Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
es also mit den Seraphim zu Ende? Wie?«
» Darüber musst du dir keine Gedanken machen«, sagte Dominic. » Für den Augenblick ist es das Wichtigste, dich am Leben zu halten.«
Luc berührte meine Hand. » Da komme ich ins Spiel. Wir können einen Bann um die Orte wirken, an denen du dich aufhältst, dir eine Leibwache stellen. Dich vor den Düsterlingen verbergen, wie Evangeline es damals getan hat. Und dann drehen wir den Spieß um, was Anton betrifft.« Er zog eine Augenbraue hoch. » Bist du dabei?«
Ich verknotete die Finger und lauschte auf die Reaktion der Magie. Furcht und verzweifelte Sehnsucht nach Frieden. Und ich hörte noch etwas, ein ganz schwaches Flüstern in meinem Hinterkopf, dass dies vielleicht der Ansatzpunkt war, nach dem ich immer gesucht hatte– nicht die Magie, sondern der gerissene, hungrige Teil von mir, der immer noch Rache wollte.
Evangeline zu töten hatte nicht ausgereicht. Es hatten noch andere Veritys Tod befohlen. Es war nicht fair, dass sie am Leben bleiben sollten, Verity aber nicht. Es war nicht fair, dass ich mich dieser neuen Welt ohne sie an meiner Seite stellen musste. Es war nicht fair, dass alle Pläne, die wir geschmiedet hatten, ruiniert waren und ich sie nun allein in die Tat umsetzen musste. Die Seraphim mussten bestraft werden, jeder einzelne von ihnen. Dieses eine Mal war ich ganz Orlas Meinung: Die Niederlage der Seraphim würde wohlverdient sein. Auch Verity verdiente sie. In gewisser Hinsicht auch ich.
Doch die Quartoren hatten mich schon einmal getäuscht und meine Loyalität zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt. Ich musste vorsichtig vorgehen.
» Ich komme zur Nachfolgezeremonie. Aber das ist alles. Ich stelle mich nicht hin und setze mich vor den anderen Bögen für eure Sache ein.«
Orla zog die Nase hoch. » Wir wollen auch nur deine Anwesenheit, nicht deine Meinung.«
Ich schenkte ihr ein sichtlich unaufrichtiges Lächeln. » Ich bin ja so froh, dass wir einander verstehen.«
Pascal mischte sich ein: » Die erste Nacht der Nachfolge findet in weniger als zwei Wochen statt. Wenn Anton und seine Leute hoffen, den Aufstieg auszulösen, werden sie vorher zuschlagen.«
Luc versetzte mir einen Rippenstoß und versuchte, mich aufzuheitern. » Das klingt, als ob wir schöne Stunden miteinander verbringen werden, Mouse.«
» Stunden…«, hauchte ich und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war fast drei.
Luc verstand, was ich meinte, und fragte: » Sind wir hier so weit fertig?«
Dominic zeichnete, anscheinend abgelenkt, die Symbole auf dem Tisch nach. » Für den Augenblick.«
» Gut.« Wir verabschiedeten uns von Marguerite, und Luc führte mich aus dem Versammlungssaal hinaus, durch den von Kerzen erleuchteten Eingang, die breiten, flachen Stufen der Kathedrale hinunter und auf die Straße. Anders als beim letzten Mal, als unser nächtlicher Spaziergang durch eine gespenstisch schöne, ruhige Stadt geführt hatte, quollen die Straßen nun vor umherschlendernden Leuten über, die große Plastikbecher in der Hand hielten. Es war wie beim » Taste of Chicago« -Fest, nur dass noch mehr los war. Es war lauter, geschäftiger, freundlicher, greller, unordentlicher.
» Was ist hier denn passiert?«, fragte ich, als Luc meine Hand ergriff und mich von dem Festtreiben fortführte.
» Karneval«, sagte er. » Heute geht der Mardi Gras los. Seit Januar wird schon durchgehend gefeiert, und jetzt kommt die schlimmste Zeit.«
Eine Gruppe betrunkener Studenten mit nacktem Oberkörper beugte sich über eines der verzierten Balkongeländer und brüllte mir anzügliche Bemerkungen und Vorschläge zu, wie ich mir Perlen verdienen könnte. Ich ignorierte sie, aber Lucs Miene verdüsterte sich, und er schnippte mit den Fingern und murmelte etwas, das mit » Verdammte Touristen« begann und mit Magie endete. Die Linien schwollen an, als er auf sie zurückgriff.
» Hey, Baby! Zeig uns deine…«
Das Metall erglühte weiß in der Nachtluft, und die Studenten quiekten und heulten, wichen zurück und fuchtelten wild mit den Händen. Brandwunden verunzierten ihre nackten Bäuche dort, wo sie sich aufs Geländer gelehnt hatten, und sie flüchteten in die Wohnung und schrien nach Eis. Ich stolperte hinter Luc her, der seine Schritte beschleunigt hatte.
» Bist du für so etwas nicht zu haben?«, fragte ich.
Leute wichen eilig zurück, um uns Platz zu machen, und da ich nicht spürte, wie Luc auf die Linien zurückgriff, um uns einen Weg durch die Menge zu bahnen,
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