Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
über. » Mir geht es nicht anders, wann immer ich hier bin.«
» Migräne«, sagte sie langsam und starrte auf den Hof hinaus. » Verstanden.«
Colins Truck fuhr am schneebedeckten Bordstein vor. » Wir sehen uns morgen. Und, Lena?«
Sie wandte sich mir wieder zu. » Ja?«
» Es gilt auch umgekehrt, weißt du? Wenn du also Hilfe brauchst oder reden willst…«
» Klar«, sagte sie, aber ich wusste, dass sie es nicht ernst meinte. » Danke.«
Ich eilte in den eiskalten Nachmittag hinaus. In Chicago zeigt sich der Winter im späten Februar von seiner unerfreulichsten Seite: Die Schneeberge, die die Schneepflüge aufgehäuft haben, sind von den Abgasen grau geworden, die Bürgersteige von Eisbuckeln übersät, und die kalte Luft ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ganz gleich, was der Kalender sagt, alle wissen, dass der Frühling noch Monate und nicht etwa Wochen entfernt ist, und der Sommer kommt einem wie eine Legende vor.
Bevor ich mich in die Wärme des Trucks flüchten konnte, rief eine vertraute Stimme meinen Namen.
» Hättest du nicht hereinkommen können?«, fragte ich Jenny Kowalski. Sie hatte sich die Fleecemütze tief über die Ohren gezogen und das Gesicht im Kragen ihrer Jacke vergraben.
Jennys Vater war der Ermittler der Mordkommission gewesen, der auf Veritys Fall angesetzt worden war. Da er überzeugt gewesen war, dass ihr Tod etwas mit den Verbindungen meines Onkels zur Mafia zu tun hatte, war er mir in einen Düsterlingsangriff gefolgt und von einer Explosion roher Magie getötet worden. Die Bögen hatten den Vorfall vertuscht und die Geschichte in Umlauf gebracht, dass er bei der Explosion eines Gaslecks gestorben wäre, die den Wasserturm von Chicago dem Erdboden gleichgemacht hatte. Jenny sah ihrem Vater nicht ähnlich, aber sie war in seine Fußstapfen getreten– sie gab meinem Onkel die Schuld und wollte, dass ich ihr half, ihn zur Strecke zu bringen.
» Wäre es dir lieber, wenn ich ins Morgan’s komme? Oder zu dir nach Hause? Ja, das wäre vielleicht eine Idee«, sagte sie. » Dann könnte ich deinen Vater kennenlernen. Meine Einladung zu seiner Party ist wohl verloren gegangen.«
» Das hier ist auch nicht gerade diskret«, bemerkte ich. » Colin ist gleich da drüben.«
» Ich mache es kurz. Nick will wissen, ob du immer noch Zugriff auf die Buchführung deines Onkels hast.« Nick Petros war ein investigativer Journalist der Chicago Tribune, der mit Jenny zusammenarbeitete.
» Das mit der Festplatte war ein glücklicher Zufall«, sagte ich. » Ich habe meiner Mutter weisgemacht, ich hätte sie weggeworfen, als wir die neue eingebaut haben, und sie hat nie wieder danach gefragt. Normalerweise habe ich keinen Zugang dazu.«
» Die Festplatte hat sehr geholfen«, sagte sie. » Sie sind nahe daran, die nötigen Beweise gegen deinen Onkel und die Forellis zusammenzubekommen, aber sie brauchen mehr Material. Etwas Hieb- und Stichfestes.«
Ich schlang die Arme um mich, um mich zu wärmen. » Ist das nicht Aufgabe der Polizei?«
» Du kannst Dinge in die Hand bekommen, auf die sie nicht zugreifen können. Die Forellis haben dich nicht in Verdacht. Mo, wir brauchen das. Ich brauche es. Du hast versprochen zu helfen.«
Ich seufzte. Damals war es mir wie eine gute Idee vorgekommen, mich mit Jenny zu verbünden. Sie war eines Nachmittags im Slice aufgetaucht, hatte einen Ordner mit Colins Vorgeschichte und mit Informationen über den Prozess meines Vaters geschwenkt und mir einen Handel angeboten: Antworten im Austausch gegen Beweise. Jetzt machte das alles nur noch schwerer, aber ich konnte mein Wort nicht brechen, und das wusste Jenny. » Ich arbeite heute Abend. Dann werde ich sehen, was ich tun kann. Und jetzt geh, bevor Colin anfängt, Fragen zu stellen.«
Als ich die Tür des Trucks aufzog, umfing mich ein Stoß warmer Luft, und ich seufzte vor Erleichterung. Colin lachte. » Du warst ganze neunzig Sekunden da draußen. Ich glaube, du wirst es überleben.«
» Versuch du mal, bei diesem Wetter einen Rock zu tragen! Dann werden wir ja sehen, wie lange du durchhältst.« Ich zog mir die Handschuhe aus und blies mir auf die Finger, um sie zu wärmen. Mittlerweile hätte ich an die Aufwallung von Freude gewöhnt sein sollen, die mich durchströmte, wann immer ich ihn sah. Aber es war immer dasselbe– seine Augen blickten grau und wissend in meine, einer seiner Mundwinkel hob sich, und das Glück durchzuckte mich, als wäre ich an einem entsetzlichen Tag unerwartet in den
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