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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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einen Schwall fauliger Luft ins Gesicht.
    »Was?«, fragte Ratte und versuchte, nicht zurückzuweichen.
    »Ich habe dich noch nicht aufgegeben, du großer, dummer Junge. Manchmal schaffst du es trotz allem, etwas zu lernen. Aber das ist nicht der Grund, warum ich hier bin. Und auch nicht der Grund, warum du hier bist. Es wird Zeit, etwas zu unternehmen. Deine Feinde haben sich gegen dich aufgestellt, aber sie sind noch nicht organisiert.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß mehr, als du denkst, Ratty Fatty.« Neph lachte, und Speichel flog Ratte ins Gesicht. In diesem Moment hätte Ratte ihn beinahe geschlagen, das konnte Neph erkennen. Ratte war aus gutem Grund eine Gildenfaust geworden. Aber natürlich würde er Neph niemals schlagen. Der alte Mann wusste, dass er gebrechlich wirkte, aber ein Vürdmeister hatte andere Möglichkeiten, sich zu verteidigen.
    »Weißt du, wie viele Jungen dein Vater gezeugt hat?«, fragte Neph.
    Ratte sah sich auf dem Friedhof um, als hätte Neph sich nicht bereits davon überzeugt, dass niemand lauschte. Der Junge war hoffnungslos dumm. Dumm, aber der Schläue fähig und absolut skrupellos. Außerdem hatte Neph nicht viele Alternativen. Als er nach Cenaria gekommen war, hatte er vier Jungen das Kommando übertragen. Der Vielversprechendste hatte im ersten Jahr verdorbenes Fleisch gegessen und war gestorben, bevor Neph auch nur begriffen hatte, dass er krank gewesen war. In dieser Woche war der Zweite bei einem Territorialkampf zwischen den Gilden getötet worden. Damit blieben Neph nur noch zwei Jungen. »Seine Heiligkeit hat, als ich das letzte Mal zählte, einhundertzweiunddreißig Jungen gezeugt. Den meisten
davon gebrach es an magischer Gabe , und sie wurden ausgesondert. Es gibt nur dreiundvierzig, die seinem Samen entsprungen sind. Das habe ich dir schon einmal gesagt. Was ich dir nicht gesagt habe, ist Folgendes: Jeder von euch bekommt eine Aufgabe, eine Prüfung, in der ihr eurem Vater eure Nützlichkeit beweist. Wenn du sie bestehst, wirst du eines Tages vielleicht selbst Gottkönig werden. Kannst du erraten, worin deine Aufgabe besteht?«
    Rattes runde Augen glitzerten, als Visionen von opulenter Pracht vor ihm aufstiegen.
    Neph schlug ihn. »Deine Aufgabe, Junge?«
    Zitternd vor Zorn rieb Ratte sich die Wange. »Shinga zu werden«, sagte er leise.
    Nun, der Junge wollte höher hinaus, als Neph gedacht hätte. Gut. »Seine Heiligkeit hat erklärt, dass Cenaria fallen wird, ebenso wie alle Südländer. Die Sa’kagé sind die einzig wahre Macht in Cenaria, also, ja, du wirst Shinga werden. Dann wirst du deinem Vater Cenaria und alles darin übergeben - oder, was wahrscheinlicher ist, du wirst scheitern und sterben, und einer deiner Brüder wird es tun.«
    »Es gibt noch andere in der Stadt?«, hakte Ratte nach.
    »Dein Vater ist ein Gott, aber seine Werkzeuge sind Männer und daher zum Scheitern verurteilt. Seine Heiligkeit macht entsprechende Pläne. Und nun, mein kleiner zukünftiger Versager, wie sieht dein brillanter Plan aus, mit Azoth zu verfahren?«
    Wieder loderte Zorn in Rattes Augen auf, aber er beherrschte ihn. Ein Wort von Neph, und Ratte würde eine weitere Leiche sein, die am Morgen im Plith trieb, und sie wussten es beide. In Wahrheit stellte Neph ihn auf die Probe. Grausamkeit war Rattes größter Vorzug - Neph hatte gesehen, wie ältere Jungen, die ihn hätten töten können, sich unter Rattes Blutrünstigkeit
geduckt hatten -, aber diese Gabe war wertlos, wenn er sie nicht beherrschen konnte.
    Ratte antwortete: »Ich werde Azoth töten. Ich werde ihn bluten lassen wie -«
    »Ihn töten - genau das kannst du nicht tun. Wenn du es tust, wird er in Vergessenheit geraten; ein anderer wird seine Stelle einnehmen. Er muss als gebrochene Kreatur leben, wo alle Welt ihn sehen kann.«
    »Ich werde ihn vor aller Augen verprügeln. Ich werde ihm die Hände brechen und -«
    »Was geschieht, wenn seine Eidechsen zu seiner Verteidigung eilen?«
    »Das... das werden sie nicht tun. Sie haben zu große Angst.«
    »Im Gegensatz zu anderen Jungen, die ich kenne«, sagte Neph, »ist Azoth nicht dumm. Er wusste, was es bedeutete, als diese Großen zu ihm kamen. Er könnte es die ganze Zeit über geplant haben. Das Erste, was er erwarten wird, ist dies: dass du es mit der Angst bekommst und versuchst, ihn zu verprügeln. Also wird er für diesen Fall einen Plan haben.«
    Neph beobachtete, wie in Ratte die Erkenntnis wuchs, dass er tatsächlich die Kontrolle über die Gilde

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