Der Weg ins Dunkel
allem gehandelt, was es auf Gottes weiter Welt gibt, aber so was wie das hier hab ich noch nie gesehen. Aber eins ist klar: Wenn die Sicherheitsmaßnahmen so groß sind, wie du sagst, und das Zeug wirklich aus dem Ituriwald kommt, dann gibt es jemanden, der es unbedingt haben will.» Fabrice überlegte einen Moment und kratzte sich an der linken Wange. «Ich kenne da jemanden, der uns vielleicht weiterhelfen kann. Er arbeitet bei einer der Minengesellschaften in der Gegend und hat’s mit den Weibern. Er schuldet mir noch was.»
Fabrice gab einem seiner Männer, die im Schatten der Lautsprecherboxen herumlungerten, ein Zeichen. Er kam an den Tisch, nahm das Päckchen an sich und ging auf das Büro im hinteren Bereich des Clubs zu.
Louis fragte sich, ob er das Päckchen je wiedersehen würde. «Was immer es ist – unser Deal ist fifty-fifty.» Er streckte die Hand aus.
Fabrice ignorierte die Hand und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Eingangsbereich. Dann strich er seinen Anzug glatt, richtete sich auf, bis das Jackett über seinen athletischen Schultern spannte, und schob sich die Sonnenbrille wieder vor die Augen.
«Alles in Ordnung, Fabrice?», fragte Louis und sah in dieselbe Richtung.
Vier Chinesen bahnten sich einen Weg durch die Menge und kamen auf ihren Tisch zu. Sie hatten das gleiche martialische Aussehen wie die UN -Soldaten, waren aber kleiner und stämmiger. Ihr schwarzes Haar war so kurz geschnitten, dass die Kopfhaut durchschimmerte. Drei von ihnen stießen die Leute auf der Tanzfläche zur Seite, um für den vierten den Weg frei zu machen. Nur seine Silhouette war zu sehen, aber dann traf das Licht der Discolampen genau auf sein Gesicht. Er war schlanker als die anderen, sein Gesicht länglich und hager, sein Haaransatz wölbte sich hoch über der Stirn. Als er näher kam, sahen Louis und Fabrice, dass er sich so kantig bewegte, als könnte er seine Gelenke nicht richtig beugen.
Mit verschränkten Armen blieben die drei anderen im Halbkreis vor dem Tisch stehen. Sie trugen legere Khakijacken, die eher für eine Safari passend gewesen wären, und gaben sich keine Mühe, ihre Waffen zu verbergen. Einer zog einen niedrigen Hocker heran, und der dünne Mann nahm mit übergeschlagenen Beinen Platz. Er bewegte sich langsam und affektiert. Dann blickte er die Einheimischen an.
«Her damit!» Während er sprach, schnellte sein Oberkörper vor. Seine Augen waren hellgrau und wirkten in der schummrigen Beleuchtung fast durchsichtig.
Fabrice grinste von einem Ohr zum anderen. «Was hätten Sie denn gern? Drogen? Mädchen?» Er lehnte sich zurück und legte den Arm über die Lehne des Nebensitzes. «Mädchen, nicht wahr?»
Der Chinese machte ein angewidertes Gesicht. «Keine Spielchen! Ich will das zurückhaben, was Sie mir weggenommen haben.»
Fabrice grinste wie ein ertappter Schuljunge und zuckte mit den Schultern.
Der Chinese schien sich beherrschen zu müssen, um nicht zu explodieren. Er riss die Brusttasche seines Jacketts auf und warf den Inhalt auf den Tisch. Es waren drei Fotos.
«Der Verräter», sagte der Chinese.
Fabrice und Louis beugten sich vor, um die Fotos zu betrachten. Eins zeigte einen Mann, der mit dem Gesicht nach unten, unnatürlich auf den Rücken gedrehtem Arm und eingeschlagenem Schädel am Seeufer lag. Steine und Wasser neben seinem Kopf waren rot von Blut.
«Segelunfall?», fragte Fabrice leichthin, die Stirn in sorgenvolle Falten gelegt. «Ich hab schon gehört, dass der See um diese Jahreszeit tückisch sein kann.» Er richtete sich auf und blinzelte den Chinesen über den Rand seiner Sonnenbrille an. Plötzlich schwand jeglicher Humor aus seinem Blick. «Sie sollten vorsichtig sein. Und vergessen Sie nicht, dass Sie hier in Afrika sind.»
Der Chinese reagierte nicht gleich. Dann beugte er sich ruckartig vor und zischte: «Offenbar wissen Sie nicht, mit wem Sie es zu tun haben. Das hier ist Ihre einzige Chance.»
Einer seiner Männer lockerte die Arme und griff mit der rechten Hand unter seine Jacke.
«Moment!», sagte Fabrice laut und mit erhobenen Händen. «Hören Sie mich erst an.» Er nahm die Sonnenbrille ab und räusperte sich. «Sie können mir vertrauen.» Er holte tief Luft. «Als die ersten chinesischen Minenarbeiter vor einigen Jahren in den Kongo kamen … Wissen Sie, was sie da außer Maschinerie und Bulldozern mitgebracht haben?» Fabrice wartete gar nicht erst ab, ob jemand antworten würde. «Kondome! Kondome haben sie mitgebracht! Hunderte,
Weitere Kostenlose Bücher