Menge unter uns geriet in Bewegung. Ebenso schnell sprang Luc mit gezogenem Schwert die Treppe herauf und zielte direkt auf Antons Kehle. » Lass sie los – sonst lasse ich dich hier verbluten!«
» Seht ihr?«, rief Anton. » Der Erbe zieht sie seinem eigenen Volk vor. Sogar er lässt sich täuschen.« Aber er ließ mich zumindest los. » Es ist deutlich geworden, was ich darlegen wollte«, erklärte er, als Luc meine Hand ergriff.
Wir machten einen Bogen um Anton, und Luc blieb weiterhin wachsam.
» Die Treppe hinunter«, sagte er und deutete zur Rückseite der Estrade hinüber. Ich folgte ihm mit zitternden Beinen.
Die Quartoren kamen uns entgegen.
» Bring sie in Sicherheit«, sagte Dominic zu Luc. » Ich regele das hier.«
Er schritt zur Vorderseite der Bühne. Seine hünenhafte Gestalt ließ Anton winzig wirken, und er trat ungleich gebieterischer auf. Als er die Hand hob, senkte sich Schweigen herab, als hätte er die Menge magisch verstummen lassen. Luc scheuchte mich die Stufen hinunter, aber ich konnte dennoch Dominics Worte hören, die eine Unterbrechung der Zeremonie verkündeten und die Seraphim und ihre Entweihung der Trauerfeier für Evangeline verhöhnten. Alles drehte sich, aber das war mir gleichgültig. Ich wollte nur weg.
Wir eilten einen muschelbestreuten Weg entlang und brachten so viel Abstand zwischen uns und die Trauergemeinde wie nur irgend möglich. Als wir stehen blieben, sank ich erschöpft zu Boden.
» Nun ja«, sagte ich. » Das war nicht ganz das, was ich erwartet hatte.«
Luc setzte sich neben mich. » Da bist du nicht die Einzige.«
Ich lehnte mich an ihn, und der Klang seines Herzschlags beruhigte meinen.
» Du hast gesagt, die Allée wäre neutraler Boden und dass dort niemand Magie gegen eine andere Person einsetzen könnte. Weshalb war Anton in der Lage, uns anzugreifen?«
Er rieb an einem Schmutzfleck auf meiner Wange herum und half mir dann auf. » Neutralität ist ein Prinzip, eine Regel, die in uralten Zeiten aufgestellt worden ist und dazu dienen soll, den Frieden zwischen den Häusern zu wahren. Es sieht so aus, als ob Anton mit alten Regeln nicht viel anfangen kann.«
» Er wollte etwas demonstrieren«, sagte Orla. Sie und Pascal kamen den Pfad entlang und gingen langsam, damit Marguerite mit ihnen Schritt halten konnte. » Die Seraphim glauben, über den Regeln unserer Welt zu stehen.«
» Schön zu sehen, dass du zugibst, dass sie tatsächlich existieren«, sagte Luc.
» Ich habe mich getäuscht.« Sie wirkte, als ob der Gedanke sie anwiderte. » Sie existieren, und, schlimmer noch, sie sind gefährlich. Die Leute hören auf sie. Sie sind
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