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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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und eine solche Armee nicht besiegt werden kann«. Nein, sie kann nicht besiegt werden. Wir werden letzten Endes siegen. Nicht einen Augenblick werde ich daran zweifeln. Zweifeln würde bedeuten, »die Treue zu brechen«.
    Wir alle haben uns in letzter Zeit für das so genannte »Sieges-darlehen« eingesetzt. Wir vom Jugend-Rotkreuz haben kräftig dafür geworben und mehrere zähe alte Kerle an Land gezogen, die zuerst absolut nichts investieren wollten. Ich - ja wirklich, ich - habe sogar Mondgesicht-mit-Schnauzbart herumgekriegt. Dabei hatte ich damit gerechnet, dass er mich anschnauzt und mir eine Abfuhr erteilt. Aber zu meinem Erstaunen war er ganz liebenswürdig und verpflichtete sich sogleich zu einem Wertpapier in Höhe von tausend Dollar. Er mag ja ein Pazifist sein, aber eine gute Investition weiß er zu schätzen. Fünfeinhalb Prozent sind fünfeinhalb Prozent, auch wenn eine militaristische Regierung sie bezahlt.
    Um Susan zu necken, meinte Vater, ihre Rede auf der Werbeversammlung hätte Mr Pryor zur Einsicht bewogen. Ich halte das aber für ziemlich unwahrscheinlich, weil Mr Pryor an Susan kein gutes Haar mehr lässt seit ihrer unmissverständlichen Abfuhr. Aber Susan hielt eine großartige Rede, die beste auf der ganzen Versammlung. Es war das erste Mal, dass sie so was gemacht hat - und das letzte Mal, wie sie versichert. Ganz Gien war versammelt, und es gab eine ganze Reihe von Reden, aber irgendwie klangen die alle so platt, und es wollte einfach keine Begeisterung aufkommen. Susan war entsetzt über die Teilnahmslosigkeit der Leute, weil sie ganz versessen darauf war, dass Prince Edward Island eine besonders hohe Quote erzielt. Immer wieder raunte sie Gertrude und mir zu, da sei doch überhaupt »kein Schwung« drin in diesen Reden; und als sich schließlich kein Mensch anschickte, einen Vertrag zu unterschreiben, da drehte sie durch. Zumindest stellt sie es selber so dar. Sie sprang auf, mit grimmigem Gesicht unter ihrer Haube - Susan ist die einzige Frau in ganz Gien St. Mary, die noch eine Haube trägt -, und sagte bissig und so laut, dass jeder es hören konnte: »Klar ist es billiger, über den Patriotismus zu reden, als dafür zu bezahlen. Und wir fordern natürlich Barmherzigkeit, wir fordern euch auf, uns euer Geld umsonst zu leihen! Das wird den Kaiser ganz schön mutlos machen, wenn er von dieser Versammlung erfährt!«
    Susan ist festen Glaubens, dass die Spione des deutschen Kaisers - einer davon wahrscheinlich in Gestalt von Mr Pryor - ihn umgehend über alles informieren, was sich in Gien abspielt. Norman Douglas rief: »Hört, hört!«, und irgendein Junge im Hintergrund sagte: »Und wie steht’s mit Lloyd George?«, in einem Ton, der Susan missfiel. Lloyd George ist ihr Lieblingsheld, seitdem Kitchener nicht mehr da ist.
    »lch stehe jederzeit hinter Lloyd George«, erwiderte Susan. »Na, das wird ihn aber beträchtlich aufmuntern«, sagte Warren Mead mit seinem widerwärtigen Lachen.
    Warrens Bemerkung war der zündende Funke. Susan »legte los«, wie sie sich ausdrückt, und »sagte, was zu sagen war«. Und sie machte ihre Sache bemerkenswert gut. Ihrer Rede mangelte es nicht an Schwung. Wenn Susan in Fahrt ist, dann lässt ihre Redekunst nichts zu wünschen übrig, und die Art, wie sie die Männer da heruntergeputzt hat, war einfach herrlich und erfolgreich noch dazu. Sie sagte, gerade Frauen wie sie seien es, und zwar millionenfach, die tatsächlich hinter Lloyd George stünden und die ihm tatsächlich Mut machten. Das war der Grundton ihrer Rede. Liebe alte Susan! Sie bringt es fertig, jeden Drückeberger mit ihrem Patriotismus, ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Verachtung vom Stuhl zu reißen, und als sie so richtig auf ihre Zuhörer eindröhnte, waren sie wie elektrisiert. Susan versichert immer, sie sei keine Stimmrechtlerin, aber an dem Abend stand sie ganz auf Seiten der Frauen und machte die Männer ganz klein. Als sie mit ihnen fertig war, waren sie so weit, ihr aus der Hand zu fressen. Sie schloss ihre Rede mit dem Befehl - jawohl, mit dem Befehl an alle Männer-, sich unverzüglich auf die Bühne zu begeben und in Wertpapiere zu investieren. Nach einem heftigen Applaus taten das auch die meisten, sogar Warren Mead. Als am nächsten Tag der Gesamtbetrag in den Charlottetowner Nachrichten erschien, stellten wir fest, dass Gien St. Mary jeden Bezirk auf der Insel übertraf, und das haben wir mit Sicherheit Susan zu verdanken. Dabei war sie an dem Abend ganz kleinlaut, als

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