Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
angekommen, bedeutete ihnen Menno nun vorsichtig und vor allem leise zu sein, denn die letzten dreißig Schritt Höhenunterschied bis zum Fuß der Schildmauer konnten sie von oben gesehen werden, falls sich ein Wachsoldat zufällig über die Mauer beugte. Inzwischen war die Sonne untergegangen, doch die Felswand wurde schwach vom grünen Licht von Amanar, dem größeren der beiden Monde von Makar, beleuchtet. Vorsichtig, da sie nun nur noch Haken einschlugen, wenn es unbedingt notwendig war, wegen des damit verbundenen Lärms, schoben sich die drei sehr viel langsamer, als vorher, weiter nach oben.Etwa eine Stunde vor Mitternacht, als auch der kleine Mond Ximonar den Himmel betrat, und sein rotes Licht mit dem grünen Licht von Amanar vermischte, erreichten sie den Fuß der Schildmauer. Die drei Freunde setzten sich auf einen Felsvorsprung am Fuß der Mauer, ruhten sich ein wenig aus und warteten auf das vereinbarte Signal von Hauptmann Kufur.
"Meinst du, dass sie pünktlich sind?", fragte Ragnor ein wenig besorgt."Da bin ich sicher", antwortete ihm Menno zuversichtlich. "Ich hatte mit Kufur vereinbart, dass wir kurz nach Mitternacht über die Mauer gehen, da dann gerade der Wachwechsel vorbei ist, und die Streife sich deshalb auf der anderen Seite der Burg befindet, wo ihr Rundgang beginnt."Er reichte dem Jungen die Wasserflasche und forderte ihn auf, noch mal einen kräftigen Schluck zu nehmen.
Ragnor ließ, nachdem er getrunken hatte, seinen Blick über das von den Monden beleuchtete Tal der Mors streifen. Rote und grüne Lichtreflexe zeichneten die beiden Monde auf die Wasseroberfläche des Flusses, als ob sie einen Malwettbewerb abhalten würden. Ragnor legte seine rechte Hand auf den Schwertgriff von Quorum und ließ die friedliche Ruhe des Bildes und die beruhigenden Impulse des Quasarschwertes auf sich wirken. Es funktionierte großartig. Alle Anspannung fiel von ihm ab, und als dann das vereinbarte Signal, zweimal drei Käuzchenrufe, erschallten, empfand er es zu seiner Überraschung fast als Störung.
Die drei Männer begannen nun unverzüglich mit ihren abschließenden Vorbereitungen. Menno und Ragnor schwärzten ihre Gesichter mit Holzasche, welche sie in einem kleinen Leinensäckchen mitgebracht hatten. Maramba sah ihnen grinsend dabei zu und meinte spöttisch: "Manchmal erspart einem eine schwarze Haut doch einige Mühen und vor allem unangenehmen Schmutz!"Menno antwortete, während er sich mit angewidertem Gesichtsausdruck die schmierige schwarze Paste aus Asche und Wasser ins Gesicht schmierte: "Du hast zwar recht, aber immerhin kannst du es nachher nicht einfach abwaschen."
Mitternacht war kaum vorbei, als Menno das Zeichen zum Aufbruch gab. Er nahm den Enterhaken auf, stellte sich in Position, holte Schwung und ließ den dreizinkigen Haken einige Male kreisen. Dann schleuderte er ihn mit einer locker wirkenden Bewegung über die gut zehn Schritt hohe Mauer. Der Haken schlug nicht laut scheppernd auf Stein, wie sie insgeheim befürchtet hatten, sondern es war lediglich ein dumpfer Schlag zu hören. Der Haken hatte sich ganz offenbar, wie geplant, im Holz des umlaufenden Wehrganges verhakt.Sie verharrten einen Moment regungslos und lauschten, ob jemand von der Wachmannschaft etwas mitbekommen hatte und sich dort oben etwas rührte. Aber es blieb zu ihrer großen Erleichterung ruhig. Menno zog nun das Seil an, bis der Haken Widerstand fand, dann zog er noch einmal fest daran und drehte das Seil dabei in verschiedene Richtungen, um sicher zu gehen, dass er auch fest saß.
"Also gut, ich klettere als Erster rauf", flüsterte er Maramba und Ragnor zu. "Ragnor kommt nach, wenn ich oben geprüft habe, ob die Luft rein ist. Ich werde dann kurz zweimal am Seil ziehen, wenn du nachkommen kannst. Maramba folgt dann unverzüglich nach."Die beiden Angesprochenen nickten kurz, was Menno befriedigt zur Kenntnis nahm. Er zog das Seil straff und begann schnell und geschmeidig, wie eine Katze, am Seil die Mauer hoch zu klettern.
Auf der Mauerkrone angekommen, schwang er sich leise auf den hölzernen Wehrgang und sah sich um. Es war niemand zu sehen, nur unten am Torhaus und drüben am Palais brannten ein paar Fackeln, welche den Burghof in ein schummriges, rotes Licht tauchten. Das Mondlicht hingegen wurde in der Enge der Burg von den hohen Mauern fast vollständig verschluckt und trug nur wenig zur Ausleuchtung des Innenraumes der Burg bei."Sehr gut", dachte Menno. "Wir sind auf dem Wehrgang so gut wie
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