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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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könnte. Es wäre doch bestimmt sehr romantisch, eine Kriegshochzeit anzuzetteln, und ich würde Mondgesicht-mit-Schnauzbart zu gern eins auswischen. Aber bis jetzt hat das Orakel noch nicht gesprochen.«

Eine Kriegshochzeit
    »Lieber Doktor, eines kann ich Ihnen sagen«, sagte Susan, blass vor Zorn, »Deutschland macht sich langsam wirklich lächerlich.«
    Alle waren in der großen Küche von Ingleside versammelt. Susan war gerade dabei, einen Plätzchenteig fürs Abendessen anzurühren. Anne machte Butterkuchen für Jem und Rilla mixte Kandisbonbons für Ken und Walter zusammen. Früher waren es in Rillas Gedanken immer Walter und Ken gewesen, aber irgendwie hatte sich wie von selbst die Reihenfolge geändert, und Ken war an die erste Stelle getreten. Auch Cousine Sophia war da und beschäftigte sich mit Stricken. Früher oder später würden alle Jungen umkommen, das spürte Cousine Sophia bis in die Knochen, aber besser mit warmen Füßen sterben als mit kalten. Also strickte sie mit finsterem Blick drauflos.
    Mitten in diese friedliche Szene platzte Gilbert hinein, der ganz außer sich war über die Nachricht, dass die Parlamentsgebäude von Ottawa niedergebrannt worden waren. Susan ließ sich sogleich von seiner Wut anstecken.
    »Was stellen diese Hunnen denn noch alles an!«, rief sie aufgebracht. »Kommen einfach hierher und stecken unsere Parlamentsgebäude in Brand! Ist das nicht eine Ungeheuerlichkeit!«
    »Es steht nicht fest, ob die Deutschen dafür verantwortlich sind«, sagte Gilbert, wobei er sich so anhörte, als sei er sich dessen sicher. »Sie haben nicht bei jedem Brand die Hand im Spiel. Onkel Mark MacAllisters Scheune zum Beispiel ist letzte Woche abgebrannt. Dafür kannst du wohl schlecht den Deutschen die Schuld geben, Susan.«
    »Da bin ich mir gar nicht so sicher, lieber Doktor«, sagte Susan und schüttelte Unheil verkündend den Kopf. »Mondgesicht-mit-Schnauzbart war genau an dem Tag dort. Eine halbe Stunde, nachdem er weg war, brach das Feuer aus. Soviel steht jedenfalls fest - aber ich werde mich hüten einen Kirchenältesten der Brandstiftung zu verdächtigen, ehe ich keine Beweise habe. Aber immerhin weiß doch jeder, lieber Doktor, dass beide Söhne von Onkel Mark zur Front gegangen sind und dass - Onkel Mark selbst auf sämtlichen Rekrutierungsversammlungen Reden hält. Deutschland ist also bestimmt darauf bedacht, es ihm heimzuzahlen.«
    »Ich würde es nie fertig bringen, auf solchen Rekrutierungsversammlungen zu sprechen«, sagte Cousine Sophia ernst. »Ich könnte es nie mit meinem Gewissen vereinbaren, den Sohn einer anderen Frau zum Kriegsdienst aufzufordern, damit er mordet und selbst ermordet wird.«
    »Wirklich nicht?«, sagte Susan. »Liebe Sophia Crawford, was mich betrifft, ich könnte jeden dazu auffordern, wenn ich in der Zeitung lese, dass in Polen kein einziges Kind unter acht Jahren mehr am Leben geblieben ist. Stell dir das mal vor, Sophia Crawford«, Susan hob drohend ihren mehligen Finger, »kein - einziges - Kind - unter - acht - Jahren!«
    »Wahrscheinlich haben die Deutschen sie alle aufgefressen«, seufzte Cousine Sophia.
    »Das nun nicht gerade«, sagte Susan zögernd, als ob es ihr schwer fiele, die Hunnen nicht auch noch eines solchen Verbrechens beschuldigen zu können. »Zu Kannibalen sind die Deutschen bis jetzt noch nicht geworden, jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Sie wurden ausgesetzt und mussten verhungern, die armen kleinen Geschöpfe. Das ist Mord, liebe Cousine Sophia Crawford. Bei dem Gedanken bleibt mir jeder Bissen im Halse stecken.«
    »Hier steht, dass Fred Carson aus Lowbridge die Kriegsverdienstmedaille bekommen hat«, sagte Gilbert, über die Zeitung gebeugt.
    »Davon habe ich schon gehört«, sagte Susan. »Er ist ein Bataillonsbote und hat irgendetwas besonders Wagemutiges getan. Sein Brief, in dem er seinen Leuten darüber schreibt, kam gerade an, als seine alte Großmutter Carson auf dem Sterbebett lag. Sie hatte bloß noch ein paar Minuten zu leben, und der Priester, der bei ihr war, fragte sie, ob es ihr recht wäre, wenn er jetzt betet. «Ja, ja, beten Sie nun, sagte sie da ziemlich ungeduldig - sie war eine Dean, lieber Doktor, und die Deans waren immer schon temperamentvoll -, »beten Sie nur, aber beten Sie um Himmels willen leise und stören Sie mich nicht. Ich will mir diese wunderbare Nachricht noch mal durch den Kopf gehen lassen, und dazu habe ich nicht mehr viel Zeit.« Das war typisch Almira Carson. Fred war ihr

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