Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
Gut« war nicht der Ausdruck, den ich verwendet hätte, besonders jetzt nicht. Ich versuchte mich umzudrehen, aber sein Bein hielt mich fest, und seine Hand lag ausgebreitet auf meiner Brust, direkt über meinem Herzen.
» Was ist geschehen?«, fragte ich.
» Du hast es überlebt«, sagte er und presste sich sogar noch enger an mich. Es war, wie mir aufging, nicht allein Lust, die ihn trieb – obwohl bei Luc Lust immer eine Rolle spielte –, sondern auch Erleichterung.
Er schmiegte das Gesicht zwischen meinen Hals und meine Schulter. Da ich die winzigen Zeichen, nach denen ich in seinem Gesicht zu suchen gelernt hatte, nicht sehen konnte – die Bewegungen seiner Mundwinkel, seine Blickrichtung, seine gerunzelte Stirn –, sagten mir nur seine Berührung und seine langsame, unregelmäßige Atmung, wie schlimm alles gewesen sein musste.
» Es hat nicht funktioniert.« Es war keine Frage. Die Frage, die sich wirklich stellte, war die, wie viel Schaden entstanden war. Ich war noch nicht bereit, die Antwort darauf zu hören. » Wie lange war ich bewusstlos?«
» Eine Weile. Es ist Mitternacht. Die Quartoren werden bald hier sein.« Er seufzte und ließ mich los. Ich drehte mich um und war entsetzt über seine Blässe. Normalerweise hatte seine Haut einen bräunlichen Goldton, aber jetzt war sie von einem Grauschleier überzogen, und seine Augen waren stumpf.
» Du hast mich geheilt«, sagte ich.
» Ich werde mich nicht dafür entschuldigen«, erwiderte er.
» Nein. Ich freue mich darüber. Danke.«
Er ließ die Finger über meine Stirn und meine Wangenknochen gleiten, während er mir mit einem Daumen über die Lippen strich. Die Traurigkeit, die in seinem Gesicht lag, stand im Widerspruch zur Zärtlichkeit der Geste. Es gab etwas, das er mir nicht sagte – etwas Schreckliches. » Warum kommen die Quartoren her?«
Er schlüpfte aus dem Bett und zog mich mit.
» Um eine Strategie zu entwerfen, vermute ich. Ganz sicher bin ich mir nicht.«
Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. » Du weißt über alles Bescheid, was die Quartoren tun. Du bist geradezu ein Ehrenmitglied.«
» Sie rücken enger zusammen«, sagte er und blickte zu Boden, als sei es beschämend, das einzugestehen. » Ich habe dich herausgerissen. Als die Magie die Oberhand gewonnen hat, habe ich gespürt, wie du zu entkommen versuchtest. Ich habe gespürt, welche Angst du hattest, und ich konnte … ich konnte dich nicht dortlassen.«
» Du hast mich gerettet. Ist das nichts Gutes?«
» Ich dachte, das wäre es«, antwortete er. » Aber sie sehen das wahrscheinlich anders.«
Es klopfte an der Tür. In dem verspäteten Bemühen, nicht so auszusehen, als ob ich noch vor fünf Minuten mit Luc schlafend im Bett gelegen hätte, fuhr ich mir mit den Fingern durch die Haare. Die Verachtung in Orlas Gesicht, als die Quartoren im Gänsemarsch in Lucs Wohnzimmer kamen, zeugte davon, dass mir kein Erfolg beschieden war.
Wir standen stumm da, Dominic und die Übrigen auf einer Seite des Raums, ich auf der anderen, Luc in der Mitte zwischen uns.
Orla ergriff als erste das Wort. » Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die heutigen Ereignisse unerwartet waren.«
Dominics Augen brannten Löcher in mich hinein.
» Die Magie hat die Richtung geändert«, sagte ich in dem Bemühen, mich gegen ihre stummen Vorwürfe zu verteidigen. Ich sah Pascal an. » Wie neulich.«
Pascal hustete. » Wir haben doch schon über die Möglichkeit gesprochen, dass es die Magie stabilisieren würde, wenn du eine Bindung mit ihr eingehen würdest. Alles ist wie vorgesehen verlaufen. Warum hast du den Vorgang abgebrochen?«
» Es war zu viel.« Ich schluckte und erinnerte mich an das Gefühl, von der Magie aus meinem eigenen Körper verdrängt zu werden. » Sie hätte mich getötet.«
» Weil du dich ihr nicht hingeben wolltest«, sagte Orla. » Wenn du durchgehalten hättest …«
» Dann wäre ich jetzt tot. Wir haben beschlossen, dass ich versuchen sollte, neue Linien zu formen, schon vergessen? Wenn ich mit der Magie verschmolzen wäre, dann wäre kein … ich … mehr übrig geblieben.«
» Du bist das Gefäß«, sagte Dominic, und die Wärme, die er mir immer entgegengebracht hatte, war verschwunden. » Wenn die Magie dich aushöhlt und trägt wie ein Einsiedlerkrebs eine Muschelschale, dann soll es eben so sein. Das hast du geschworen. Und du«, sagte er und wandte sich an Luc. » So war das nicht abgesprochen!«
» Wie, abgesprochen?«, fragte ich.
»
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