Der Weg ins Dunkel
beste Mittelsmann, den man haben konnte, wartete schon in Goma auf ihn. So schnell wie möglich wollte er in den Nachtclub Soleil Palace.
Die Iljuschin zog an ihm vorbei, dann fuhren auch die Geländewagen ab. Louis war wieder allein. Er sah sich um und prüfte, ob er wirklich nicht beobachtet wurde, dann holte er das Päckchen aus der Jackentasche und fasste hinein. Es waren Steinscherben, scharf und spröde, aber von angenehmer Wärme.
Er grinste. Auf dem Weg zum Flughafengebäude zündete er sich eine neue Zigarette an und zog kräftig daran. Was immer er da in der Tasche hatte – der Coup war geglückt. Und das unter den Augen des Franzosen!
Sein Grinsen wurde breiter, und er musste wieder husten. Er spuckte die Zigarette aus und wischte sich die Spucke mit dem Ärmel vom Kinn. Diese verdammten
muzungus
mit ihren verdammten Zigaretten! Er brauchte jetzt einen Drink.
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Kapitel 7
Das Soleil Palace lag mitten im Labyrinth der Altstadtgassen von Goma. Kein Schild oder sonst etwas wies auf seine Existenz hin. Man erkannte es an dem vulkanischen Gestein, das links und rechts des Eingangs aufgetürmt war. Die Konstruktion erweckte den Eindruck, das Etablissement sei in die Tiefe gegraben worden. Auch wenn man hineinging, hatte man das Gefühl, man befände sich unter der Erdoberfläche. Das einzige Licht kam von Stumpenkerzen auf den Tischen und der spärlichen Barbeleuchtung. Eine große Tanzfläche wurde auf einer Seite von riesigen Lautsprechern eingerahmt, die laut wummerten. Freitagabends war in Goma immer viel los.
Louis ignorierte die ungeduldig auf Einlass wartende Schlange und drückte dem Türsteher die Hand. Dann betrat er den tunnelartigen Eingang und ging an Billardtischen vorbei, an denen sich stadtbekannte Huren in kurzen Röcken gelangweilt auf Queues stützten oder, wenn sie an der Reihe waren, die Gelegenheit nutzten, um Posen einzunehmen, bei denen sie noch mehr Bein zeigen und die Männer an der Bar reizen konnten. Einige sahen auf, als Louis vorbeikam, und lächelten ihm suggestiv, aber halbherzig zu.
Am Ende der Tanzfläche steuerte er einen der niedrigen Tische an. Fabrice wartete schon auf ihn und trug, wie immer, einen weißen Anzug und eine Gucci-Sonnenbrille. Seine Freundin, Marie, saß neben ihm. Ihr langes Haar fiel weit in den Ausschnitt ihres freizügigen Kleides. Sie nippte an einem Cocktail, hatte sich von Fabrice weggedreht und sah unendlich frustriert aus. Fabrice versuchte sie anscheinend zu ignorieren, und beide schwiegen sich an, wie immer nach einem Streit.
Als Louis auf die beiden zukam, sprang Fabrice auf, sichtlich erleichtert, dem Beziehungsstress zu entkommen. Er schüttelte Louis die Hand, indem er seinen Daumen mit der Handfläche umschloss – der afrikanische Handschlag. Dann schenkte er ihm ein mehr als großzügiges Glas Wodka ein. Die Flasche stand in einem Kühler auf dem Tisch.
«Marie, erinnerst du dich noch an meinen Freund Louis?», rief er durch den Lärm und machte eine Kopfbewegung in Richtung Louis. Dabei fiel ein Lichtstrahl auf die Brandnarbe in seinem Gesicht. Sie bedeckte die obere Hälfte seiner Wange und zog sich bis hinter den Haaransatz.
Marie holte ein Handy mit Swarovski-Steinen aus der Handtasche und richtete es wie eine Waffe auf Fabrices Brust.
«Was hast du mir versprochen?», maulte sie. «Heute keine Geschäfte.»
«Aber Baby, du weißt doch, wie es hier im Club zugeht. Das hier ist praktisch mein Büro.» Fabrice hob bedauernd die Hände, aber Marie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
«Bis später», sagte sie dann. «Ich gehe solange an die Bar.»
«Warte, Baby …», rief Fabrice ihr nach und streckte einen Arm nach ihr aus. Doch sie warf nur die Haare über die Schulter und stöckelte davon.
Die beiden Männer sahen ihr nach, als sie in der Menge verschwand. Dann nahm Fabrice einen großen Schluck von seinem Drink und ließ die Eiswürfel an seinen strahlend weißen Zähnen klirren.
«Sie ist unmöglich», klagte er. «Jeden Tag macht sie Stress wegen irgendwas. Ich schwör, Louis, sie redet mehr als deine Mama.»
«Wenn du sie satthast, gönn dir doch eins der Mädchen vom See. Du weißt schon, die mit den dicken Ärschen und den großen Herzen. Wenn du denen einen Sack Mais gibst, sind sie dir ewig dankbar.»
Fabrice machte ein schmatzendes Geräusch. «Stimmt. Die mit den dicken Ärschen haben mehr Herz. Nicht dieses dünnarschige ‹Warum arbeitest du bloß immer so viel?›.» Er zeigte
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