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Der Weg in die Verbannung

Der Weg in die Verbannung

Titel: Der Weg in die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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jetzt kommen würde. Harka beobachtete zwei Zirkusdiener, die mit Wasserschläuchen außerhalb des Gitters bereitstanden. Aber er wußte nicht, was man mit solchen Schläuchen bewerkstelligen konnte. Langspeer erklärte es ihm rasch. Vor Wasser scheuten sich die Raubkatzen ebenso wie vor Feuer.
    Die Tigerin sprang abermals den Menschen an, und der Dompteur wich ihr zum zweitenmal aus. Das Tier ging jetzt wieder auf den Absprunghocker, aber nicht für lange. Es ließ sich in den Sand hinabgleiten und schlich durch die Manege. Der männliche Tiger und die Löwen gerieten in Aufruhr.
    Der Dompteur schrie etwas, was Harka nicht verstehen konnte. Langspeer übersetzte. Die Helfer sollten die Falltür zum Läufgitter öffnen, damit der Dompteur die Tiere oder wenigstens einige der Tiere aus der Manege treiben konnte. Aber der Inspizient gab mit kaltem Gesicht einen Gegenbefehl, und die Falltür blieb geschlossen.
    »Tigra! Tigra!«
    Der Dompteur hatte den brennenden Reifen wieder hinausgegeben und zur Peitsche gegriffen. Er knallte, und er schlug mit dem aus Nilpferdhaut geflochtenen Riemen zu. Die vier Löwen auf ihren Hockern knurrten nur noch das erneute Rückzugsgefecht ihres eben erwachten Selbstbewußtseins. Aber der männliche Tiger geriet in Wut, sprang in den Sand und begann mit der Tigerin zusammen den Bändiger zu umschleichen. Auch er verweigerte jetzt, nach der Stange zu schlagen.
    Der Dompteur ließ sich den flammenden Reifen wieder geben, sprang tollkühn in den Weg der Tigerin und schoß.
    »Tigra!«
    Das Tier, von dem nahen Knall erschreckt, von der Kugel gestreift, glitt durch den Reifen. Der männliche Tiger sprang am Gitter hoch und krallte sich an der oberen Querstange fest. Das ganze Gitter schwankte. Die Zuschauer schrien entsetzt auf, und es drohte eine Panik zu entstehen. Der Inspizient gab jetzt einen kleinen Wink. Ein Wasserstrahl traf den Tiger, der sich sofort vom Gitter herunterfallen ließ. Die Zuschauer atmeten auf. Eine Frau, die von Schreikrämpfen befallen wurde, wurde von den Dienern unauffällig hinausgetragen.
    Der Dompteur, der jetzt gegen die anderen Tiere wieder gesichert war, zwang die Tigerin auf den Absprungplatz. Er hatte die Peitsche und die Stange beiseite gelegt und arbeitete mit Pistole und Flammenreifen. Das Tier gehorchte und führte den Sprung mißmutig aus. Gleich darauf stand es vor der Falltür zum Laufgitter. Beifall brandete auf.
    Harka sah, daß der Dompteur erschöpft war. Der Mann konnte sich kaum mehr auf den Füßen halten, doch blieb er in der Mitte der Manege stehen, verbeugte sich und bedankte sich für Klatschen und Beifallsrufe, während die Diener die Falltür zum Laufgitter von außen her öffneten. Die Raubkatzen trotteten hinaus. Die Diener schlugen mit Stöcken von oben durch das Gitter, um die Tiere anzutreiben.
    Auch unter den Zuschauern wischten sich viele den Schweiß von der Stirn. Das große Gitter wurde abgebaut, der Dompteur zog sich unter immer erneuten Verbeugungen zurück. Clowns rannten herein und trieben ihre Spaße. Aber Harka vergaß das Lachen. Er beschloß, am nächsten Tage in die Tierschau zu gehen und sich lange vor den Tigerkäfig zu stellen.
    Es folgten die letzten Nummern der Artistik, Drahtseil und Trapez. Der Junge war erstaunt, was Menschen für eine Geschicklichkeit erwerben konnten. Einmal glitt der Drahtseilkünstler unversehens vom Seil, aber er vermochte sich noch mit der Hand zu fangen, so daß er nicht abstürzte.
    Endlich stand die Schlußnummer bevor. Es war schon Mitternacht. Die Zuschauer schwatzten, lachten, aßen Süßigkeiten und tranken. Harka wartete, ob der Herr im Frack sich noch einmal sehen lassen und sich wiederum einen ablehnenden Bescheid holen würde. Mattotaupa hatte gesprochen, und seine Entscheidungen wurden nicht umgestoßen. Ob sich der Jäger mit Namen Buffalo Bill zeigen würde? Ob er überhaupt schon zurück war? Für diesen Mann interessierte sich Harka mehr als für den Herrn im Frack, denn obgleich dieser seine schönen Pferde ausgezeichnet dressierte, war er doch eine Erscheinung, die mit der Prärie nicht das geringste zu tun hatte. Aber Büffelbill, das atmete Wind, Weite, braunwollige Massen, die im Galopp den Sand aufwirbelten! Nicht den Manegensand, der mit Sägespänen gemischt war, sondern Sandwolken über der Prärie. Harka dachte an die Pfeile, mit denen er einen Büffelrücken gespickt hatte. Seitdem war er nicht mehr dazu gekommen, einen Büffel zu verfolgen. Aber jetzt war es

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