Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
Stickereien, welches sie unter den Beutestücken gefunden hatten, ordentlich richtete und ihr dann auch noch die langen braunen Haare zu einem festen Zopf flocht. Er tat das alles gern und sehr geschickt, obwohl er bisher kein Schwesterchen gehabt hatte. Es zahlte sich jetzt aus, dass er der alten Tana des Öfteren am Morgen, wenn sie die Gicht in ihren alten Gelenken geplagt hatte, ihre Zöpfe geflochten hatte.
Nach einem herzlichen Abschied von Hauptmann Kufur und seinen Soldaten rollten die beiden Wagen dann mit Menno und Ragnor an der Spitze aus dem Grenzweiler auf der alten Handelsstraße an der Mors entlang in Richtung Burg Kaarborg. Der Hauptmann und seine Leute würden ihren Wachdienst an der Grenze wieder aufnehmen, sich aber durch ein weiteres Kontingent von noch einmal einhundert Mann aus Burg Koman verstärken lassen, denn es war ja immerhin möglich, dass Atz von Ahrborg, in seiner ersten Wut, einen Überfall inszenierte, um sein Mütchen zu kühlen. Hauptmann Kufur rechnete aber eigentlich nicht wirklich damit, denn der Erbe des Barons von Ahrborg war kein kompletter Idiot, der, trotz seiner sicherlich grenzenlosen Wut über seine abgebrannte Burg, seinem Gegner, mit einem offenen Agressionsakt, in die Hände spielen würde.
Ragnor ritt mit Menno vorne weg, ganz in Gedanken versunken. Das Gespräch mit Leutnant Mazar beschäftigte ihn immer noch sehr. Was würde ihn wohl auf der Burg erwarten. Er ließ noch einmal seine von Rurig begonnene Ausbildung im letzten Winter Revue passieren und gestand sich selbst kritisch ein, dass sein größter Schwachpunkt, der Kampf mit der Lanze war, der vor allem bei den festlichen Turnieren, in denen Bedeutung und Ruhm eines Ritters in Friedenszeiten geprüft wurden, eine wichtige Rolle spielte. Er nahm sich vor, intensiv daran zu arbeiten, sobald er auf der Burg war. Er wollte, wenn er schon nicht adelig war, auf jeden Fall der Beste werden, und das nicht nur mit dem Schwert, sondern auch mit der ungeliebten Lanze.
"Schau mal, Ragnor, dort vorn liegt die Ebene von Kaarborg, eine der fruchtbarsten Landschaften von ganz Caer", riss ihn Mennos Stimme aus seinen Überlegungen.Er blickte auf und sah, dass sie das Ende des Mittelgebirgsriegels erreicht hatten. Zwischen zwei hohen Felsen, an denen die Mors durch das Gebirge brach, sah er, dass der Fluss, der sich bisher eher ungebärdig durch das enge Tal gekämpft hatte, nun breit und träge in eine weite Ebene hinausfloß, die in der Morgensonne hell schimmerte.
Sie ritten an den beiden Felsen vorbei, aus dem Schatten des Tales heraus, in die lichtdurchflutete Ebene, die sich so weit vor ihnen erstreckte, wie das Auge reichte. Das war für den Jungen eine ganz neue Erfahrung, da sich sein bisheriges Leben im Gebirge oder zumindest in hügeligen Mittelgebirgslandschaften abgespielt hatte, welche zumeist über einen klar begrenzten Horizont verfügten. Nachdem sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse angepasst hatten, konnte er sehen, dass hier eine endlos weite, blühende Kulturlandschaft vor ihnen lag. Der Sommer stand in vollem Saft, und die Kornfelder, die nur hin und wieder von kleineren Waldstücken unterbrochen wurden, leuchteten golden in der Sonne. Der Junge kniff die Augen zusammen und konnte nun auch einzelne Gehöfte ausmachen, die wie kleine dunkle Erhebungen zwischen den Feldern lagen.
Ragnor zeigte mit seiner Hand ins weite Rund und sagte dann beeindruckt: "Eine wirklich wunderschöne Landschaft. Hier wächst ja mehr Gelbkorn, als wir auf unserer Reise durch ganz Ahrborg gesehen haben.""Da hast du wohl recht. Kaarborg ist eine gesegnete Grafschaft", stimmte ihm Menno zu. "Aber", fuhr er fort, "das hat auch seine Nachteile. Die jeweiligen Könige von Lorca würden Kaarborg nur zu gerne in ihren Besitz nehmen. Doch die Grafen von Kaarborg zeigen ihnen seit fast tausend Jahren die kalte Schulter, egal ob sie versuchten, sie militärisch zu zwingen oder ob sie ihnen verlockende Angebote machten, um sie zum Gefolgschaftseid auf Lorca zu bewegen. Im Moment scheint es der aktuelle König von Lorca mal wieder mit der militärischen Option zu versuchen, und diesmal hat er unseren Rurig ganz schön in der Zange, denn er hat sich mit Harkon und Ahrborg verbündet, um sein Ziel zu erreichen."Als er sah, dass seine Worte Ragnor sehr beunruhigten, fügte er aufmunternd grinsend hinzu: "Mach dir keine unnötigen Sorgen. Wir werden es ihm schon zeigen, denn der König von Caer und der alte Kador da
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