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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Oder Schlimmeres. Es tut mir leid. Es ist ein erbärmlicher Gastgeber, der seine Gäste angreift.«
    »Ihr wisst, dass sie absichtlich verloren haben, nicht wahr?«
    Logan wirkte erschüttert. Er sah den Mann an, mit dem er bei Solons Eintreffen gekämpft hatte, dann starrte er auf seine eigenen Füße hinab. Schließlich hob er, als koste es ihn große Willensanstrengung, den Blick und schaute Solon an. »Ich sehe, dass Ihr die Wahrheit sprecht. Obwohl es mich beschämt, es zu erfahren, danke ich Euch.« Und jetzt blickten seine Männer beschämt drein. Sie hatten ihn gewinnen lassen, weil sie ihn liebten, und jetzt hatten sie ihren Herrn beschämt. Die Männer quälten sich nicht nur, sie fühlten sich elend.
    Wie ist es möglich, dass diesem Jungen solche Loyalität zuteil wird? Ist es nur Loyalität seinem Vater gegenüber? Während er beobachtete, wie Logan jeden seiner Männer der Reihe nach ansah - er starrte ihnen ins Gesicht, bis sie den Blick senkten und wegschauten -, bezweifelte Solon das. Logan ließ das gequälte Schweigen weiterwachsen.
    »In sechs Monaten«, erklärte er an seine Männer gewandt, »werde ich in der Garnison meines Vaters dienen. Ich werde nicht einfach in der Burg sitzen. Ich werde kämpfen, und viele
von euch werden das Gleiche tun. Aber da ihr zu denken scheint, Übungskämpfe seien reine Unterhaltung, bitte schön. Ihr werdet euch unterhalten, indem ihr bis Mitternacht kämpft. Ihr alle. Morgen werden wir mit dem Training anfangen. Und ich erwarte, dass ihr alle eine Stunde vor Sonnenaufgang hier sein werdet. Verstanden?«
    »Ja, Herr!«
    Logan wandte sich an Solon. »Ich entschuldige mich für diesen Zwischenfall, Master Tofusin. Für alles. Bitte, nennt mich Logan. Ihr werdet natürlich zum Abendessen bleiben, aber darf ich den Dienstboten auch Anweisung geben, ein Zimmer für Euch herzurichten?«
    »Ja«, antwortete Solon. »Ich denke, das wäre schön.«

8
    Wann immer sich Vürdmeister Neph Dada mit Ratte traf, geschah es an einem anderen Ort. In Räumen in Gaststuben, in Kellern von Bootsgeschäften und Bäckereien, in Parks auf der Ostseite und in Sackgassen im Labyrinth. Seit Neph dahintergekommen war, dass Ratte sich vor der Dunkelheit fürchtete, sorgte er dafür, dass sie sich immer nachts trafen.
    In dieser Nacht beobachtete Neph, wie Ratte und seine Leibwächter den winzigen, alten und überfüllten Friedhof betraten. Es war nicht so dunkel, wie Neph gehofft hatte; keine dreißig Schritt entfernt befanden sich Tavernen, Spielhallen und Hurenhäuser. Ratte entließ seine Leibwächter nicht sofort. Wie die meisten Teile der Kavernen lag der Friedhof keine dreißig Zentimeter
oberhalb der Wasserlinie. Die Karnickel, wie die Bewohner des Labyrinths genannt wurden, begruben ihre Toten direkt im Schlamm. Wenn sie Geld hatten, errichteten sie über der Erde Sarkophage, aber unwissende Einwanderer hatten ihre Toten nach irgendeinem Aufstand vor etlichen Jahren in Särgen begraben, und der Boden war über diesen Gräbern angeschwollen, und die Särge drängten an die Oberfläche. Mehrere waren aufgebrochen, und wilde Hunde hatten ihren Inhalt verschlungen.
    Ratte und seine Leibwächter sahen so aus, als wäre ihnen übel vor Angst. »Geht weiter«, sagte Ratte schließlich zu seinen Großen, hob lässig einen Schädel auf und warf ihn nach einem von ihnen. Der Junge trat schnell zurück, und der Schädel, schwach von Alter oder Krankheit, zerbarst auf einem Stein.
    »Hallo, Kind«, schnarrte Neph in Rattes Ohr. Ratte zuckte zusammen, und Neph lächelte sein zahnlückiges Lächeln; sein langes, spärliches weißes Haar fiel ihm wie ein fettiges Rinnsal über die Schultern. Neph stand Ratte so nah, dass der Junge einen Schritt rückwärts machte.
    »Was willst du? Warum bin ich hier?«, fragte Ratte.
    »Ah, Verdrießlichkeit und Philosophie in einem.« Neph schlurfte näher heran. Er war in Lodricar aufgewachsen, östlich von Khalidor. Die Lodricari dachten, dass Männer, die so viel Abstand hielten, dass man ihren Atem nicht riechen konnte, etwas verbargen. Kaufleute in Cenaria, die mit den Lodricari Handel trieben, beklagten sich bitter darüber, traten aber eifrig näher heran, wenn lodricarische Münzen auf dem Spiel standen. Doch Neph stand nicht aus kulturellen Gründen so dicht bei Ratte. Er lebte seit einem halben Jahrhundert nicht mehr in Lodricar. Er stand deshalb so dicht vor ihm, weil es ihm gefiel, Rattes Unbehagen zu sehen.

    »Ha!«, sagte Neph und atmete Ratte

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