Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
fünf. Die Veränderung war irgendwie unumgänglich.«
» Zorn ist eines, Mo, aber das hier ist etwas Größeres. Deine Mutter sieht es auch und macht sich Sorgen. Dein Onkel sieht es und hält es für eine günstige Gelegenheit. Aber ich sehe jemanden, der älter ist, als er sein sollte. Härter, als er sein sollte. Ich versuche doch jetzt, dir etwas Besseres zu bieten.«
Ich zuckte mit einer Schulter. Die Ereignisse der letzten sechs Monate hatten mich verwandelt wie eine seltsame, quälende Alchemie. Unerklärlich und unumkehrbar. Und letzten Endes war es nicht die Schuld meines Vaters. Nur meine eigene.
» Ich habe dich nicht darum gebeten«, sagte ich, aber diesmal lag kein Zorn in meinen Worten.
» Nein. Genau wie Donnelly dich nicht gebeten hat, dich bei Billy für ihn einzusetzen, aber du hast es dennoch getan. Manchmal muss man etwas Schreckliches tun, um etwas noch Schlimmeres zu verhindern. Manchmal muss man schreckliche Dinge zulassen.« Er schlug sich auf die Knie und stemmte sich vom Sofa hoch. » Glaub doch dieses eine Mal deinem alten Vater.«
» Du hast mir keinen Grund dazu gegeben.«
» Zwölf Jahre voller Nonnen, und du bist doch noch nicht dahintergekommen? Deshalb ist es doch Glaube, Süße.« Er ging die Treppe hinauf, mit schweren Schritten, müder, als er es sich anmerken ließ. » Bleib nicht zu lange wach.«
Ich dachte, dass nichts schlimmer werden könnte als die Fahrt zur Schule am Freitag– dass Colin bis zum Montagmorgen ein bisschen aufgetaut sein würde. Er hatte das ganze Wochenende, um über das nachzudenken, was ich getan hatte, und ihm würde klar werden, dass meine Absichten gut waren. Er würde mir vergeben oder zumindest beginnen, mir zu vergeben, und wir würden einen Weg nach vorn finden, selbst wenn es ein steiniger war.
Ich irrte mich, wie üblich.
Er sah mich nicht an. Er wirkte noch nicht einmal verärgert, nur… undurchdringlich. Ich könnte mit den Fäusten auf die Mauer einhämmern, die er hochgezogen hatte, aber es hatte keinen Zweck. Ich würde mir nur blaue Flecken holen.
Ich faltete die Hände im Schoß und wartete. Je länger sich das Schweigen hinzog, desto schwerer war es zu durchbrechen. Bald würde es unmöglich sein. Ich hätte gern geweint, tat es aber nicht. Wenn wir eine Lösung finden wollten, dann durfte sie sich nicht aus der Tatsache ergeben, dass ich Colin leidtat. Wir mussten gleichberechtigt sein. Also schwieg ich wie er und biss die Zähne zusammen.
Als wir vor der Schule hielten, griff ich nach der Tür. » Bis später.«
» Ich habe nie gelogen«, sagte er.
Meine Finger schlossen sich fester um den Riemen meiner Tasche. » Was?«
Er starrte geradeaus. » Ich habe dich nie belogen. Kein einziges Mal.«
» Ich weiß.« Ich schluckte. » Du hast dich nur geweigert, mir die Wahrheit zu sagen.«
Ohne seine Antwort abzuwarten, warf ich mir die Tasche über die Schulter und ging ins Schulgebäude.
Auf den Fluren wogte das gleiche chaotische Menschenmeer wie immer, und ich ließ mich aus alter Gewohnheit davon mitschwemmen und hoffte, dass die Dramen tausend anderer Leute meine eigenen verdecken würden. Ich hielt den Kopf gesenkt, stopfte meine Sachen in meinen Spind und ging in die erste Stunde. Ich konnte mich hier mit Langeweile betäuben, und selbst wenn es nur für einen Tag war, würde es eine Erleichterung sein, keinen Schmerz zu empfinden, nichts zu wollen und sich nicht verantwortlich zu fühlen.
Nur dass Niobe mit der Lehrerin sprach, als ich hereinkam, und es fertigbrachte, zugleich gelangweilt und gebieterisch dreinzublicken. Sie brachen ihr Gespräch ab, als ich zu meinem Tisch ging.
» Was hast du diesmal angestellt?«, murmelte Lena.
» Ich habe irgendwie den Überblick verloren«, antwortete ich.
Mit einer Kopfbewegung bedeutete Niobe mir, dass ich mitkommen sollte. Ich sammelte meine Bücher ein und folgte ihr nach draußen.
» Erstens«, sagte sie, » wenn du schon die Schule schwänzt, tu mir den Gefallen, es mir zu sagen, damit ich mir eine Erklärung einfallen lassen kann. Wann immer du verschwindest, fühlt Schwester Donna sich bemüßigt, mich aufzusuchen und deine Leistungsentwicklung mit mir zu diskutieren. Das nervt.«
» Tut mir leid, dass ich dir solche Umstände mache«, sagte ich und meinte kein Wort davon ernst. Nach dem spöttischen Blick zu urteilen, den Niobe mir zuwarf, fiel sie auch nicht darauf herein. » Was noch? Ich nehme an, du hast von der Nachfolgezeremonie gehört.«
» Das habe
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