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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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von diesen alten Liberalen muss es tödlich sein, für Sir Robert Bordens Partei zu stimmen. Aber sie müssen es tun, weil sie der Meinung sind, es sei an der Zeit, die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Und ein paar von diesen armen Konservativen, die gegen die Wehrpflicht sind, müssen für Laurier stimmen, der ihnen immer so verhasst war. Manche nehmen das wirklich sehr schwer. Andere scheinen derselben Meinung zu sein wie Mrs Marshall Elliott in Bezug auf die Kirchenunion. Gestern Abend war sie hier bei uns. Sie kommt nicht mehr so oft wie früher, weil sie in ihrem Alter den weiten Weg nicht mehr schafft, die arme alte »Miss Cornelia«. Ich denke nur ungern daran, dass sie alt wird. Wir haben sie immer so gern gehabt und sie ist immer so nett gewesen zu uns Ingleside-Kindern.
    Sie war bisher immer strikt gegen die Kirchenunion. Aber gestern Abend, als Vater ihr erzählte, dass die Entscheidung darüber so gut wie gefallen sei, sagte sie seufzend: »Nun ja, in einer Welt, in der alles drüber und drunter geht, kommt es darauf auch nicht mehr an. Trotzdem, im Vergleich zu den Deutschen sind mir sogar die Methodisten sympathisch.« Unser Jugend-Rotkreuz kommt ganz schön voran, und das, obwohl Irene wieder mitmacht - nachdem sie sich offenbar mit denen aus Lowbridge gezankt hat. Auf der letzten Versammlung hat sie mir ja so einen netten Stich versetzt, als sie sagte, sie hätte mich in Charlottetown schon von weitem »an meinem grünen Samthut« erkannt. Jeder erkennt mich an diesem abscheulichen Hut. Jetzt werde ich ihn schon das vierte Jahr tragen. Selbst Mutter war dafür, dass ich mir diesen Herbst einen neuen kaufe; aber ich sagte Nein. Solange dieser Krieg dauert, solange werde ich im Winter diesen Samthut aufsetzen.
     
    23. November 1917
    Die Piave-Front hält noch stand und General Byng hat einen großartigen Sieg in Cambrai errungen. Deswegen habe ich die Flagge gehisst. Aber Susan sagte nur: »Ich werde heute Abend einen Kessel Wasser aufsetzen. Klein Kitchener hat bis jetzt noch nach jedem britischen Sieg einen Kruppanfall bekommen. Ich kann bloß hoffen, dass kein deutsches Blut in seinen Adern fließt. Über die Herkunft seines Vaters ist ja nicht viel bekannt.«
    Jims hat diesen Herbst wirklich ein paar Kruppanfälle gehabt, aber nur Pseudokrupp, nicht den schrecklichen Krupp vom letzten Jahr. Aber welches Blut auch immer in seinen Adern fließt, es ist gesundes Blut. Er sieht frisch aus und pummelig und niedlich mit seinen kleinen Löckchen; und er sagt so lustige Sachen und stellt die komischsten Fragen. In der Küche sitzt er am liebsten auf einem ganz bestimmten Stuhl; aber das ist gleichzeitig Susans Lieblingsstuhl, und wenn sie sich hinsetzen will, dann muss Jims das Feld räumen. Als sie ihn das letzte Mal hinausbugsieren wollte, da drehte er sich um und fragte ganz ernst: »Wenn du tot bist, Susan, darf ich denn dann auf dem Stuhl sitzen?« Susan fand es schrecklich, was er da sagte, und ich glaube, das war der Zeitpunkt, als sie anfing sich wegen seiner möglichen Abstammung Sorgen zu machen. Neulich abends habe ich Jims auf einen Spaziergang bis zum Laden mitgenommen. Es war das erste Mal, dass er so spätabends noch draußen war, und als er die Sterne sah, rief er: »Oh, Willa, sieh mal den Mond und die vielen kleinen Monde!« Und Mittwoch früh wachte ich auf und stellte fest, dass mein kleiner Wecker nicht geklingelt hatte, weil ich vergessen hatte ihn aufzuziehen. Da sprang Jims aus seinem Bettchen und kam ganz erschrocken in seinem blauen Schlafanzug zu mir hergerannt. «Der Wecker ist tot!«, rief er, »Willa, der Wecker ist tot!«
    Eines Abends war er böse auf Susan und mich, weil er seinen Willen nicht bekam. Zum Abendgebet ließ er sich wütend auf die Knie fallen, und als er an die Stelle kam: »Und mach, dass ich ein gutes Kind werde«, fügte er laut hinzu: »Und Willa und Susan auch, weil sie nämlich nicht gut sind!«
    Ich habe nicht vor, alles, was Jims so von sich gibt, allen Leuten zu erzählen. Mir geht es auf die Nerven, wenn andere Leute so was tun! Stattdessen bewahre ich seine Aussprüche in diesem Tagebuchsammelsurium auf!
    Als ich Jims heute Abend ins Bett legte, schaute er zu mir hoch und fragte mit ernster Stimme: »Warum kann es nicht noch mal gestern sein, Willa?«
    Jims, wie Recht du hast, warum kann es nicht noch mal gestern sein! Gestern, als wir noch träumen und lachen konnten. Als unsere Jungen noch bei uns waren. Als Walter und ich zusammen lasen und

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