Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
Überraschung sah er außerdem am unteren Ende des an einem großen Hang liegenden Landgutes eine Ansammlung hellerer Lichter. Er erinnerte sich nicht, dort andere Gebäude gesehen zu haben, aber er hatte ja auch nicht wirklich danach Ausschau gehalten.
Er reckte und streckte sich ein letztes Mal, um das lange Sitzen aus seinen Knochen zu vertreiben, bückte sich dann und warf einen Blick in die Hütte. Sie war innen größer, als es von außen den Anschein hatte. Aber das war möglicherweise eine Illusion, hervorgerufen durch die Art, wie Großmutter den vorhandenen Platz ausnutzte. Vor einer Wand brannte ein Feuer, und der aufsteigende Rauch verschwand durch ein ziemlich kompliziertes System von Abdeckungen, die vermutlich den Regen daran hinderten, das Feuer zu löschen, den Rauch aber entweichen ließen.
»Darf ich hereinkommen?«, fragte er.
»Natürlich, du bist hier immer willkommen!« Sie winkte ihn freundlich herein. Der Boden war mit Decken ausgelegt, und auf die Gefahr hin, irgendein Protokoll zu verletzen, setzte er sich und merkte überrascht, wie angenehm weich und flauschig diese Decken waren. Es schien sie nicht zu stören, und er machte es sich bequem. Dann schaute er zu, wie sie sich über etwas beugte, das wie ein Eintopf duftete und aussah, während daneben, auf einem Stein neben dem Feuer, ein Fladenbrot gebacken wurde. Alles wirkte schlicht und einladend und, er lächelte in sich hinein, ohne Erwartung.
Er beobachtete ihre rhythmischen Bewegungen zwischen Eintopf und Brot, die fast wie ein Tanz wirkten. »Darf ich dich etwas fragen?«
»Du möchtest wissen, warum ich hier in dieser Hütte lebe?«
Es zu leugnen hatte keinen Sinn. »Ja, das frage ich mich.«
»Etwas Besseres konntest du mir nicht geben.« Sie schaute nicht von ihrer Arbeit auf.
»Wie bitte? Ich? Aber ich hatte doch nichts damit zu tun. Ich könnte dir etwas viel Besseres bauen lassen, aber nicht das hier. Wie kannst du so etwas denken …?«
»Das ist in Ordnung, Anthony! Ich habe keine Erwartungen. Ich bin dankbar, dass in deinem Herzen wenigstens dieser kleine Platz für mich frei war. Ich reise immer mit leichtem Gepäck …« Sie lächelte, als verberge sie ein kleines Geheimnis. »… und ich fühle mich auch in den kleinsten Geschenken zu Hause. Es gibt nichts, weswegen du dich schlecht fühlen oder schämen müsstest. Ich bin durch und durch dankbar, und hier zu sein ist eine Freude!«
»Das heißt … weil das hier ich bin, also meine Welt, habe ich nur so wenig Platz für dich gelassen? Und für Jesus hatte ich viel mehr Platz übrig, aber es ist trotzdem nur ein baufälliges Ranchhaus …?« Er fühlte plötzlich Traurigkeit in sich aufsteigen und wusste nicht, warum.
»Auch für ihn ist es eine Freude, hier zu sein. Er hat die Einladung liebend gerne angenommen.«
»Einladung? Ich erinnere mich nicht, ihn je eingeladen zu haben, und dich ebenso wenig. Ich weiß ja nicht einmal, wer ihr wirklich seid.«
Jetzt drehte sie sich zu ihm um und leckte den Löffel ab, mit dem sie den Eintopf umgerührt hatte. »Es war nicht deine Einladung, Anthony. Hättest allein du darüber zu entscheiden gehabt, hätten wir wohl nie Gelegenheit erhalten, hier zu wohnen.«
Wieder einmal verwirrt, fragte Tony zögernd: »Aber wenn ich euch nicht eingeladen habe, wer dann?«
»Der Vater. Papa-Gott.«
»Der Vater von Jesus … du meinst Gott, den Vater?« Tony war überrascht und fassungslos. »Warum sollte er euch hierher einladen?«
»Nun, trotz allem, was du über ihn glaubst oder nicht glaubst, und, nebenbei bemerkt, nichts, was du über ihn glaubst, ist wahr … liebt Papa-Gott dich mit unerschöpflicher Fürsorge. Darum sind wir hier. Wir teilen seine Zuneigung für dich.« Mit diesen Worten füllte sie eine Schale mit Eintopf und reichte sie ihm, zusammen mit einem sauberen Tuch, das er als Serviette nehmen konnte.
Jetzt war er wütend! Das also war der Haken, die verborgene Absicht, der Grund, warum all das gefährlich und eine Lüge war. Wer immer diese Frau war, und obwohl er sich zu ihr ebenso hingezogen fühlte wie zu Jesus, sie hatte seine fundamentale Weltanschauung aufgedeckt, den wahren Herzschmerz, der, wie er wusste, im Bauch seines Leidens nagte. Wenn es einen Gott gab, dann musste dieser Gott ein Monster sein, ein Betrüger, der mit den Herzen der Menschen ein boshaftes Spiel spielte, der Experimente durchführte, um zu sehen, wie viel Leid Menschen ertragen konnten, der mit ihren Sehnsüchten
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