Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
Außenwelt der silbrige Faden um mein Handgelenk. Das vertraute, berauschende Gefühl von Allmacht war machtvoll, aber ich wandte mich davon ab. Es hatte für mich keinen Reiz mehr. Ich hatte selbst nach Antworten gesucht und statt Frieden nur Herzzerreißendes gefunden.
Ich hatte genug Wahrheit für ein oder gar drei Leben erfahren.
Die Magie schien sich zurückzuhalten, auf Anweisungen zu warten. Vor meinem inneren Auge sah ich Linien – schön, verschlungen und stark, ineinander verflochten wie ein Zopf. Meine Finger formten die rohe Energie, verdrehten und wanden sie vom Instinkt geleitet, um neue Linien zu bilden. Als die Magie wieder ungehindert zu strömen begann, seufzte ich erleichtert auf und ging daran, mich in mich selbst zurückzuziehen und die Linien zurückzulassen.
Und dann ging etwas schief.
Der Strom der Magie durch mich hindurch wurde langsamer, kehrte sich um und begann wieder auf mich einzubranden. Genau so, wie es auf dem Golfplatz geschehen war.
Diesmal gebot niemand ihm Einhalt.
Die rohe Magie begann mit meinen Knochen, meinen Muskeln und meinem Blut zu verschmelzen. Unerklärlicherweise brannte der Schmerz immer heftiger. So war es beim letzten Mal nicht gewesen – es war, als ob jede einzelne Zelle meines Körpers sich von innen nach außen kehrte. Mir wurde bodenlos schwarz vor Augen, als würde ich einen Nachthimmel ohne Sterne sehen. Die Magie versengte mich wie ein Feuerbrand, und es gab kein Entkommen.
Kein Entkommen bis auf Luc. Er hatte mich beim letzten Mal zurückgerissen, die Verbindung zwischen uns war zum rettenden Strohhalm geworden. Jetzt war sie mein einziger Weg nach Hause.
Ich tastete blind nach dem leuchtenden Faden, der uns verband. » Wo bist du?«, wimmerte ich, aber es erfolgte zur Antwort keine Aufwallung von Magie, und ich spürte nicht, dass er nach mir griff.
» Luc!«, schrie ich. » Bitte!«
Die Magie war unersättlich. Ich verlor mich selbst, strampelte gegen das Nichts an, versuchte mich ihm zu entziehen und war zu schwach, es allein zu tun.
Und dann packte mich Luc und zerrte mich mit einem Aufschrei hinaus.
Irgendetwas riss – sowohl tief in meinem Innern als auch unmittelbar außer Reichweite, quälender als alles, was zuvor geschehen war. Ich taumelte aus dem Netz von Linien heraus in Lucs Arme und warf uns beide um.
Luc federte den Sturz ab und landete auf dem Rücken, und ich glitt wie knochenlos von ihm herunter. Er kauerte sich über mich und rief etwas.
Ich konnte ihn über das Rauschen in meinem Kopf hinweg nicht hören. Seine Augen waren das Grünste, was ich je gesehen hatte, wie Krokusblätter, die durch den Schnee hochragten, während alles andere ins körnige Schwarz-Weiß eines Stummfilms verblasste. Auch Lucs Augen verblassten, und am Ende sah ich überhaupt nichts mehr.
Kapitel 38
Panik flatterte in meinem Brustkorb umher wie ein gefangener Vogel. Als ich die Augen öffnete, sah ich schneeweißes Leinen vor mir ausgebreitet, dahinter einen Marmortisch mit einem Glas Wasser. Durch die Fensterscheiben war verschwommen die hell erleuchtete Feierstimmung des nächtlichen French Quarter zu sehen.
Und dann wurde ich mir schlagartig des Arms bewusst, der schwer auf mir ruhte, die Finger eng um meine Rippen gelegt, ein paar Zentimeter entfernt von heiklen Regionen. Lucs Körper war an meinen geschmiegt. Unsere Knie und unsere Füße waren ineinander verflochten. Mein Haar regte sich in seinem Atem, der mir über die Schulter strich, aber Luc schlief weiter. Das Heben und Senken seiner Brust an meinem Rücken blieb langsam und regelmäßig, ganz anders als mein stolpernder Herzschlag.
Meine dünne Fassade von Beherrschung begann Risse zu bekommen. Sie würde jeden Moment völlig zusammenbrechen. Dahinter lagen ein Abgrund der Begierde und das Wissen, dass ich nie mehr sicheren Boden unter den Füßen spüren würde, wenn ich mich hineinstürzte. In dem Versuch, etwas Abstand zwischen uns zu bringen, wand ich mich unter der Last seines Arms hervor.
» Wenn du weiter so zappelst, könnte ich noch auf den Gedanken kommen, dass du an etwas ganz anderem interessiert bist als nur daran zu schlafen.«
Ich erstarrte. » Du bist wach.«
Er bewegte sich, und sein Körper passte sich meinem an. Die Kolibris in meiner Brust flatterten schneller, und nur wenige von ihnen hatten Angst. » Ich habe auf dich gewartet. Ich werde langsam ziemlich gut darin.« Er drückte mir sacht einen Kuss auf den Nacken. » Fühlst du dich so weit gut?«
»
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