Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
sich um, und seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Durch Momma Ks Kunst sah Daydra jetzt genauso aus wie Elene. Ein ähnlicher Körperbau, ähnlich herrliche Kurven, das gleiche glänzende, goldfarbene Haar, das gleiche schlichte Dienstbotinnenkleid: Sie war Elene in allem ähnlich, nur dass sie sich auf dieser Seite der Gitterstäbe
befand, nah genug, um sie zu berühren, während Elene dort draußen war. Daydra zeigte ein unsicheres Lächeln, als könne sie nicht fassen, wie er mit Momma K redete.
    Momma K war wütend. Sie rauschte durchs Zimmer und packte Kylar am Ohr, als sei er ein unartiger kleiner Junge. Dann zerrte sie ihn am Ohr aus dem Raum auf den Flur des ersten Stocks. Er war voller zu dick gepolsterter Sessel und feiner Teppiche, und in einer Ecke saß ein Leibwächter. Türen gingen in vier verschiedene Kurtisanengemächer. Treppen führten in einen Salon hinab, in dem sich anzügliche, aber nicht explizite Gemälde und in Leder gebundene Bücher befanden. Momma K ließ sein Ohr los und zog die Tür leise hinter sich zu.
    »Verdammt, Kylar. Daydra ist schon verängstigt genug. Was zur Hölle tust du da?«
    »Eine hässliche Wahrheit aussprechen.« Er zuckte die Achseln. »Lügen aussprechen. Was auch immer.«
    »Wenn ich die Wahrheit wollte, würde ich in den gottverdammten Spiegel schauen. In diesem Leben geht es nicht um Wahrheit, es geht darum, das Beste aus dem zu machen, was du hast. Hier geht es um dieses Mädchen, nicht wahr? Diesen Wahnsinn. Du hast sie gerettet, Kylar. Jetzt lass sie los. Sie verdankt dir alles.«
    »Sie verdankt mir ihre Narben.«
    »Du bist ein verdammter Narr. Hast du dir jemals angesehen, was all den anderen Mädchen in deiner Gilde widerfahren ist? Keine zehn Jahre später sind sie Trinkerinnen und abhängige Grasraucherinnen, Taschendiebe und Krüppel, Bettlerinnen und billige Huren, fünfzehn Jahre alte Mütter mit hungernden Kindern oder außerstande, überhaupt Kinder zu bekommen, weil sie zu viele Male-Tansy-Tee benutzt haben. Ich versichere dir, dass Elene nicht das einzige Mädchen aus deiner Gilde ist, dem irgendein Mistkerl
Narben verpasst hat. Aber sie ist die Einzige mit Hoffnung und einer Zukunft. Das hast du ihr geschenkt, Kylar.«
    »Ich hätte -«
    »Du hättest nur eins besser machen können, nämlich diesen Jungen früher ermorden - bevor er ihr etwas angetan hat. Wenn du die Art Kind gewesen wärst, die des Mordes fähig ist, wärst du nicht die Art Junge gewesen, der es am Herzen liegt, was aus irgendeinem kleinen Mädchen wird. Die Wahrheit ist, dass Elenes Narben, selbst wenn sie deine Schuld wären, ein kleiner Preis für das Leben sind, das du ihr ermöglicht hast.«
    Kylar wandte sich ab. Der Flur hatte ebenfalls ein Fenster mit Blick auf den Marktplatz. Es war aus einfachem Glas, durchsichtig und weder geschliffen noch eingefärbt wie das Glas im Gemach der Kurtisane. Auch dieses Fenster war verriegelt, allerdings mit einfachem, geradem Eisen, und die Kanten der Gitterstäbe waren so scharf wie eins von Blints Messern. Elene war näher gekommen, und er konnte ihre Narben sehen, aber dann lächelte sie, und ihre Narben schienen zu verschwinden.
    Wie oft lächelten Mädchen im Labyrinth auf diese Weise? Unwillkürlich lächelte Kylar nun seinerseits. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals so unbeschwert gefühlt zu haben. Schließlich drehte er sich um und lächelte Momma K an. »Ich hätte nicht erwartet, bei Euch Absolution zu finden.«
    Sie erwiderte sein Lächeln nicht. »Es ist keine Absolution, es ist Realität. Und ich bin wie geschaffen dafür, dir die zu geben. Außerdem trägst du an Schuld genauso schlecht wie Durzo.«
    »Durzo? Durzo fühlt sich niemals wegen irgendetwas schuldig«, widersprach Kylar.
    Ein angewiderter Ausdruck glitt über ihre Züge. Sie drehte sich um und schaute nach Elene. »Beende diese Farce, Kylar.«
    »Wovon redet Ihr?«

    »Durzo hat dir die Regeln aufgezeigt: Du darfst Sex haben, aber du darfst nicht lieben. Er sieht nicht, was du tust, aber ich sehe es. Du glaubst, du liebst Elene, deshalb hast du überhaupt keinen Sex. Warum schlägst du dir das nicht aus dem Kopf?« Ihre Stimme wurde sanft. »Kylar. Du kannst das Mädchen da draußen nicht haben. Warum nimmst du nicht, was du haben kannst?«
    »Wovon sprecht Ihr?«
    »Geh hinein zu Daydra. Sie wird es dir danken. Es geht aufs Haus. Wenn du dir Sorgen machst, weil du unerfahren bist, sie ist ebenfalls Jungfrau.«
    »Ebenfalls«? Bei den

Weitere Kostenlose Bücher