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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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ernste Sache«, sagte die alte Dame. - »Ja, aber es ist noch ernster, nicht verheiratet zu sein«, sagte das Mädchen. Das kann ich bezeugen, aus eigener Erfahrung, lieber Doktor. Und deswegen denke ich, es ist für die Yankees schlimmer, dass sie sich aus dem Krieg herausgehalten haben, als wenn sie mitgemacht hätten. Wie auch immer, ich weiß zwar nicht viel über sie, aber ich glaube, dass die schon noch was in Bewegung setzen, Woodrow Wilson hin und Woodrow Wilson her. Die werden schon noch merken, dass dieser Krieg nichts mit Fernunterricht zu tun hat. Dann«, rief Susan und fuchtelte dabei energisch mit der Pfanne in der einen und der Schöpfkelle in der anderen Hand herum, »dann werden die nicht mehr zu stolz sein zum Kämpfen.«
    Es war ein fahler, stürmischer Oktobertag, als Carl Meredith fortging. Er hatte sich an seinem achtzehnten Geburtstag in die Liste der Freiwilligen eingetragen. John Meredith verabschiedete sich von ihm mit gefasstem Blick. Jetzt waren seine beiden Jungen fort - nur der kleine Bruce blieb ihm noch. Er liebte Bruce und Bruces Mutter von ganzem Herzen; aber Jerry und Carl waren die Söhne seiner Braut aus jungen Jahren, und Carl war das einzige von seinen Kindern, das genau dieselben Augen hatte wie Cecilia. Wie Carl so dastand in seiner Uniform und ihn so liebevoll aus diesen Augen anschaute, da musste der Pfarrer plötzlich daran denken, wie er Carl einmal beinahe verhauen hätte wegen seines Streichs mit dem Aal. Damals war ihm zum ersten Mal aufgefallen, wie ähnlich Carl seiner Mutter war. Jetzt bemerkte er es wieder. Würde er die Augen seiner verstorbenen Frau, die ihn aus dem Gesicht seines Sohnes anschauten, jemals Wiedersehen? Was für ein hübscher, stattlicher junger Mann er war! Es war schwer, ihn gehen zu lassen, ln seiner Vorstellung sah John Meredith ein aufgewühltes Feld, übersät mit den Leichen der »wehrfähigen Männer zwischen achtzehn und fünfundvierzig«. Dabei war es noch gar nicht lange her, dass Carl ein kleiner Junge gewesen war, der im Regenbogental Käfer fing, Eidechsen mit ins Bett nahm und ganz Gien in Aufruhr versetzte, weil er Frösche in die Sonntagsschule mitbrachte. Irgendwie war es nicht richtig, dass er jetzt plötzlich ein wehrfähiger Mann in Uniform sein sollte. Und doch hatte John Meredith mit keinem Wort versucht ihn umzustimmen, als Carl ihm sagte, dass er gehen müsse.
    Rilla litt sehr darunter, dass Carl ging. Sie waren immer so gute Freunde und Spielkameraden gewesen. Er war nur wenig älter als sie und sie hatten als Kinder im Regenbogental miteinander gespielt. Sie musste an all ihre gemeinsam ausgeheckten Streiche und Dummheiten denken, während sie langsam nach Hause ging. Zwischen den vorüberjagenden Wolken blitzte unheimlich der Vollmond auf, die Telefondrähte summten im Wind, und die großen Ähren der verwelkten Goldrute in den Zaunwinkeln verbeugten sich stürmisch vor ihr wie alte Hexen, die ihr Verwünschungen zuriefen. An solchen Abenden kam Carl früher nach Ingleside herüber und pfiff draußen am Tor nach ihr.
    »Komm, wir machen einen Mondbummel, Rilla«, sagte er dann und schon zogen sie zusammen los zum Regenbogental. Rilla hatte sich nie vor seinen Käfern und Wanzen gefürchtet; von Schlangen allerdings wollte sie nichts wissen. Sie konnten über fast alles miteinander reden und wurden in der Schule deshalb schon geneckt.
    Eines Abends - sie waren ungefähr zehn Jahre alt - trafen sie sich bei der Quelle im Regenbogental und gelobten einander feierlich, dass sie einander niemals heiraten würden. An jenem Tag hatte nämlich Alice Clow in der Schule ihre Namen auf ihrer Tafel »ausgekreuzt«, und dabei kam heraus, dass sie »einander heiraten« würden. Die Vorstellung gefiel ihnen überhaupt nicht und so kam es zu dem Eid im Regenbogental. Besser, man sorgte rechtzeitig vor. Rilla musste lachen, als ihr das wieder einfiel, dann seufzte sie. Gerade heute stand in einem Extrablatt aus London die erfreuliche Mitteilung, dass dies »der finsterste Tag seit dem Ausbruch des Krieges« sei. Finsterer hätte er wirklich kaum sein können. Wenn Rilla wenigstens etwas anderes hätte tun können als warten und sich zu Hause nützlich machen! Es verging kein Tag, an dem nicht irgendein Junge aus Gien fortging. Wenn sie doch ein Junge sein könnte, dann würde sie in Uniform an Carls Seite an die Westfront eilen! Schon als Jem ging, hatte sie sich das im Überschwang der Gefühle gewünscht, aber ohne es wirklich zu

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