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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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aus hergelaufen. Aber jetzt muss ich heimrennen, weil ich Luke MacAllister versprochen habe ihm heute Abend im Getreideschober zu helfen. Jetzt, wo die Jungen so rar sind, müssen wir Mädchen eben Zusehen, dass die Ernte reinkommt. Ich hab so eine Latzhose zum Arbeiten, die steht mir wirklich gut. Mrs Alec Douglas findet sie allerdings unanständig und sagt, die gehören verboten. Sogar Mrs Elliott macht ein misstrauisches Gesicht. Aber zum Glück dreht die Welt sich weiter, und außerdem macht es mir Spaß, Kitty Alec zu schockieren.«
    »Übrigens, Vater«, sagte Rilla, »ich werde Jack Flagg im Laden seines Vaters für einen Monat vertreten. Ich hab es ihm heute versprochen, wenn du einverstanden bist. Dann kann er den Bauern bei der Ernte helfen. Draußen auf dem Feld wäre ich bestimmt keine große Hilfe - auch wenn viele Mädchen dort mithelfen -, aber Jack kann dann gehen, wenn ich seine Arbeit übernehme. Jims ist ja jetzt tagsüber nicht mehr so anstrengend und abends bin ich ja wieder zurück.«
    »Meinst du, es macht dir Spaß, Zucker und Bohnen abzuwiegen und mit Butter und Eiern zu handeln?«, fragte Gilbert augenzwinkernd.
    »Wahrscheinlich nicht. Aber darum geht es nicht. Nur, so kann ich mich wenigstens nützlich machen.«
    So stellte sich Rilla also einen Monat lang hinter Mr Flaggs Theke. Und Susan half auf Albert Crawfords Weizenfeldern. »Ich nehme es noch mit jedem von denen auf«, sagte sie stolz. »Mich schlägt so leicht kein Mann, wenn es darum geht, die Scheune zu füllen. Zuerst hat Albert mich zweifelnd angeguckt, als ich ihm meine Hilfe angeboten habe. »Ich fürchte, die Arbeit wird für Sie zu schwer sein«, sagte er. »Probieren Sie’s einen Tag mit mir, dann werden Sie schon sehen«, habe ich da gesagt, »ich werd verdammt noch mal mein Bestes tun.«« Keiner sagte etwas. Und das bedeutete, dass alle Susans Mut und Eifer bewunderten. Susan aber missverstand das Schweigen und ihr sonnengebräuntes Gesicht lief rot an.
    »Diese Flucherei wird mir anscheinend zur Gewohnheit, liebe Frau Doktor«, sagte sie zur Entschuldigung. »Und das in meinem Alter! Das ist wirklich kein gutes Beispiel für die jungen Mädchen. Bestimmt kommt das vom vielen Zeitunglesen. Die Zeitungen sind so voller Gemeinheiten, und die stehen noch nicht mal in Anführungszeichen, so wie das zu meiner Zeit üblich war. Dieser Krieg macht alle guten Sitten zunichte.« So stand Susan also oben auf dem Heuwagen mit flatterndem Haar und bis in Kniehöhe hochgebundenem Rock, weil es sicherer und praktischer war - keine Latzhose für Susan, bitte schön! Sie machte weder eine schöne noch eine romantische Figur, aber die Kraft, die ihre mageren Arme belebte, war genauso stark wie die, die Vimy Ridge eroberte lind die deutschen Heere von Verdun zurückhielt.
    Eine solche Betrachtungsweise war Mr Pryor wahrscheinlich eher fremd, als er eines Nachmittags vorbeigefahren kam und Susan beim Garbenbinden erblickte.
    Ganz schön wackere Frau, überlegte er. Da können die jüngeren nicht so leicht mithalten. Das wäre bestimmt kein Fehler, probieren könnte ich’s ja. Wenn Milgrave lebendig zurückkommt, dann verliere ich Miranda, und Hausangestellte kosten schließlich mehr als eine Frau und lassen einen noch dazu schnell wieder im Stich. Ich werd drüber nachdenken.
    Es war eine Woche später, als Anne spätnachmittags aus dem Dorf kam. Am Tor von Ingleside blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Draußen neben dem Küchenfenster kam plötzlich der stämmige, sonst so aufgeblasene Mr Pryor hervorgesprungen und rannte mit angstverzerrtem Gesicht um sein Leben. Die Angst war nicht unbegründet, denn Racheengel Susan sauste ihm mit einem riesigen, rauchenden Topf und Unheil verkündender Miene hinterher. Verfolgerin und Verfolgter hetzten wie wild über den Rasen. Mr Pryor erreichte das Tor mit knapper Not vor Susan, riss es auf und flüchtete die Straße hinunter, ohne die verdatterte Lady von Ingleside eines Blickes zu würdigen. »Susanj«, rief Anne.
    Susan hielt in ihrem Galopp inne, setzte ihren Topf ab und drohte Mr Pryor mit der Faust hinterher; der rannte immer noch in der irrigen Meinung, Susan sei hinter ihm her. »Susan, was um Himmels willen hat das zu bedeuten?«, fragte Anne streng.
    »Gute Frage, liebe Frau Doktor«, sagte Susan zornig. »Seitjahren hat mich nichts mehr so aus der Fassung gebracht. Dieser - dieser - Pazifist hat doch tatsächlich die Stirn gehabt, hierher zu

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