Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
was als real wahrgenommen wird.«
Tony hob die Hände und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber da kann ich nicht folgen. Ich verstehe nicht …«
»Doch, Sie verstehen sehr gut«, unterbrach ihn Jack. »Sie verstehen sehr viel mehr, als Sie realisieren. Lassen Sie es mich Ihnen an ein paar Beispielen erklären.«
»Habe ich eine Wahl?« Tony fügte sich. Er hatte noch immer keine Ahnung, worauf der andere hinauswollte, aber er war nun eher interessiert als verärgert. Irgendwo in den Worten dieses Mannes war ein Kompliment versteckt. Er begriff es zwar noch nicht, aber er konnte es spüren.
Jack lächelte. »Gute Frage, aber für die Antwort ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt. Kommen wir zur Sache zurück: Es gibt jene, die ganz ›real‹ glauben, es hätte nie einen Holocaust gegeben und auch keine Mondlandung, dass die Erde eine Scheibe ist und dass unter dem Bett Monster wohnen. Es ist für sie real, aber es ist nicht wahr. Nun zu etwas Persönlicherem: Ihre Loree glaubte …«
»Was hat meine Ex damit zu tun?« Tony reagierte mit mehr als nur ein bisschen Abwehr. »Ich nehme an, dass Sie auch sie kennen. Und nur damit Sie es wissen: Für den Fall, dass sie hier irgendwo herumschleicht – ich habe kein Interesse, mit ihr zu reden.«
Jack hob beschwichtigend die Hände. »Tony, beruhigen Sie sich. Das dient nur dazu, Ihnen etwas zu veranschaulichen. Es ist nicht als Tadel gemeint. Darf ich fortfahren?«
Tony verschränkte die Arme und nickte. »Okay. Wie Sie merken, ist das nicht gerade mein Lieblingsthema.«
»Ja, ich verstehe«, sagte Jack. »Nun zu meiner Frage: Hat Loree je geglaubt, dass Ihre Liebe zu ihr real war?«
Dieser Jack nahm sich unter den gegebenen Umständen ganz schön viel heraus! Tony fand die Frage geradezu absurd persönlich. Er zögerte einen Moment, aber dann beantwortete er sie geradeheraus. »Ja«, gab er zu. »Vermutlich gab es eine Zeit, als sie glaubte, meine Liebe zu ihr wäre real.«
»Sie denken also, Ihre Liebe war real für sie?«
»Wenn sie glaubte, dass sie real war, dann, ja, war sie für Loree real.«
»Dann stellt sich folgerichtig die Frage: War Ihre Liebe zu ihr auch für Sie real, Tony? Haben Sie Loree wirklich geliebt?«
Sofort spürte Tony, wie seine inneren Schutzwälle hochfuhren. Er fühlte sich angegriffen. Normalerweise hätte er nun schnell das Thema gewechselt, durch eine launige oder sarkastische Bemerkung von den unangenehmen Gefühlen abgelenkt und den Fluss der Worte in unbeschwertere, unwesentliche Bahnen geleitet. Aber bei diesem Gespräch hatte Tony nichts zu verlieren. Er würde diesen Mann nie wiedersehen, und er fand diesen sonderbaren Austausch faszinierend. Es war ihm schon sehr lange nicht mehr passiert, dass eine Unterhaltung so schnell so in die Tiefe ging. Und er hatte es zugelassen. So viel zur vermeintlichen Sicherheit von Träumen.
»Ehrlich?« Er schwieg kurz. »Ehrlich gesagt, wusste ich nicht wirklich, wie ich sie hätte lieben können. Ich wusste überhaupt nicht, wie man liebt, irgendeinen Menschen liebt.«
»Danke, Anthony, dass Sie das so offen zugeben. Ich bin sicher, Sie haben recht. Der Punkt ist aber, dass Loree an Ihre Liebe glaubte, und obwohl diese Liebe nicht existierte, wurde sie für Loree so real, dass sie eine ganze Welt, ein ganzes Leben darauf aufbaute … zweimal.«
»Dass Sie das jetzt zur Sprache bringen müssen!«, stöhnte Tony.
»Es ist nur eine Beobachtung, mein Sohn, kein Urteil. Nehmen wir noch eine andere Veranschaulichung, ja?« Er gab Tony einen Moment, um sich wieder zu fangen, dann sagte er: »Angenommen, rein theoretisch natürlich, es gäbe wirklich einen Gott, ein höheres Wesen, das …«
»An so etwas glaube ich nicht«, unterbrach ihn Tony.
»Ich habe nicht die Absicht, Sie zu überzeugen, Tony. Das ist nicht mein Job. Vergessen Sie nicht, dass ich tot bin, und Sie sind … verwirrt. Ich möchte Ihnen nur den Unterschied zwischen real und wahr deutlich machen. Das ist unser Thema, wenn Sie sich erinnern.« Er lächelte, und Tony lächelte unwillkürlich zurück. Die Freundlichkeit dieses Mannes hatte etwas Entwaffnendes, ging in die Tiefe.
»Nehmen wir an, dieser Gott ist immer gut, niemals ein Lügner, täuscht nie, sagt immer die Wahrheit. Eines Tages kommt dieser Gott zu Ihnen, Anthony Spencer, und sagt: ›Tony, nichts wird dich je von meiner Liebe trennen, weder Tod noch Leben, kein Bote des Himmels und kein weltlicher Herrscher, nichts, was heute geschieht
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