Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
zweite Geige spielen. Er beschimpfte mich und sagte mir, dass ich nach Hause gehen sollte. Da habe ich ihn provoziert. Ich sagte, wenn er nicht bloß der Laufbursche für das Gefäß wäre, könnte er auch ohne sie große Magie wirken.«
» Also hat er es versucht?«, fragte ich.
» In der Nähe gab es eine Ley-Linie– sie war immer instabil gewesen, wir wussten, dass wir nicht daran herumspielen sollten–, und er öffnete sie. Sie ist ihm über den Kopf gewachsen.«
Mir wurde übel, weil ich wusste, was als Nächstes kam. Was er mit angesehen hatte. » War es wie bei Kowalski?«
» Rohe Magie tötet einen Flachen beinahe sofort«, sagte er. » Bögen… besonders solche mit großen Begabungen… frisst sie von innen auf. Das dauert manchmal eine Weile. Aber man kann es nicht aufhalten.«
» Oh Gott. Luc…« Ich drückte seine Hand.
» Dominic hat gesagt, es wäre Schicksal. Dass Theo nicht gestorben wäre, wenn er der Erbe gewesen wäre. Ich bin der Erbe, also habe ich überlebt, und Theo musste sterben. Das dachte ich zumindest bisher. Das hat man mir immer gesagt.«
Kein Wunder, dass er so sehr auf das Schicksal vertraute. Es war die einzige Möglichkeit für ihn, den Tod seines Bruders zu verstehen.
Ich verschränkte die Finger mit seinen, und was er durchgemacht hatte, brach mir das Herz. » Du hast ihn nicht gezwungen, diese Linie zu öffnen. Er war alt genug zu wissen, wie riskant es war. Er hätte nein sagen können.«
» Ich wusste, dass er das nicht tun würde. Er war nicht der Typ, der einer Mutprobe aus dem Weg gegangen wäre, besonders nicht, wenn sein kleiner Bruder ihn dazu herausforderte. Er hat es meinetwegen getan.«
» Sie hat doch gesagt, dass das Ziel feststeht, nicht wahr? Das heißt, dass du schon immer der Erbe werden solltest. Du. Nicht er. Er wäre ohnehin gestorben. Die Umstände wären vielleicht anders gewesen, aber es wäre so oder so geschehen.« Es kam mir grausam vor, so schonungslos mit ihm zu reden, aber ich wusste nicht, wie ich ihn sonst dazu bringen sollte, mir zuzuhören. » Du warst nicht schuld daran.«
» Es ist leicht für dich, das zu sagen, da du ja ohnehin nicht ans Schicksal glaubst.«
» Es ist alles andere als leicht! Ich weiß ziemlich viel darüber, auf Kosten anderer Leute zu leben, Luc. Dafür muss ich nicht erst an ein Schicksal glauben.«
» Wahrscheinlich nicht«, murmelte er.
Ich versuchte es noch einmal. » Sie sagt nicht, dass du schuld warst. Sie sagt, dass du nicht dein gesamtes Leben auf eine Prophezeiung ausrichten solltest. Vielleicht sollte es auch um dein Herz gehen.«
Da blickte er zu mir auf, und die Seelenqual in seinen Augen war fast mehr, als ich ertragen konnte. » Und wenn es auf dasselbe hinausläuft?«
Ich antwortete nicht. Der Regen prasselte stetig herab und füllte das Schweigen zwischen uns aus.
» Das war genug Wahrheit für einen Tag«, sagte er. » Kümmern wir uns um den Verhüllungszauber und bringen dich dann nach Hause.«
» Danke, dass du mir davon erzählt hast. Dass du es mir anvertraut hast.«
» Ich vertraue dir mein Leben an, Mouse. Sogar noch mehr als das. Gib mir deine Hand.«
Das tat ich, und es gelang mir, sie am Zittern zu hindern. » Dieser Teil tut weh, nicht wahr?«
» Tut mir leid.« Aus dem Dazwischen zog er ein kleines, silbernes Taschenmesser hervor. » Du musst nicht unbedingt hinsehen.«
Ich wandte den Blick ab, und es gelang mir, bei dem stechenden Schmerz nicht zusammenzuzucken. Luc begann in der Sprache der Bögen zu reden, und die Magie stieg auf und fiel mit ein, zog den Schutz seiner Worte tief in mich und breitete sich wie ein Erröten unter meiner Haut aus. Die feuchte Luft wurde schwerer, fast erdrückend. Dann wurde sie wieder leichter, aber Lucs Finger waren immer noch auf meinen unregelmäßigen Puls gepresst.
» Jetzt darfst du hinsehen.«
Der Schnitt selbst war winzig, allenfalls einen halben Zentimeter lang und nicht tief. Ein einzelner Blutstropfen quoll hervor, und Luc tupfte ihn mit einer Serviette ab.
» Jetzt sind die Düsterlinge nicht mehr in der Lage, dich aufzuspüren«, sagte er.
» Aber Anton.«
» Ja. Ich wüsste wirklich gern, wie er das fertigbringt.« Er schüttelte den Kopf. » Du brauchst immer noch Schutz.«
» Nicht mehr lange«, sagte ich.
Kapitel 14
» Irgendetwas stimmt mit deiner Freundin nicht«, sagte Colin, als wir nach Hause fuhren. Luc hatte mich an der Schule abgesetzt, wo Colin auf mich gewartet hatte. » Sollte ich mir Sorgen
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