Der Weg in die Verbannung
und, drei Nachmittage ausverkauft. Bloß weil die Leute draußen das Gebrüll hörten und sich die Sensation für den nächsten Tag sichern wollten.«
»Und die gesamte Einnahme für vier Tage ist weg?«
»Das ganze Geld.«
»War denn die Frau allein im Kassenwagen? Überhaupt nicht bewacht?«
»Schwer bewacht, selbstverständlich. In so ’ner Stadt wie dieser hier! Aber die schauten und horchten mehr nach draußen. Wer kümmert sich schon darum, wenn ’ne Kassiererin mal rausgeht. Den Griff in die Kasse muß sie natürlich fix abmachen. Vielleicht hat sie die Wache beteiligt.«
»Wie soll der Zirkus nun die Tiere füttern, die Leute bezahlen, den Standplatz … ob das Unternehmen Reserven auf der Bank hat?«
»Das kümmert mich nicht. Wollen wir ins Hotel gehen?«
Die kleine Gruppe trat den Heimweg an. Es war großer Betrieb auf der Hauptstraße, fast lauter als am Tage, und die meisten Läden hatten noch immer geöffnet.
Als Harka sich mit dem Vater zusammen wieder in dem kleinen Hotelzimmer befand und auf der Wolldecke ausstreckte, wollte ihm fast schwindeln. Er bemühte sich aber schnell einzuschlafen, da er für den nächsten Tag viel vorhatte. Er wollte nicht nur zu dem Tigerkäfig gehen, sondern auch beobachten, ob die Indianer nun kommen würden oder nicht. Über den Kassenraub machte er sich seine eigenen Gedanken, sprach sie aber nicht einmal dem Vater gegenüber aus.
In der Nacht schlief er schlecht, nicht weil seine Nerven nicht stark genug gewesen wären, aber die Zimmerluft, die er nicht gewöhnt war, quälte ihn. Überall in der Stadt roch es nach seinem Empfinden widerwärtig, am muffigsten in den geschlossenen Räumen.
Unruhe im Hause weckte ihn noch vor Morgengrauen. Er hörte, daß an der Tür des Nachbarzimmers, in dem der Maler und Langspeer schliefen, stark angeklopft wurde, vernahm die ärgerliche und müde Stimme des Malers und dann schwere Schritte, die nebenan eintraten, auch zwei kräftige barsche Stimmen. Nach einiger Zeit wurden die Stimmen ruhiger, und zwei Männer mit schweren Schritten gingen wieder weg. Kein Weißer konnte wirklich leise laufen.
Gleich darauf kamen der Maler und Langspeer zu den beiden Dakota herein. Der Maler konnte sich denken, daß die Indianer die Geräusche in seinem Zimmer gehört hatten, und begann gleich zu erklären.
»Die Polizei war hier. Jim ist natürlich im Zirkus in unserer Loge mit der blondgelockten Kassiererin gesehen worden, und ein Verdacht fiel auch auf ihn. Die Polizei hat gefragt, was ich über ihn wisse. Ich konnte nicht mehr sagen, als daß er im Kleinen zwar gern schwindelte und sich ein paar Dollars extra ergaunere, im Großen aber für uns eine äußerst wirksame Hilfe in dem unheimlichen Blockhaus des zahnlosen Ben gewesen sei. Im übrigen konnte er, wie ich von den Polizisten erfahren habe, bei einer kleinen Privatbank hier in der Stadt ein erhebliches Konto nachweisen. Die Polizei wird seine Person daher aus dem Kreis der vermutlichen Täter ausscheiden.«
»Ist Jim hier im Hause?« fragte Mattotaupa.
»Er soll unten in der Gastwirtschaft sitzen und alles unter den Tisch trinken. Der Wirt scheint ihm daher wohlgesinnt zu sein. Die Rechnung wächst.« Der Maler lächelte ironisch Er konnte sich denken, daß diese Rechnung auf sein und nicht auf Jims Konto gehen würde.
Von Schlafen war nun keine Rede mehr. Langspeer und die beiden Dakota bestellten sich eine ausgiebige Morgenmahlzeit aufs Zimmer, Fleischbrühe und gebratenes Fleisch. Die übrigen Speisen der weißen Männer mundeten ihnen nicht. Den Dakota reichte die Mahlzeit für den ganzen Tag. Der Maler wollte überhaupt nichts essen. Er fühlte sich nicht wohl und hatte die Absicht, zu Bett zu bleiben. Langspeer war besorgt um ihn, ließ sich dann aber doch überreden, mit dem Jungen zur Tierschau zu gehen, während Mattotaupa bei dem Maler bleiben wollte.
Harka konnte zwar nicht glauben, daß er jetzt schon eingelassen werden könne, aber Langspeer sagte nur:
»Komm, die brauchen jetzt Geld. Wir werden schon hineingelangen.«
Der Cheyenne behielt recht. Es brauchte keines langen Parlamentierens, und schon öffnete ein Stallbursche für ein Trinkgeld die Tür im Zaun und ließ die beiden ein. Er hatte den Jungen gleich wiedererkannt. Zu der frühen Morgenstunde, in der sonst noch kein Publikum Zutritt hatte, war die Arbeit im Zirkus doch schon im Gange. Die Ställe und Käfige wurden gereinigt, die Käfige der Raubtiere mit langstieligen, schmalen Besen, mit denen
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