Der Weg in Die Schatten
eigenen Lehrling ermordet, nur um seinen Standpunkt klarzumachen!«
»Eine Täuschung. Ich bitte Euch, General. Ihr habt unter Drogen gestanden. Ihr wusstet nicht, was vorging.«
»Mein Körper war betroffen, nicht mein Verstand. Ich weiß, was ich gesehen habe.«
Der König rümpfte die Nase, dann verzog er die Lippen, als er den schwachen Geruch von Schwefel in der Luft wahrnahm.
»Verdammt! Können diese Idioten denn gar nichts richtig machen?«
Eines der Rohre, die heiße Luft aus dem Spalt auf der Insel Vos direkt nördlich von der Burg herbeibrachten, war wieder einmal gebrochen. Er weiß nicht zu schätzen, wie viel uns die Ingenieure jedes Jahr sparen, indem sie die ganze Burg mit diesen in die Steine eingelassenen Rohren heizen. Es kümmert ihn nicht, dass die Turbinen, die der aus dem Spalt aufsteigende Wind dreht, ihm die Kraft von zweihundert Windmühlen liefern. Dass er einmal alle vierzehn Tage Schwefel riecht, erzürnt ihn. Agon fragte sich, welchen Gott Cenaria verärgert hatte, um einen solchen König zu verdienen.
Er hätte Regnus Gyre bedrängen sollen. Er hätte sich ihm gegenüber klarer ausdrücken sollen. Er hätte ihn belügen sollen in Bezug auf das, was Aleine Nalias Kindern antun würde. Regnus hätte er stolz dienen können. Stolz und ehrenhaft.
»Vielleicht habt Ihr ihn einen Jungen töten sehen«, sagte der König. »Wen schert das?« Euch sollte es scheren. Regnus hätte es geschert. »Es war offensichtlich irgendeine Straßenratte, die er einzig zu dem Zweck aufgelesen hat, Euch zu beeindrucken.«
»Bei allem schuldigen Respekt, Sire, Ihr befindet Euch im Irrtum. Ich bin schon mit einigen beeindruckenden Männern fertiggeworden. Ich habe Dorgan Dunwal im Kampf Mann gegen Mann gegenübergestanden. Ich habe gegen die lae’knaughtischen Lanzenträger des Unterlords Graeblan gekämpft. Ich -«
»Ja, ja. Tausend gottverdammte Schlachten aus der Zeit meines gottverdammten Vaters. Sehr beeindruckend«, erwiderte der König. »Aber über die Kunst des Herrschens habt Ihr niemals etwas gelernt, oder?«
General Agon versteifte sich. »Nicht so wie Ihr, Euer Majestät.«
»Nun, wenn Ihr etwas darüber gelernt hättet, General, wüsstet
Ihr, dass Ihr Euren eigenen Ruf nicht schädigen dürft.« Wieder fluchte er ausgiebig. »Bei Nacht und Nebel aus meiner eigenen Burg zu fliehen!«
Man konnte nicht mit ihm zusammenarbeiten. Der Mann beschämte Agon und hätte sich selbst beschämen sollen. Und doch hatte Agon ihm Treue geschworen, und er war vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen, dass der Eid den Mann ausmachte, der ihn leistete. Es war wie seine Ehe; er würde seine Schwüre nicht einfach deshalb zurücknehmen, weil seine Frau ihm keine Kinder zu schenken vermochte.
Aber gelten Schwüre auch dann noch, wenn der eigene König geplant hatte, einem das Leben zu nehmen? Und nicht in einer ehrenhaften Schlacht, sondern mit der Klinge eines Meuchelmörders in der Nacht?
Das war jedoch gewesen, bevor Agon dem Mann Gefolgschaft geschworen hatte. Jetzt, da er diesen Schwur geleistet hatte, spielte es keine Rolle, dass er - hätte er damals gewusst, was er jetzt wusste - lieber gestorben wäre, als Aleine Gunder IX. zu dienen.
»Euer Majestät, darf ich zumindest Eure Erlaubnis erbitten, heute Abend eine Übung für meine Wachen abzuhalten und Euren Magier mit einzubeziehen? Der Hauptmann hat die Gewohnheit, solche Dinge unangekündigt anzuordnen, damit die Männer allzeit bereit sind.« Obwohl ich mich frage, warum ich Euren leeren Kopf retten will.
»Oh, zur Hölle mit Euch, General. Ihr und Eure gottverdammte Paranoia. Schön. Tut, was Ihr wollt.«
General Agon drehte sich um, um den Thronsaal zu verlassen. Der Vorgänger des Königs, Darvin, war ebenfalls ein Mann mit leerem Kopf gewesen. Aber er hatte es gewusst, und er hatte sich seinen Beratern gebeugt.
Der Sohn dieses Königs, Aleine X., war erst vierzehn Jahre
alt, aber er zeigte gute Anlagen. Er schien zumindest etwas von der Intelligenz seiner Mutter geerbt zu haben. Wenn der X. alt genug wäre, um die Macht zu ergreifen, würde ich diesen Meuchelmörder vielleicht provozieren. Lieber Gott, vielleicht würde ich ihn engagieren. General Agon schüttelte den Kopf. Das war Hochverrat, und der hatte im Kopf eines Generals nichts zu suchen.
Fergund Sa’fasti war eher wegen seines politischen Scharfsinns als wegen seiner magischen Begabung ernannt worden, um in Cenaria zu dienen. Die Wahrheit war, dass er sich seine blaue
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