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Der Weg ins Dunkel

Der Weg ins Dunkel

Titel: Der Weg ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Woodhead
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oder? Sie werfen die Frauen aus dem Lager, und ihre Kinder müssen sie mitnehmen.» Mit Blick auf den verglühenden Zigarettenstummel sagte er: «Die Zeit ist um.»
    Er wollte ins Zelt zurückgehen, aber Luca stellte sich ihm in den Weg und packte ihn am Kittel.
    «Was erlauben Sie sich …», begann Christophe, aber als er Luca ins Gesicht sah, sprach er nicht weiter.
    «Wir sind keine Reporter», sagte Luca. «Wir brauchen Informationen über einen Mann namens Kofi. Joshua Kofi.»
    «Joshua? Warum interessiert ihr euch für ihn?»
    «Wir versuchen ihn zu finden.»
    Der Arzt sah Luca skeptisch an. Dann schien er sich an etwas zu erinnern. «Ihr Name ist Luca?», vergewisserte er sich. «Dann sind Sie sein Freund aus England, stimmt’s?»
    Luca ließ seinen Kittel los und trat einen Schritt zurück. Christophe sah ihn interessiert an und sagte: «Jetzt erinnere ich mich wieder. Er hat ein paar Mal von Ihnen gesprochen. Sie sind Bergsteiger, nicht wahr?»
    Luca antwortete nicht.
    Christophe strich seinen Kittel glatt und schüttelte den Kopf. «Es tut mir leid, aber Josh ist … verschwunden. Hat Ihnen das niemand gesagt? Da lässt man Sie den ganzen Weg hierher machen … Tut mir wirklich leid.»
    «Kannten Sie ihn gut?», fragte Luca.
    Christophe zuckte mit den Schultern. «Ja, einigermaßen. Wir haben hier in Kibati ein paar Monate zusammen gearbeitet. Aber dann ging ein medizinischer Hilfskonvoi verloren, und Josh ist zusammen mit den anderen verschwunden.»
    Ein großer Kongolese duckte sich unter der Zelttür ins Freie. Er trug den gleichen schmutzig weißen Kittel wie Christophe und hatte ein tiefschwarzes, pockennarbiges Gesicht. Unsanft schob er den vordersten der wartenden Patienten aus dem Weg und sah zum gewitterträchtigen Himmel auf, ehe er sich eine Zigarette anzündete und sich zu den anderen stellte.
    «Deine Pause ist zu Ende, Sabian», sagte er mit starkem französischen Akzent.
    Luca sah ihn an und kniff wütend die Augen zusammen, aber bevor er etwas sagen konnte, intervenierte René.
    «Bitte geben Sie uns noch ein paar Minuten. Es ist wirklich wichtig.»
    Der Mann sah ihn müde an. Seine Augen waren blutunterlaufen – eine Mischung aus Überarbeitung und regelmäßigem Alkoholkonsum. Er zog die Augenbrauen hoch und sagte: «Da drinnen wartet ein Junge, dem mit einer Machete fast das Bein abgehackt worden ist. Vor ihm haben wir neun andere Kinder behandelt.» Er hob den Kopf und sog die Gewitterluft ein. «Ich nehme also an, dass Ihr Anliegen verdammt wichtig ist.» Dann seufzte er und sah Christophe an. «Also, an die Arbeit, Sabian!»
    Christophe nickte, aber als er sich in Bewegung setzte, signalisierte er Luca und René, dass sie ihm folgen sollten.
    «Wir können uns unterhalten, während ich arbeite.»
    Die beiden folgten ihm ins Zelt. Zuerst kamen sie durch eine Wartezone, in der Dutzende Menschen auf niedrigen Stühlen saßen. Sie waren so dicht aneinandergedrängt, dass man oft nicht sah, wo ein Körper aufhörte und der nächste anfing. Alle waren erstaunlich still und wirkten geradezu apathisch.
    Weiter hinten, nahe einer Zeltstange, stand ein Operationstisch, auf dem ein Junge im Teenageralter lag. Er war völlig ausgemergelt und ließ den kahl geschorenen Kopf schlaff zur Seite hängen. Seine rechte Hand lag auf einem blutdurchtränkten Gazeverband, den man ihm um den Oberschenkel gewickelt hatte.
    «Wie viel Morphium hat er bekommen?», fragte Christophe seinen Assistenten, der außerhalb des Lichtkegels der OP -Lampe stand.
    « 2 , 5  Milliliter.»
    Christoph sah seinen Assistenten kopfschüttelnd an, und der zuckte bedauernd mit den Schultern. Der Medikamentenmangel war beiden nicht neu.
    Der Arzt zog sich ein Paar Einmalhandschuhe an und rückte den Patienten vorsichtig zurecht. Als er den schmutzigen Verband entfernte, kam eine tiefe, großflächige Wunde an der Innenseite des Schenkels zum Vorschein.
    «Klammern nützt nichts», sagte Christophe. «Wir müssen es auf die altmodische Art machen. Gib mir Nadel und Faden.» Er begann, ein Gemisch aus Erde und verkrustetem Blut von der Wunde zu entfernen.
    Vor Schmerz schrie der Junge laut auf, und Tränen schossen ihm in die Augen. Er versuchte sie zurückzuhalten und kniff die Augen fest zusammen, aber es nützte nichts.
    «Sie schmieren Erde in offene Wunden», erklärte Christophe und arbeitete sich zum tiefsten Punkt der Wunde vor. «Ein traditionelles Heilverfahren und ein erstklassiger Entzündungsherd.»
    Sein

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