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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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die sich abspaltete und aufleuchtete. Kylar blickte von Elene zu seiner Rechten zu Durzo zu seiner Linken, von Durzo zu Elene, von Elene zu Durzo. Da war seine Entscheidung und die Zukunft dieser beiden Menschen. Er konnte Elene töten, die Frau, die er liebte, oder er konnte Durzo töten, der ihn als seinen Sohn großgezogen hatte. In jeder Facette funkelte diese Wahrheit ohne Mitgefühl: Wenn einer lebte, musste der andere sterben.
    »Nein«, sagte Kylar. »Meister, tut es. Tötet mich.«
    Durzo sah ihn an, als traue er seinen Ohren nicht.
    »Sie hat nur mich gesehen. Sie wird für niemanden eine Bedrohung darstellen, wenn ich tot bin. Ihr könnt den Ka’kari nehmen und Eure Tochter retten.«
    In Blints Augen trat ein Ausdruck, den Kylar noch nie zuvor gesehen hatte. Das harte, scharfkantige Gesicht seines Meisters schien weicher zu werden, und es machte ihn zu einem anderen Mann, nicht alt und müde und ausgelaugt, sondern jünger, ein Mann, der Kylar ähnlicher war, als dieser es sich jemals hätte vorstellen können. Durzo blinzelte und schüttelte den Kopf. »Geh einfach, Sohn.«
    Kylar wollte gehen. Er wollte wegrennen, aber er hatte recht.
Es war die einzige Möglichkeit. Er stand wie erstarrt da, aber nicht vor Unentschlossenheit. Er betete nur, dass Durzo handeln würde, bevor er den Mut verlor. Was sage ich da? Ich will nicht sterben. Ich will leben. Ich will Elene von hier fortbringen. Ich will -
    Die Tür zu den Gemächern des Herzogs wurde geöffnet, und die blutbespritzte Herzogin taumelte heraus, und sie schrie: »Mörder! Mörder! Der Prinz wurde ermordet!«
    Durzo handelte sofort. Er krachte gegen Kylar und trieb sie beide zurück in Elenes Zimmer. Es kostete Kylar seine gesamte Geistesgegenwart, nicht auf Elene zu treten, aber Durzo eilte weiter. Er hatte Kylars Umhang gepackt und wirbelte ihn mit der überraschenden Geschwindigkeit und Kraft seiner Magie herum. Kylar explodierte durch das Fenster und hinaus in die Nacht.
    Durch die Gnade des Gottes oder seine Grausamkeit oder durch das pure Glück des Dummen oder durch Durzos übernatürliche Fähigkeiten landete Kylar mitten in einer Hecke. Er krachte durch sie hindurch und fiel auf den Boden. Es war lächerlich; er hatte sich nichts gebrochen, nichts verstaucht, er hatte nicht einmal einen Kratzer abbekommen. Als er aufblickte, sah er Gäste, die auf dem Balkon, auf dem er vor so kurzer Zeit Serah geküsst hatte, die Hälse reckten, aber sie befanden sich auf der anderen Seite der Lampen und konnten ihn nicht erkennen.
    Dann fielen andere in die Schreie im Haus ein, Männerstimmen und Frauenstimmen. Befehle wurden gerufen, und bewaffnete Männer liefen durcheinander, klirrend in ihren Kettenpanzern. Kylar, dem das Herz in der Kehle saß, blickte zum ersten Stockwerk hinauf. Er wusste nicht, ob er fluchen oder lachen sollte. Die Entscheidung lag jetzt nicht mehr in seinen Händen. Er lebte, und es fühlte sich gut an.

    Es gab nichts anderes zu tun. Kylar lief zum Gartentor des Grundstücks, brach das Schloss auf und verschwand in die Nacht hinaus.

42
    Der Gottkönig Garoth Ursuul war wach, bevor der Würdenträger an die Tür seines Schlafgemachs klopfte. Niemand konnte sich diesem Raum nähern, ohne ihn zu wecken. Es bedeutete weniger Schlaf, als ihm vielleicht lieb gewesen wäre, aber er war jetzt ein alter Mann; er brauchte nicht mehr viel Schlaf. Außerdem hielt es die Sklaven wachsam.
    Der Raum war nicht das, was man vielleicht von einem Gottkönig erwartet hätte. Er war offen, hell und luftig, voller schöner Dinge aus plangaischem Buntglas, Elfenbeinspiegel, sethischer Spitze auf dem Bett, unheilverkündender Bärenfelle aus dem Frost auf den Böden und frisch geschnittener Blumen auf dem Schreibpult und dem Kaminsims, alle ausgewählt und arrangiert von einer Sklavin mit ästhetischem Feingefühl. Garoth scherte sich um nichts als die Gemälde. Porträts von seinen Ehefrauen säumten die Wände. Seine Ehefrauen waren aus fast allen Nationen in Midcyru gekommen, und mit wenigen Ausnahmen waren sie alle schön. Zierlich oder gertenschlank, drall oder knabenhaft, hell oder dunkel, alle Bilder gefielen Garoth Ursuul. Er war ein Kenner weiblicher Schönheit, und er scheute keine Kosten, um diesem Laster zu frönen. Schließlich war es ein Dienst an seiner Familie und an der Welt, dass er die bestmöglichen Söhne zeugte. Das war der Punkt, an dem die unattraktiven
Frauen eine Rolle spielten. Er hatte damit experimentiert, Frauen aus

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