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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
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verbrachte. Aber seine Hände waren die eines Metzgers – dick und rau. Kindlichkeit tanzte an den Rändern eines verspielten Lächelns, während er geduldig abwartete, bis Tony seine Gedanken geordnet und seine Stimme wiedergefunden hatte.
    »Dann«, Tony räusperte sich, »enden also alle diese Pfade hier oben?« Die Antwort lag eigentlich auf der Hand, aber von den Myriaden Fragen war sie die erste, die ihm durch den Kopf schoss.
    »Nein«, antwortete der Mann mit kräftiger, wohlklingender Stimme. »Es ist genau andersherum. Alle diese Pfade gehen von hier aus. Heutzutage werden sie aber wenig begangen.«
    Das ergab für Tony keinen Sinn, und im Moment erschien es ihm zu kompliziert. Also stellte er eine einfachere Frage: »Sind Sie Engländer?«
    »Hah«, sagte der Mann, warf den Kopf zurück und lachte, »Himmel, nein! Ich bin Ire! Und wir Iren sprechen das einzig wahre Englisch.« Er beugte sich wieder vor. »Allerdings habe ich lange genug bei den Engländern gelebt, um mir einige ihrer sprachlichen Unsitten anzugewöhnen. Daher ist Ihr Fehler verzeihlich.« Er lachte wieder und setzte sich neben Tony auf einen flachen Stein, mit angezogenen Knien, sodass er seine Ellbogen bequem auf ihnen abstützen konnte.
    Sie schauten auf die Straße, zu deren beiden Seiten der Wald eine undurchdringliche Barriere bildete, wie eine grüne Mauer.
    »Ganz unter uns gesagt«, fuhr der Ire fort, »ich muss zugeben, dass ich inzwischen zu schätzen weiß, was die Engländer für mich getan haben. Allerdings haben sie im Ersten Weltkrieg versucht, ein paar von uns durch freundliches Feuer zu töten. War aber sicher keine böse Absicht, dass sie ihren Granatbeschuss zu kurz legten. Sie hatten wohl zu wenige Mathematiker, nehme ich an. Gott sei Dank kämpften wir auf ihrer Seite.«
    Als wollte er seinen Sarkasmus feiern, nahm der Mann aus der Tweedtasche über seinem Herzen eine kleine Pfeife, zog daran und blies Rauch aus wie einen erleichterten Seufzer. Der Tabakduft war angenehm und schwebte einen Moment in der Luft, ehe er von den stärkeren Gerüchen des Waldes absorbiert wurde. Ohne hinzusehen, bot er die Pfeife Tony an.
    »Möchten Sie probieren? Drei Nonnen sitzen behaglich in einer Tetley’s Lightweight.«
    »Drei Nonnen?«, fragte Tony, der nichts von Pfeifen und Tabak verstand.
    »Three-Nuns-Tabak. Noch etwas, wofür wir den Engländern Dank schulden.«
    »Oh, nein danke. Ich rauche nicht.«
    »Recht so, Mr. Spencer«, erwiderte der Mann mit ironischem Unterton. »Ich habe mir sagen lassen, dass Rauchen einen umbringen kann.«
    Damit ließ er die Pfeife wieder in die Brusttasche gleiten, mit dem Kopf nach unten und ohne sie auszumachen. In die Tasche war ein Flicken aus fremdem Stoff eingenäht, aus einer alten Hose vielleicht. Vermutlich war der Originalstoff glimmenden Tabakresten zum Opfer gefallen.
    »Sie kennen mich?«, fragte Tony. Er kramte in seinen Erinnerungen, doch diesen Mann konnte er darin nicht finden.
    »Wir alle kennen Sie, Mr. Spencer. Aber bitte entschuldigen Sie meine schlechten Manieren. Mein Name ist Jack, und es ist mir eine Ehre, Sie endlich kennenlernen zu dürfen, also, von Angesicht zu Angesicht.« Er streckte ihm die Hand entgegen, und Tony ergriff sie, eher mechanisch.
    »Nun, ich heiße Tony … aber das wissen Sie ja wohl schon? Woher genau kennen Sie mich denn? Sind wir uns schon einmal begegnet?«
    »Nicht persönlich. Es war Ihre Mutter, die mich Ihnen vorstellte. Es ist kein Wunder, dass wenig davon haften geblieben ist. Ich habe mich sowieso nie für besonders denkwürdig gehalten. Dennoch hinterlassen Kindheitseinflüsse tiefe Prägungen, zum Guten wie zum Schlechten.«
    »Aber wie ist das möglich?«, stammelte Tony verwirrt.
    »Wie ich schon sagte, wir alle kennen Sie. Das Erkennen erfolgt schichtweise. Sogar unsere eigene Seele verstehen wir erst wirklich, wenn sich der Schleier hebt und wir ins Licht treten, um erkannt zu werden.«
    »Wie bitte?«, unterbrach ihn Tony und spürte Ärger in sich aufsteigen. »Was Sie da erzählen, ergibt für mich überhaupt keinen Sinn. Offen gesagt, scheint es mir völlig irrelevant. Ich habe keine Ahnung, wo ich mich befinde und wie spät es eigentlich ist, und Sie sind nicht gerade hilfreich!«
    »In der Tat.« Jack nickte mit nüchterner Miene, als sei das tröstlich.
    Tony vergrub das Gesicht in den Händen und versuchte nachzudenken. Seine zunehmende Irritation unterdrückte er, so gut es ging.
    »Anthony, Sie kennen mich, nicht gut

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