Der Weg in Die Schatten
Blick abwandte.
»Wenn ich dir bei irgendetwas anderem helfen kann, werde ich es tun, Kylar. Ich hoffe, das weißt du.«
»Ja, ich weiß es.« Kylar seufzte. »Sei einfach bereit, Jarl. Die Dinge werden sich schneller entwickeln, als irgendjemand erwartet.«
Es klopfte an der Tür.
»Ja?«, fragte Jarl.
Ein Leibwächter streckte den kahlen Kopf herein. »D... Durzo Blint möchte Euch sprechen, Herr.« Der Mann wirkte vollkommen verängstigt.
Kylar versuchte, nach seiner Magie zu greifen, um sich in Schatten zu kleiden, wie er es getan hatte, als er in den Blauen Eber gekommen war.
Nichts geschah. Oh, verdammt. Er machte praktisch einen Hechtsprung hinter Jarls Schreibtisch.
»Herr?«, fragte der Leibwächter Jarl; er konnte Kylar durch den Türspalt nicht sehen.
»Ähm, führ ihn herein«, antwortete Jarl.
Die Tür wurde geschlossen und schon bald wieder geöffnet. Kylar wagte es nicht hinzusehen. Wenn er genug von seinem Gesicht zeigte, um Durzo sehen zu können, würde Durzo auch ihn sehen.
»Ich will weder deine noch meine Zeit verschwenden«, hörte
Kylar Durzo sagen. Leise Schritte wurden hörbar, und der Schreibtisch ächzte, als sich jemand daraufsetzte. »Ich weiß, dass du Kylars Freund bist«, fuhr Durzo fort, nur wenige Zentimeter über Kylar.
Jarl bejahte.
»Ich möchte, dass du ihm so bald wie möglich eine Nachricht zukommen lässt. Ich habe ihm die Nachricht bereits geschickt, aber ich muss sicherstellen, dass er sie auch bekommt. Sag ihm, ich müsse mit ihm sprechen. Ich werde im Beschwipsten Flittchen sein. Er wird mich die nächsten beiden Stunden dort finden. Sag ihm, es sei arutayro.«
»Buchstabiert das«, bat Jarl, ging zu seinem Schreibtisch und nahm eine Feder aus dem Tintenfass.
Durzo buchstabierte das Wort, dann stieß Jarl einen erstickten Laut des Protests aus; Durzo musste ihn gepackt haben.
»Überbring ihm die Nachricht schnell, Mietjunge. Es ist wichtig. Ich werde dich dafür verantwortlich machen, wenn er sie nicht bekommt.« Der Schreibtisch protestierte abermals, als Durzo aufstand und den Raum verließ.
Nachdem die Tür sich geschlossen hatte, kroch Kylar unter dem Tisch hervor.
Jarls Augen weiteten sich. »Du warst unter dem Schreibtisch?«
»Ich kann nicht immer irgendetwas Ausgefallenes machen.«
Jarl schüttelte den Kopf. »Du bist unglaublich.« Während er den Zettel mit der Notiz zerknüllte, fügte er hinzu: »Was bedeutet arutayro?«
»Blutleer. Es bedeutet, dass wir einander nicht töten werden, während wir uns treffen.«
»Und du traust ihm? Nachdem du gestern Nacht versucht hast, ihn zu töten?«
»Blint wird mich töten, aber er wird es professionell machen.
Er denkt, so viel zumindest hätte ich verdient. Hast du was dagegen, wenn ich dein Fenster benutze? Ich habe noch eine Menge zu tun, bevor ich mich mit ihm treffe.«
»Bedien dich.«
Kylar stieß das Fenster auf, dann wandte er sich wieder zu seinem Freund um. »Es tut mir leid. Ich musste es versuchen. Ich muss sie töten, und du warst der schnellste Weg, um sie zu finden.«
»Mir tut es leid, dass ich nicht helfen konnte.«
Kylar kroch aus dem Fenster, verschwand aus Jarls Gesichtskreis und versuchte dann abermals, die Schatten herbeizuziehen. Diesmal funktionierte es mühelos. Perfekt. Er konnte nicht einmal sagen, was er anders gemacht hatte als zuvor in der Amtsstube.
Bei den Nachtengeln. Kylar überlegte, dass es schon schwer genug gewesen wäre herauszufinden, wie er seine Magie beherrschen konnte, wenn er Durzo gehabt hätte, der es ihm erklärte. Allein dahinterzukommen würde beinahe unmöglich sein.
Er bewegte sich wieder auf das Fenster zu. Nach einer Minute überprüfte Jarl das Fenster, dann ging er zu seinem Schreibtisch und kritzelte hastig eine Notiz. Anschließend rief er einen Jungen herein und reichte ihm den Brief.
Kylar umkreiste das Gebäude und folgte dem Jungen, nachdem dieser durch einen Nebeneingang herausgekommen war. Er hatte gewusst, dass Jarl es ihm nicht verraten würde - und er hoffte, dass sein Freund niemals erfahren würde, dass Kylar ihn trotzdem benutzt hatte.
Die Botenjungen waren nicht alle gleich gut. Einige von ihnen gaben ihre Nachricht so geschickt weiter, dass Kylar deren Weg kaum folgen konnte. Andere hielten den Brief einfach dem nächsten Jungen hin.
Sie brauchten eine halbe Stunde, um zu einem kleinen Haus auf der Ostseite zu gelangen. Kylar erkannte den Wachposten, der dem letzten Jungen die Nachricht abnahm. Er war ein Ymmuri mit
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