Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Ja. Ich habe ihr versprochen, dass du den Mund halten würdest.« Sie grinste, aber die volle Wattzahl ihres normalen strahlenden Lächelns war noch nicht wieder erreicht. » Niemand kann so gut etwas für sich behalten wie du.«
» Was ist mit dem Typen an der Suppenküche? Wird das noch Konsequenzen haben?«
» Meine Mutter war zuerst ziemlich in Panik. Sie war nahe daran, mich die Schule wechseln zu lassen, aber mittlerweile hat sie sich beruhigt. Sie war sehr froh, dass Colin da war.«
Das Gefühl, Würmer im Magen zu haben, kehrte zurück.
» Du bist dran«, sagte sie.
» Colin weiß es. Alles. Und jetzt hasst er mich.«
» Er hasst dich nicht.«
» Du hast ihn gestern Abend nicht erlebt. Oder heute Morgen. Es ist, als würde man versuchen, mit einem Gletscher zu sprechen.«
» Er wird schon irgendwann auftauen.«
» Es ist nicht nur die Abmachung mit Billy«, erklärte ich. » Ich habe in seiner Vergangenheit herumgestochert und etwas herausgefunden. Er hat mir gesagt, dass ich mich da raushalten soll, aber…«
» Sieh mal, der Mann ist überfürsorglich, aber das liegt nun einmal in seiner Natur. Es hat ihn umgehauen, dass du den Spieß einfach umgedreht und ihn beschützt hast. Er wird sich daran gewöhnen, er wird dir die Schnüffelei verzeihen, und dann wird zwischen euch alles wieder so sein wie vorher.«
Plötzlich ruhelos, hob ich ein Gesangbuch auf und blätterte es durch.
» Was du doch auch willst«, fügte Lena hinzu und musterte mich aufmerksam.
Ich stellte das Gesangbuch zurück in die Halterung.
» Das ist nicht gerade begeisterte Zustimmung, Mo.«
» Ich will Billy zur Strecke bringen. Colin ist damit nicht einverstanden. Er hält es für gefährlich.«
» Da hat er recht. Aber du musst es dennoch tun.«
» Wenn es mit uns so weitergeht wie vorher, dann werde ich dazu nicht in der Lage sein.« Abgesehen von Billy musste ich mich immer noch mit den Bögen befassen. Ich würde für den Rest meines Lebens an sie gebunden sein, und ich wusste nicht, ob Colin das ertragen konnte.
Luc hatte mich gewarnt, dass ich nicht in beiden Welten leben konnte, und ich hatte ihn ignoriert. Jetzt musste ich mir die Frage stellen, ob er recht hatte.
Kapitel 19
Ich hatte seit dem Herbst nicht mehr die Schule geschwänzt, als Schwester Donna mich auf Bewährung gesetzt und mir die Mitgliedschaft in der Honor Society zu entziehen gedroht hatte. Aber als Lena in den Unterricht ging, blieb ich in der Kapelle und sog den Duft nach Bienenwachs und ausgekühltem Stein ein. Ich entzündete eine Votivkerze für Verity und eine zweite für Kowalski. Meine Hand zitterte so sehr, dass das Streichholz beinahe erlosch.
Und dann setzte ich mich in eine Kirchenbank, dachte über Colin nach und zermarterte mir das Hirn mit der Frage, wie ich alles wieder in Ordnung bringen könnte. Aber mir fiel nichts ein– nichts, was die eisige Mauer des Zorns durchbrechen würde, mit der er sich umgeben hatte. Sie wirkte so undurchdringlich, dass ich noch nicht einmal wusste, wo ich ansetzen sollte.
Ein vernünftigerer Mensch hätte ihm Zeit zum Auftauen gelassen, aber es war Februar. Die Schneeschmelze war noch weit entfernt. Ich musste dafür sorgen, dass Colin und ich uns wieder aufeinander verlassen konnten, bevor sich alles andere auflöste.
Er war jetzt wahrscheinlich im Slice, und wenn nicht dort, dann im Morgan’s. Ich erschauerte bei dem Gedanken, dass Colin Billy die Meinung sagen könnte. Oder vielleicht war er zu Hause, stemmte Hanteln oder brachte irgendeine Tischlerarbeit zu Ende. Ich kannte ihn. Ich konnte ihn aufspüren und ihn dazu bringen, mir zuzuhören. Früher oder später würde er mit mir reden. Wir würden schon eine Lösung finden.
Also stahl ich mich aus der Kapelle und lief nach Norden zur CTA -Bushaltestelle, wobei ich hoffte, dass niemand in der Schule ausgerechnet in diesem Moment einen Blick aus dem Fenster werfen würde.
Ich war noch keine fünfzehn Meter weit gekommen, als Luc sich mir anschloss.
» Ausflug?«
» Lass mich raten. Niobe?«
» Sie war bloß ein bisschen besorgt. Anton läuft schließlich noch frei herum, weißt du? Nur weil die Düsterlinge dich nicht aufspüren können, bist du noch längst nicht sicher.«
» Anton ist mir im Moment ziemlich gleichgültig.«
» Das sollte er aber nicht sein. Der Mann hat es auf dich abgesehen.«
Ich blieb an der Ecke stehen. Höchstens zehn Minuten, bis der Bus kommen würde.
Luc runzelte die Stirn. » Also wirklich, Mouse! Bist
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