Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
war alt und untersetzt, legte sehr viel Wert auf Etikette und konnte mich absolut nicht ausstehen. Sie runzelte die Stirn, als wir uns der Estrade näherten. Von den drei Bögen vor mir stellte sie die geringste Gefahr dar– ihre Feindseligkeit trat offen zutage, und so konnte ich mich dagegen am leichtesten verteidigen.
» Es ist die Sprache der Magie in reinster Form. Die Symbole bilden die Charta unseres Volks. Sie umreißen die Häuser und damit auch die Stellung der Quartoren«, sagte Pascal und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. » Kein Bogen beherrscht sie perfekt, aber es sind die ursprünglichen Worte der Macht. Alles andere ist eine Entstellung, und sei sie auch noch so gering.«
Wie immer stand Pascal abseits. Seine Miene hellte sich auf, und er musterte mich mit unverhüllter Neugier. Er war der Wissenschaftler der Gruppe. Laut Luc wusste niemand mehr als Pascal darüber, wie die Magie funktionierte. Ich hatte immer den Eindruck gehabt, dass er mich als besonders faszinierendes Experiment betrachtete, was verstörend, aber zugleich eine gewisse Erleichterung war. Er überließ die Hinterlist und Manipulation Dominic. Das war ein Gefecht weniger, das ich bestreiten musste, und mittlerweile betrachtete ich jeglichen Umgang mit den Quartoren als Kampf.
» Wir sind nicht hier, um übers Zauberwirken zu reden«, sagte Dominic.
Ich verschränkte die Arme. » Warum sind wir überhaupt hier? Es ist mitten in der Nacht.«
» Es ist Anton heute Nachmittag gelungen, uns zu entkommen«, sagte Dominic. Man konnte fast hören, wie er bei dem Eingeständnis mit den Zähnen knirschte, und er strich sich das Revers seines Anzugs glatt. » Höchstwahrscheinlich wird er noch einen Angriff auf dich unternehmen. Du benötigst Schutz.«
Ich schnaubte. » Als ob ich darauf vertrauen würde, dass ausgerechnet ihr mich beschützt!«
Orla plusterte sich auf wie eine empörte Taube. » Glaubst du etwa, wir würden dich um Erlaubnis bitten?«
Die Quartoren baten niemanden um Erlaubnis– vor allem keine gemeine Flache.
» Ich brauche keinen Schutz. Ich brauche eine Möglichkeit, die Seraphim zu bekämpfen.«
» Ich bringe dir gern ein paar Nahkampftechniken bei«, sagte Luc.
Ich verdrehte die Augen.
Dominic nickte beifällig. » Keine schlechte Idee. Es gibt auch noch andere Schritte, die wir unternehmen können, aber das ändert nichts daran, dass du uns brauchst.«
» Und ihr erwartet natürlich im Gegenzug etwas von mir. Bietet ihr mir noch einen Bund an? Denn dann würde ich lieber allein versuchen, mit den Seraphim fertigzuwerden.«
» Wir werden dich unter allen Umständen beschützen, denn das ist für unser Volk notwendig«, sagte Orla. » Ganz gleich, was du sonst von uns halten magst, du weißt, dass unsere Häuser für uns an erster Stelle stehen.«
Pascal meldete sich zu Wort und schob sich die Brille auf dem Nasenrücken hoch. » Denk logisch, Maura. Den Seraphim ist bewusst, dass du von der Magie abhängig bist und umgekehrt. Antons Bereitschaft, dir etwas anzutun, deutet darauf hin, dass er auch willens ist, der Magie zu schaden. Es ist nur vernünftig, daraus den Schluss zu ziehen, dass es ihm darum geht, die Verbindung zwischen euch auszunutzen, um den Aufstieg auszulösen. Er wird dich immer wieder angreifen, bis die Magie so schwach ist, dass es so weit kommt.«
Auf einmal verstand ich, und im selben Augenblick bäumte sich die Magie alarmiert auf und strömte durch die Linien wie durch einen gebrochenen Deich. Die Symbole, die in den Tisch vor mir eingeritzt waren, glühten und erschauerten; Licht brach aus ihnen hervor. Orla schnappte nach Luft und taumelte zurück, und Luc schob mich hinter sich.
» Schon gut.« Mir wurde schwindelig, und ich fiel auf die Knie. Luc ließ sich neben mich sinken, beschirmte mich mit seinem Körper und schlang die Arme um mich. » Schon gut«, wiederholte ich und konzentrierte mich darauf, mich zu entspannen, die Magie zu beruhigen, meine Atmung und den raschen Blutfluss durch meine Adern zu verlangsamen.
Stück für Stück legte sich die schreckliche Helligkeit. Mein Herzschlag kam zur Ruhe. Der Raum war wieder klar zu erkennen, und als Erstes sah ich Luc, der mich prüfend musterte und mit beiden Händen sanft mein Gesicht umschlossen hielt.
» Mouse? Bist du verletzt?«
Unsere Verbindung erschauerte, und ich legte eine Hand über seine. » Alles ist gut.« Ich wusste nicht, ob die Worte für ihn oder für die Magie bestimmt waren, als letzter kleiner
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