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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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von Lichterketten und brachten die goldenen Pünktchen in seinen Augen zum Strahlen. Als ich die nächstgelegene Flamme anstarrte und herauszubekommen versuchte, wie sie funktionierte, legte er mir einen Arm um die Taille und ergriff meine freie Hand. Mit geübten Bewegungen führte er mich durch einen einfachen Viererschritt, und ich trat ihm auf die Füße.
    » Tut mir leid!«
    » Macht nichts.« Er wirbelte mich von sich weg und wieder zurück, und ich stolperte und prallte gegen ihn. » Entspann dich.«
    » Ich bin nicht so recht in der Stimmung, mich zu entspannen.« Der Druck seiner Finger durch mein Kleid half dabei auch nicht gerade.
    » Nur einen Tanz. Du trägst schon die Last der Welt, solange ich dich kenne. Du kannst sie für einen Tanz ablegen, nicht wahr?«
    Ich atmete langsam aus und spürte, wie ein Teil der Anspannung aus mir herausströmte, als ob Luc sie mir entzog.
    » Schon besser. Siehst du? Du musst deinem Partner einfach vertrauen.« Er beschränkte sich auf einfache Tanzschritte und behielt mich fest im Griff, und für ein paar Minuten gab es nichts als die Musik und den Rhythmus unseres Atems. Luc wagte sich langsam näher an mich heran, verringerte den Abstand zwischen unseren Körpern, und ich widerstand dem Drang, mich ihm zu entziehen.
    » Warum bist du zu Hause unterrichtet worden?«
    Er seufzte, und sein Atem bewegte mein Haar. » Das ist eine lange Geschichte. Sagen wir einfach, dass die Quartoren zu dem Schluss gekommen waren, dass es das Beste wäre.«
    Vielleicht. Aber irgendetwas hatte ihn vorhin so unglücklich dreinblicken lassen. Es ließ mich zögern, weiter nachzuhaken, aber ich brauchte irgendeinen Teil von ihm, etwas, woran ich mich festhalten konnte. » Erzähl mir etwas über dich. Aus der Zeit, bevor wir uns kennengelernt haben. Erzähl mir etwas Wahres.«
    » Etwas Wahres«, sagte er nachdenklich. Er zog mich näher heran, bis meine Wange an seiner Schulter ruhte und ich ihn riechen konnte, Zimt und Salzwasser. Nach einem Augenblick sagte er: » Das wird dir gefallen. Als ich klein war, fünf oder sechs, war das Lesenlernen eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Bogenkinder lernen beide Arten von Buchstaben – eure und unsere –, weil es gut ist, Zaubersprüche aufzuschreiben, bevor man sie tatsächlich wirkt. Das gibt später weniger Durcheinander.«
    » Das kann ich mir vorstellen.« Ich versank entspannt in seiner Sprachmelodie.
    » Man übt, indem man Buchstaben nachzieht, die in Glastafeln eingraviert sind. Man zeichnet die Windungen der Buchstaben mit einem Pinsel nach. Einer der schönsten Anblicke der Welt«, sagte er, in Erinnerungen versunken. » Die Tinte funkelt wie Juwelen, und das Licht, das durch die Tafeln scheint, erzeugt aus den Zaubersprüchen Muster. An sonnigen Tagen stehen dann Worte der Macht auf jeder Oberfläche – an den Wänden, auf dem Fußboden, auf der Haut, auf den Staubkörnern in der Luft. So, als ob man mitten in dem Zauberspruch stehen würde.«
    Er blickte wieder traurig drein, und ich drückte ihm sanft die Hand. Er blinzelte und wirkte benommen.
    » Das klingt beeindruckend.«
    » Ich werde es dir eines Tages zeigen.«
    » Das würde mir gefallen. Warum haben die Quartoren dich da herausgenommen?«
    Eine ganz leichte Anspannung durchlief seinen Körper. » Sobald das Schicksal einem einen Weg vorgezeichnet hat, ist es das Beste, ihn gleich zu beschreiten, selbst wenn er nicht das ist, was man geplant hat.« Seine Augen – dunkles, bodenloses Grün – blickten in meine, als er mich davonwirbeln ließ und wieder heranholte. Er blieb völlig reglos stehen und brachte mich inmitten der goldenen Lichter und schwelgerischen Musik völlig aus dem Takt.
    » Manchmal überschneiden sich beide, das Leben, das einem bestimmt ist, und das Leben, von dem man träumt … Sie begegnen sich. Das ist selten.« Er zog einen Mundwinkel hoch. » Ungefähr so selten wie du, wette ich.«
    » Luc …«
    » Ich könnte dich mit Magie betören«, sagte er leise. » Ich könnte dich in unsere Verbindung einwickeln, dich mit Diamanten überhäufen, einen Zauber wirken, um dich alles auf der Welt außer mir vergessen zu lassen. Es gibt hundert verschiedene Tricks, mit denen ich dich überzeugen könnte, wie es mit uns steht.«
    Er streifte meinen Mund mit seinem, ein Hauch von einem Kuss, und trat zurück, brach allen Kontakt zwischen uns ab. Mit einer kurzen, knappen Bewegung ließ er die Lichterketten verschwinden. Die Musik, die er in den Raum geholt

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