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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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er, bis man sie auf das winzige Anwesen des Grafen führte.
    Graf Drake war ein freundlich aussehender Mann von vielleicht vierzig Jahren. Er hatte einen Kneifer in einer Tasche seiner Weste, und er humpelte, als er die Tür hinter ihnen schloss und sich hinter einen Schreibtisch setzte, auf dem sich Papierstapel türmten.
    »Ich hätte nie gedacht, dass Ihr einen Lehrling annehmen würdet, Durzo. Tatsächlich meine ich mich daran erinnern zu können, dass Ihr geschworen habt - und zwar ziemlich wortreich«, sagte der Graf.
    »Und ich glaube noch immer jedes Wort, das ich gesagt habe«, erwiderte Durzo verschnupft.
    »Ah, Ihr drückt Euch entweder furchtbar subtil aus, oder
Eure Worte ergeben überhaupt keinen Sinn, mein Freund.« Doch Graf Drake lächelte, und Azoth konnte erkennen, dass es ein echtes Lächeln war, ohne Bosheit oder Berechnung.
    Durzo musste ebenfalls lächeln. »Man hat Euch vermisst, Rimbold.«
    »Wirklich? Ich habe schon seit einiger Zeit niemanden mehr bemerkt, der auf mich schießt.« Durzo lachte, und Azoth wäre beinahe von seinem Stuhl gefallen. Er hatte nicht geglaubt, dass der Blutjunge des Lachens fähig war.
    »Ich brauche Eure Hilfe«, erklärte Durzo.
    »Alles, was ich habe, gehört Euch, Durzo.«
    »Ich will diesen Jungen neu erschaffen.«
    »Woran denkt Ihr?«, fragte Graf Drake und musterte Azoth fragend.
    »An eine Art Adligen, relativ arm. Die Art, die zu gesellschaftlichen Ereignissen eingeladen wird, aber keine Aufmerksamkeit erregt.«
    »Hmm«, brummte Graf Drake. »Dann also der dritte Sohn eines Barons. Er wird zum oberen Adel gehören, aber niemand Wichtiges sein. Nein, wartet. Ein östlicher Baron. Meine Vettern zweiten Grades leben einen Zweitagesritt von Havermere entfernt, und die Lae’knaught haben sich den größten Teil ihres Landes angeeignet. Wenn Ihr also eine in Eisen gegossene Identität wollt, könnten wir ihn zu einem Stern machen.«
    »Das wird genügen.«
    »Vorname?«, fragte Graf Drake Azoth.
    »Azoth«, antwortete dieser.
    »Nicht dein richtiger Name, Sohn«, sagte der Graf. »Dein neuer Name.«
    »Kylar«, sagte Durzo.

    Der Graf holte ein leeres Blatt Papier hervor und setzte den Kneifer auf. »Wie wollt Ihr das buchstabieren? K-Y-L-E-R? K-I-L-E-R?«
    Durzo buchstabierte den Namen, und der Rechtsanwalt schrieb ihn auf. Graf Drake grinste. »Ein altes jaeranisches Wortspiel?«
    »Ihr kennt mich«, erwiderte Durzo.
    »Nein, Durzo, ich glaube nicht, dass irgendjemand Euch kennt. Trotzdem, irgendwie unheilverkündend, meint Ihr nicht auch?«
    »Es passt zu dem Leben.«
    Ungefähr zum hundersten Mal hatte Azoth das Gefühl, dass er nicht nur ein Kind war, sondern ein Außenseiter. Es schien, als lauerten überall Geheimnisse, von denen er nichts wusste, Rätsel, die sich ihm nicht erschlossen. Jetzt waren es nicht nur gedämpfte Gespräche mit Momma K über etwas, das man einen Ka’kari nannte, oder die Politik der Sa’kagé oder höfische Intrigen oder Magie oder Geschöpfe aus dem Frost, die imaginär waren, von denen Durzo jedoch steif und fest behauptete, es gäbe sie wirklich, oder andere, von denen er sich ebenso sicher war, dass es sie nicht gab, oder Anspielungen auf Götter und Engel, die Blint ihm nicht erklären wollte, obwohl er danach gefragt hatte. Jetzt war es auch noch sein eigener Name. Azoth wollte gerade eine Erklärung verlangen, doch sie waren bereits zu anderen Themen übergegangen.
    Der Graf fragte: »Wie bald braucht Ihr das, und wie solide muss es sein?«
    »Solide. Früher ist besser.«
    »Dachte ich mir«, erwiderte der Graf. »Ich werde es so gut machen, dass niemand es jemals erfahren wird, es sei denn, die echten Sterns kämen her. Natürlich bleibt Euch damit immer
noch ein ziemlich bedeutsames Problem. Ihr müsst ihn zu einem Adligen ausbilden.«
    »Oh nein, muss ich nicht.«
    »Natürlich müsst Ihr...« Der Graf hielt inne und schnalzte mit der Zunge. »Ich verstehe.« Dann schob er seinen Kneifer zurecht und sah Azoth an. »Wann soll ich ihn übernehmen?«
    »In einigen Monaten, wenn er so lange lebt. Es gibt Dinge, die ich ihn vorher lehren muss.« Durzo schaute aus dem Fenster. »Wer ist das?«
    »Ah«, sagte Graf Drake. »Das ist der junge Lord Logan Gyre. Ein junger Mann, der eines Tages einen prächtigen Herzog abgeben wird.«
    »Nein, der Sethi.«
    »Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nie gesehen. Scheint ein Berater zu sein.«
    Durzo fluchte. Er packte Azoths Hand und zerrte ihn praktisch zur Tür hinaus.
    »Bist du

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